Eliane Kleesattel, 22, ist eine junge Snowboarderin. Sie ist in Wädenswil aufgewachsen. Zielgerichtet und mit Leidenschaft verfolgt sie ihre sportliche Karriere und wünscht sich dabei noch ein wenig mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung aus Wädenswil.
Eliane Kleesattels Nachnamen ist doch eher aussergewöhnlich. Genau genommen sei er schwäbisch, da die Familie ihres Vaters aus Deutschland, aus der Nähe von Stuttgart, komme. «Aber schon meine Grosseltern kamen in die Schweiz», sagt sie, «und Eliane ist französisch! Den Namen fanden meine Eltern einfach schön. Ich bin aber eine richtige Schweizerin, schon fast ein wenig bünzlig», lacht sie.
Von Wädenswil nach Ftan – vom Skifahren zum Snowboarden
Eliane – in Sportlerkreisen nenne man sich beim Vornamen – ist in Wädenswil aufgewachsen und hat hier die Schule besucht. Weil sie eine Sportskanone war und aussergewöhnlich gut im Snowboardfahren, besuchte sie das Hochalpine Institut in Ftan, wo sie die Matura absolvierte und ihren Sport aufbaute, Snowboard alpin.
Eliane Kleesattel kommt nicht aus einer Sportlerfamilie. «Meine Eltern treiben gerne Sport, aber keinen Spitzensport. Nur mein Cousin ist ein aufstrebendes Talent im Schwimmsport. Wir hatten aber schon immer eine Ferienwohnung in Davos. Deshalb bin ich mit Skifahren aufgewachsen. Ich fahre Ski, seit ich drei Jahre alt bin. Wir sind alle auch sehr polysportiv. Ich habe auch 10 Jahre lang Ballett gemacht – bis ich nach Ftan ging. Wir kletterten gerne, meine Schwester und ich. Und ich spielte auch gerne Unihockey.»
Mit 13 Jahren ist ihr dann das Skifahren verleidet. Und dann kam das Snowboard. «Wir trainierten in Davos jeden Samstag mit dem Skiclub auf dem Rinerhorn. Eine aus dem Club bot einen Schnupperkurs auf dem Snowboard an. Das liess ich mir nicht entgehen. Nach 1,5 Stunden konnte ich stehen und fahren. Ich fand das wahnsinnig cool. Leider war dann die Saison zu Ende und das Skigebiet ging zu. Aber unser Vater kaufte uns schon mal die Bretter. Im kommenden Winter sind wir dann weiterhin in den Skiclub, zuerst bis 11.30 Uhr auf die Skier und danach bis 16 Uhr auf die Snowboards.
Schliesslich wurde ich angefragt, ob ich an einem Snowboard-Rennen teilnehmen wolle. Ich wurde 3.!», erzählt sie mit leuchtenden Augen
Da ist es dann passiert. Es hat sie gepackt. Eliane dachte: «Ich kann das! Und es macht auch sehr viel Spass!» Im Nachhinein fand sie heraus, dass sie in ihrer Altersklasse Letzte geworden war, aber das spielte zu diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr. «Das war mir da nicht bewusst. Wir müssen jetzt noch darüber lachen.»
Das Gefühl des Gewinnens
Was entscheidend war, sei dieses Gefühl des Gewinnens gewesen. Diese Möglichkeit spornte sie fortan an, trieb sie dazu, immer besser werden zu wollen.
Jeden Dienstag gab es ein Snowboard-Training in Davos, zu dem sie ihr Vater hinfuhr. Sie erinnert sich mit grosser Dankbarkeit: «Das war ziemlich stressig für uns alle, denn vorher hatte ich noch Gitarrenunterricht.»
Eliane war damals in der 3. Sekundarschule, und man kann sich da kurz fragen, wo und wie sich die Pubertät ihren Platz nahm. Ausgehen, Jungs, das Aufbegehren? «Vielleicht bin ich ja ein wenig langweilig», sagt sie nachdenklich, «aber ja, Ausgang und so ist mir nicht so wichtig. Ich geh schon gerne mal feiern und anstossen mit Kollegen und Kolleginnen, zum Geburtstag oder sonst einem Anlass, aber Clubbing, Ausgehen einfach so, das ist mir nicht so wichtig, nie so wichtig wie mein Sport.»
Fokus auf den Sport
Man tendiert dazu, zu meinen, dass Kinder, Jugendliche, die sich so auf den Sport fokussieren (müssen?), ihre Jugend verpassten.
Wie erlebt man denn eine Schulzeit, eine Jugend mit diesem Fokus auf dem Sport?
