Wädenswil

Mirjam H. Gerényi im Kunstfenster Schönenberg

Im Herbst zeigt das Kunstfenster in Schönenberg eine farbige, lebhafte Welt der Wädenswiler Künstlerin Mirjam H. Gerényi. Ihre Bilder werden ergänzt durch teils humorvolle Installationen.

Text: Ingrid Eva Liedtke
Bilder: zvg

Mirjam H. Gerényi malt, seit sie sich zurückerinnern kann.
«Malen ist mein natürliches Bedürfnis. Ich war ein sehr lebendiges, wildes Kind. Ich war gerne im Wald und kletterte auf Bäume. Wenn ich malte, wurde ich ganz ruhig. Ins Malen konnte ich mich zurückziehen, ganz darin aufgehen.»
Gerényi ist in einer Künstlerfamilie aufgewachsen. Die Mutter war Pianistin, der Vater Bauingenieur, der sehr gut zeichnete.
«Er hatte diese grossen Reisbretter, auf denen er seine Pläne malte, und er war auch ein guter Handwerker. Mein grosses Vorbild jedoch ist meine Grossmutter Frieda Gerényi-Kozuschnik aus Wien. In meiner Kindheit verbrachte ich jeden Sommer bei ihr in der Floriangasse in Wien-Josefstadt. Am Boden sitzend entwarfen wir grosse Wandteppiche nach Motiven von Paul Klee. Oder spazierten zum Kunsthistorischen und Naturhistorischen Museum, wo ich stundenlang verweilen konnte. In Gedenken an sie übernahm ich den grossväterlichen Namen Gerényi als Künstlernamen.

Natur, malen und Musik

Im Sommer wohnte die Familie in einem alten Haus am Walensee, sehr nah an der Natur. Das Schindelhaus ist immer noch in Gerényis Besitz, und sie verbringt noch immer gerne Zeit dort.
Da sie so gerne draussen war, kam bei ihr als Kind auch einmal der Wunsch auf, Bäuerin zu werden. «Aber», so fügt sie an, «ich wusste immer, dass ich, könnte ich vom Malen leben, am liebsten Kunstmalerin sein möchte. Musik und Malen war in unserer Familie sehr wichtig, und für mich ist Malen eine Berufung.»

Lehrerseminar und Kunstgewerbeschule

Gerényi besuchte zuerst das Lehrerseminar. Aber da sie eine starke Schreibschwäche hat, ging sie dann doch in die Kunstgewerbeschule. Lachend sagt sie: «Ich verdrehe oft Buchstaben beim Schreiben, aber dafür kann ich mit beiden Händen gleichzeitig malen und sogar spiegelverkehrt schreiben. An der Kunstgewerbeschule Luzern bin ich dann aufgeblüht. Ich fand es so inspirierend und wäre anschliessend eigentlich nach Wien gegangen, um ein Studium als Bühnenbildnerin zu machen. Doch ich habe mich verliebt und mich für eine Familie entschieden.»
In Zürich liess sich Mirjam H. Gerényi zur Werk-Zeichenlehrerin ausbilden und hat während ihrer Familienzeit immer als Lehrerin an der Oberstufen-Schule Wädenswil gearbeitet. Darauf folgten zehn Jahre als Kunsttherapeutin und Praktikumsausbildnerin für Studierende der Zürcher Hochschule der Künste.

Atelier in der Au

Schon seit 24 Jahren arbeitet Mirjam H. Gerényi im selben Atelier in der Au. Es ist gross und hell. Licht dringt durch grosse Fenster, welche den Blick in Richtung See ziehen. Es ist voll von Leinwänden, Farben, kleinen Installationen, Papier, auf dem Gerényi neue Pigmente ausprobiert, mit Naturfarben pröbelt und mit aufgefalteten Leporello-Skizzenbüchern. Das neuste stammt aus den vergangenen Sommerferien in Frankreich und ist auf der einen Seite koloriert. Auf der Rückseite sind dieselben Figuren spiegelverkehrt mit Tusche gezeichnet.
Bilder als Erzählungen

Die Frage, was sie mit ihrer Kunst aussagen wolle, ist schnell beantwortet: «Alle meine Bilder sind Erzählungen. Manchmal mache ich Serien, oder ein einzelnes Bild bietet viel zu entdecken an. Menschen, die Bilder von mir haben, sagten schon, sie würden immer Neues entdecken. Gerényis Bilder-Geschichten erzählen von der Natur, von Kleinigkeiten, die sie sieht, am Wegrand, in menschlichen Begegnungen, geben winzige Einblicke in einen Mikrokosmos der Natur, zum Beispiel in eine Blume, gewähren vielleicht das kurze Wahrnehmen eines Geheimnisses, das sie mit dem Blick aufgefangen hat, von etwas Verstecktem, das sich offenbart.

Die Bilder erzählen auch von Musik, die immer sehr wichtig ist. Lange hat Mirjam H. Gerényi Tango getanzt, mit ihrem Tanzpartner, und auch Kurse gegeben in ihrem grossen hellen Atelier, einem Ort der Kunst und ihrer vielen Facetten, einem Ort der Leidenschaft.

Das Schöne und das Schicksal

Gerényi erschafft gerne kleine Idyllen, Schönheiten, die über das Dunkle hinwegweisen. Dennoch muss dieses auch bearbeitet werden, weil ihre Familiengeschichte auch diese schweren Geschichten erzählt.
Sie vermalt sie auch. Sie zeigt auf die Bilder, die unter ihren Ateliertischen stehen, in diesen sind Schicksal und Tod ein grosses Thema. «Das Schicksal», sagt sie, «spielt im künstlerischen Prozess immer eine Rolle und fliesst auch in meine Bilder. Ich male immer wieder Flüchtlingsbilder, weil dieses Thema konstant in meinem Leben vorhanden ist.» Mirijam Gerényis Wurzeln sind jüdisch-ungarisch-tschechisch.
An den Wänden will sie die farbigen, die fröhlichen Bilder sehen und nur diese einem Publikum zeigen.
«Vielleicht ist in meiner Familie das Kunstmachen auch ein Bedürfnis oder ein Drang, um das Geschehene zu zeigen und zu verarbeiten. Wir müssen verspielt sein, um zu überleben.»

Da schliesst sich auch der Kreis zu der Frage, wen sie ansprechen will. «Meine Bilder kommunizieren mit dem Betrachtenden, mit Menschen, die sich die Zeit nehmen zu beobachten, die bereit sind mit dem Bild in eine Kommunikation einzusteigen. Das können auch Kinder sein; die kindliche Neugier ist verspielt und lässt sich ein auf eine spielerische Betrachtung, auf das Staunen.»

Intensive Farben

Mirjam H. Gerénys Bilder sind meistens mit Öl auf Leinwand gemalt, oder es sind Aquarelle. Sie bevorzugt Pigmente, welche intensiver sind und eine starke Leuchtkraft haben, aber sie sind auch anspruchsvoller in der Verarbeitung als Acrylfarbe.
«Deswegen das lichtdurchflutete Atelier! Nur das Tageslicht zeigt die wahren Farben. Licht und Farbe spielen miteinander. Mit Naturfarben zu experimentieren fasziniert mich auch sehr. Aus Herbstzeitlosen bekommt man ein wunderbares Gelb. Leider sind die kleinen Schätze nicht lichtecht.»

Die Künstlerin demonstriert gerne die Leichtigkeit des Spiels, auch mit den Farben, das Spiel der leichten, manchmal humorvollen, Betrachtung.
«Ich möchte den Menschen etwas schenken, woran sie sich halten und freuen können.»

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