Wädenswil

Die neue Pfarrerin von Schönenberg und Hütten, ­Sabine Mäurer, stellt sich vor

Die Entdeckung des Angebotes, Theologie im Quereinstieg zu studieren, hat mich «blitzartig» getroffen und ich wusste sofort: Ja, genau das ist es! Das war eine sehr starke Erfahrung in meinem Leben. Um berufsbegleitend studieren zu können, musste ich mein Arbeitspensum auf 50% reduzieren. Oft wurde mir gesagt: Ein mutiger Schritt! Aber es brauchte nicht viel Mut, weil der Weg für mich so klar war.
Seit September wohne ich nun im Schönenberger Pfarrhaus. Ich freue mich über Besuch und wünsche mir, dass meine Gemeindemitglieder entdecken, dass das Pfarrhaus ein offenes Haus ist: Einen Tee oder Kaffee gibt es immer, mit etwas Glück auch ein Stück Kuchen. Gemeinschaft (er-)leben ist wichtig. «Kirche» in der Rolle als Gastgeberin soll Verbindung schaffen, helfen Brücken zu bauen: zwischen den Gemeinden, unter den Mitgliedern. Ich bin neugierig: Werden sich neue Wege öffnen?
Aufgewachsen bin ich in einer evangelisch-lutherischen Familie in Süddeutschland. Der Pfarrer meiner Konfirmationszeit begeisterte mich für theologische Themen und Fragen. Fasziniert habe ich während meines Studiums in Tübingen die Debatten über feministische Theologie verfolgt, die in den achtziger Jahren meine Freundinnen umtrieben. Und doch wählte ich einen anderen akademischen Weg – und habe den Magister in Sinologie, Romanistik und Germanistik gemacht. Dann folgte der Berufseinstieg in die Automobilbranche, später warteten Aufgaben bei Bank und Versicherung. Im Rahmen meiner Berufstätigkeit in Organisationsberatung und Projektmanagement bin ich oft im Ausland unterwegs gewesen, zahlreiche Ortswechsel und Neuanfänge waren zu bewältigen. Zur «Kirche» bewahrte ich auch nach meiner Studienzeit einen engen Kontakt, der Glaube war geistiger Ausgleich zum effizienzdominierten Job. In Männedorf, wo ich 2012 eingebürgert wurde, war ich in der Kirchenpflege aktiv und sang im Kirchenchor. Nicht immer über die Kirche meckern – selber mitgestalten war meine Haltung!
Ich bin überzeugt, dass ich einen grossen Erfahrungsrucksack aus meinem früheren Berufsleben mitbringe, der mir als Seelsorgerin hilft, in drängenden Fragen die Suche nach Antworten von Menschen zu unterstützen. Dazu zählt für mich auch eine klare Haltung zu Themen wie z.B. Asylrecht, Gleichberechtigung oder Sterbehilfe. Gerade auch die 35- bis 50-Jährigen haben ein Bedürfnis nach spiritueller Begleitung: Ich denke da etwa an Singles, die nicht mehr die Nächte in den Klubs durchtanzen mögen. Doch solche Menschen haben sich in den letzten Jahren von «der Kirche» distanziert und leben häufig ihre Spiritualität in nichtkirchlichen Angeboten. Da liegt viel Potenzial brach.
Trotz neuer beruflicher Herausforderungen gab es für mich an einem bestimmten Punkt im ehemaligen beruflichen Umfeld keine spannenden Horizonte mehr. Die Frage nach Sinn und Inhalt stellte sich: Soll ich beruflich reduzieren, sollte ich mich ganz neu orientieren oder sogar zügeln? Was drängt mich zu einem neuen Aufbruch? Ist es die Suche nach den grossen Fragen im Leben? Nein, das klingt ein bisschen gar platt. Ich stecke einfach voller Energie und merke, dass es noch etwas zu entdecken gibt. Und ich stelle fest, dass ich «in meinem Alter» (63) mehr erwarte, als meine Mutter und Grossmutter es vielleicht noch taten (oder auch konnten).
Ich bin ein sehr fröhlicher, optimistischer Mensch und lasse mich nicht leicht unterkriegen. Mein Umfeld sagt, ich sei kontaktfreudig, verlässlich, humorvoll, offen, fürsorglich, strukturiert. Ehrlichkeit ist mir sehr wichtig. Ich versuche immer wieder auf Ungerechtigkeiten hinzuweisen. Ausserdem bin ich gerne in der Natur, bin Bergwanderin, liebe es aber auch mal gar nichts zu tun, die Seele baumeln zu lassen und den Kopf wieder frei zu bekommen. Kulturell bin ich interessiert an Musik, Ballett, Kino, und ich bin leidenschaftliche Gastgeberin.
In meiner Freizeit reise ich mit Begeisterung – Japan zieht mich mit seinen zahlreichen Facetten in Kultur und Tradition, Design und Lebensart in seinen Bann.
Menschen mit Angeboten, die eine einfache, klare Sprache sprechen, in ihren Fragen zu erreichen – das ist ein anspruchsvolles Ziel. Eine Liturgie und eine Predigt, die berührt, wovon man etwas nach Hause nehmen kann. Ich möchte nicht über die Köpfe hinwegreden, sondern Beziehungsarbeit leisten. Das Vertrauen der Gemeinde zu gewinnen, braucht Zeit. Gemeindearbeit ist dennoch keine Einbahnstrasse: Es braucht eine Gemeinde, die bereit ist, «mit zu tragen, mit zu gestalten, mit zu leben». Angebote annehmen, ausprobieren, sich einzubringen, sich in die Gemeinschaft zu begeben, ist daher eine Entscheidung von jeder und jedem.
In der Adventszeit beginnt das neue Format der «Atempause»: An den vier Freitagabenden der Adventszeit feiern wir für eine halbe Stunde Andacht mit einem Gedankenimpuls und Musik. Die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen «innezuhalten, anzukommen, zuzuhören». Die erste Atempause in der reformierten Kirche Hütten findet am 29. November, 18 Uhr, statt. Alle sind willkommen!
Die Erzähl:Bar in Schönenberg lädt ab 2025 zu Treffen am Kaminfeuer und Austausch zu einem Thema mit anschl. Apéro ein. In Hütten ist ein ökumenischer Stammtisch im Gasthaus Krone sowie eine Sprechstunde im Kirchensekretariat in Planung. Ich bin bereits im Gespräch mit den Nachbargemeinden und möchte eine ansprechende Veranstaltung in der Erwachsenenbildung auf die Beine stellen.
Ich freue mich auf die persönlichen Begegnungen mit allen Menschen in den beiden Gemeinden sowie auf vielfältige neue und gemeinsame Erfahrungen: «Hören, Sehen und mit dem Herz verstehen» (nach Mt 13). Gottesdienste feiern, die Bibel ins Gespräch bringen, Konfirmandenunterricht; Gemeinde aufbauen ist mir ein wichtiges Anliegen: Kirche als Gastgeberin erlebbar machen, Ökumene leben, den Generationenwechsel fördern.
Am besten Sie finden es persönlich heraus, wer «die Neue» im Pfarrhaus ist – im Gottesdienst, beim Plaudern im Pfarrhaus oder bei einer Veranstaltung. Das ist mein Angebot: Vorbeikommen, hereinschauen, Gemeinschaft gestalten und erleben. Mein Arbeitstitel könnte sein: «Pfarrerin sucht ihre Gemeinde!»

Sabine Mäurer
Pfarrerin der reformierten Kirche in Schönenberg und Hütten

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