«Ich finde nicht, dass ich etwas verpasst habe, obwohl ich das schon oft gefragt wurde. Aber wenn man etwas so gerne tut, will man auch viel Zeit dafür investieren. Man will besser werden und gewinnen. Ich trainiere 20–25 Stunden pro Woche. Diese Energie würde man nie aufbringen wollen, hätte man dies nicht zu seiner Priorität gemacht.»
Eliane Kleesattel hat sehr klare Ziele
«Ich bin im B-Kader von Swiss Snowboard Alpin. (Eliane fährt Slalom und Riesenslalom.) Ich nehme regelmässig an Wettkämpfen teil, fahre Europacup. Das ist eine Stufe unter Weltcup, den ich natürlich anstrebe. Das bedeutet meistens internationale Wettkämpfe zu bestreiten, in der Saison an jedem Wochenende.
Ich bin daran, mich hochzuarbeiten, bin noch nicht toptop, noch nicht im Finale gesetzt. Ich denke aber, in der kommenden Saison sind Finaleinzüge möglich, das heisst in den Top 16. Top-20- und Top-25-Resultate hatte ich letztes Jahr einige.»
Sie werde immer danach gefragt, was sie erreichen wolle. Die Antwort ist für sie sehr klar: «Natürlich will man den Weltcup erreichen, man will zur Spitze gehören und schliesslich ist das Ziel Olympia. Aber angefangen hat es damit einfach Spass haben zu wollen. Doch mit jeder Herausforderung, die man meistert, wachsen auch die eigenen Ziele. Ich bin an dem Punkt, wo ich mehr möchte.»
Mehr wollen – macht das Sinn?
«Für mich ja. Aus der Perspektive einer Athletin macht es Sinn. Ich weiss nicht, ob das andere Leute auch so sehen können. Sportbegeisterte sicher. Es gibt Leute, die haben vielleicht einfach Spass an ihrem Sport. Aber bei mir ist es mehr. Wenn man Fortschritte macht, dann möchte man besser werden und etwas erreichen, mehr. Man investiert ja auch so viel Zeit, und dann ist da auch der Ehrgeiz. Ich bin definitiv ehrgeizig! Negativ beschrieben würde man das alles einen Teufelskreis nennen. Aber positiv gesehen ist es eine Aufwärtsspirale.»
Mentaltraining gegen Rückschläge
Im Leben jedes Sportlers gibt es auch Rückschläge, Misserfolge, und es ist sicher entscheidend, wie man damit umgehen kann. «Wer verliert schon gerne?», fragt sie offen und ehrlich. Darum arbeitet Eliane mit einer Mentaltrainerin zusammen. Diese hilft ihr, mit Misserfolgen umzugehen.
«Ich führe ein Renntagebuch: Darin schreibe ich über meine Ziele, aber auch über meine Gefühle und meine Grundhaltung. Es geht darum, Eindrücke des Tages festzuhalten. Was habe ich erreicht oder warum hat etwas nicht geklappt? Ich habe gelernt drei Zielebenen zu setzen: Ein Minimumziel, eines, das ich effektiv erreichen will, und das Optimum (das auch passieren kann, wenn alles super läuft). Diese Ziele sind so zu setzen, dass ich auch mit dem Minimum leben kann. Wenn ich das effektive Ziel erreicht habe, bin ich wirklich zufrieden und das Optimum ist einfach ‹Yeah!›, ist ein grosser Erfolg.»
Das Letzteres schwer zu erreichen sei, sei normal. Auch die anderen Ziele würden einem nicht geschenkt, müssten erarbeitet werden.
«Wenn ich das Minimumziel erreicht habe, war es kein Misserfolg. Es war ein akzeptabler Tag.»
Das war nicht immer so für sie. Früher konnte sie nicht gut einstecken, wenn etwas nicht so lief, wie sie erwartet hatte.
«Das Tagebuch und diese Zielsetzungen helfen auch bei der Analyse des Tages und dabei kleine Schritte zu machen und anzuerkennen.»
Zusammenspiel vieler Faktoren
Wenn man so hohe Ziele und Erwartungen hat braucht es ein gutes Zusammenspiel vieler Faktoren, manchmal auch solcher von aussen.
«Ich brauche meinen Ehrgeiz, Willenskraft, Disziplin, mentale Stärke und Geduld – daran muss ich noch arbeiten. Im Sport sprechen wir vom ‹Angst-Gegner›. Das kann eine Person sein, ein Team, eine Situation, irgendetwas, weswegen man auf der Bremse steht. Um solches auszublenden, braucht es viel mentale Stärke.»
Um diese zu trainieren, gehe man in ein Mentaltraining.
«Sicher kommt die Stärke auch mit der Reife», fügt sie an. «Die Internatserfahrung hat mich bezüglich Reife sicher weitergebracht. Ich war schon früh sehr selbstständig. Darum scheint mir, ist meine Wahrnehmung anders als die gewisser Gleichaltriger.»
Viele und hohe Kosten
Von aussen brauche sie einerseits ihre Familie zur tatkräftigen Unterstützung. Aber das reiche leider nicht aus. Der Sport auf diesem Niveau generiert sehr viele Kosten. «Ich finde, das müssen und können nicht alles meine Eltern bezahlen. Zudem haben sie mir schon vieles ermöglicht.»
In einer guten Saison «verfährt» Eliane etwa vier Bretter. Das sind Bretter, die extra für sie gebaut werden. Sie fährt Schweizer Bretter, da könne sie in die Fabrik gehen und sagen, was sie gerne möchte. «Die Schweizer Produzenten machen die besten und erfolgreichsten Bretter», sagt sie.
Aber es sind nicht nur die Bretter, sie machen etwa einen Achtel des ganzen finanziellen und materiellen Aufwandes aus. Da sind: Bindungen, Schuhe, die extra geschäumt werden müssen, Helme, Platten, Brillen, Kleidung. Da ist der Transport zu den Trainings und zu den Wettkämpfen. «Ich bin die einzige Zürcherin, die meisten sind Bündnerinnen und haben kürzere Wege. Unsere Ferienwohnung in Davos ist sicher eine Erleichterung. Zudem kann ich neben dem Sport keinem Beruf nachgehen oder nur bedingt, das heisst nur in der Sommersaison Mai–Juli, und dann auch kein 100%-Pensum, also nur Aushilfsjobs.»
Sport und Studium
Eliane hat die Matura gemacht und studiert nun in einem Fernstudium Jura. Nicht nur, um später viel Geld zu verdienen, versichert sie, sondern, weil Jus sie wirklich interessiert. Aber nebenbei auch noch zu arbeiten, da würde es sehr schwierig werden bei allen Trainings dabei zu sein. Das will sie aber unbedingt, denn ihr Sport ist immer noch das Wichtigste, was sie antreibt und weswegen sie vieles auf sich nimmt
«Wenn man im Sport wirklich gut sein will, muss man sehr viel investieren», stellt sie fest. Das ist für sie keine Frage und da ist kein Hinterfragen. Ihr Wille ist stark.
Die Athletin im Einklang:
Training – Ernährung – Erholung
«Training – Nutrition – Recovery –, alles ist gleich wichtig. Als Athletin ist man ein Einzelunternehmen, das dies alles im Einklang halten muss, dazu noch sportliche Erfolge generieren sollte und Geldgeber finden muss. Das sind viele Herausforderungen!»
Sponsoren und Gönner
«Ich brauche weitere finanzielle Unterstützung. Ich habe schon Sponsoren – Supersponsoren! Aber die Unterstützung reicht nicht für die ganze Saison. Mit dem Material ist es nicht getan, man hat auch Lebensunterhaltskosten und Mitgliederbeiträge von Verbänden, für das Gym. Die Trainer werden von Swiss Ski bezahlt und ich bezahle dafür einen Jahresbeitrag. Darum wäre ich sehr froh um weitere Unterstützung.»
Eliane hat dazu ein Gönnergefäss, respektive einen Gönnerclub gegründet. Da kann man auch kleine Beträge zu ihrer Unterstützung einsetzen und sie damit fördern. «Jeder Rappen hilft uns Athleten!»
Andere Interessen
Bleibt in einem solchen Sportlerleben noch Zeit für andere Interessen?
«Ja», sagt sie «es bleibt sehr wenig Zeit. Aber die verbringe ich mit meiner Familie, meinem Freund und guten Kollegen. Wir gehen Velofahren, Schwimmen, Wandern. Ich bin immer gerne im Schnee, mag aber auch mal ein Wochenende daheim auf dem Sofa herumlümmeln. Ich bewege mich schon sehr gerne. Das wird dann wohl mit der Zeit zum Lebensstil. Nur Herumhängen, da würde ich durchdrehen. Ich bin ein energiegeladener Mensch.»
Verletzungen
Was immer ein Thema ist und auch Eliane immer wieder mal zurückwirft, sind Verletzungen. Sie sagt: «In beinahe jeder Saison ist dieses Thema präsent. Snowboard ist auch eine Risikosportart. Bis drei Wochen vor der Matura wusste ich nicht, ob ich überhaupt die Prüfungen schreiben konnte, weil ich zwei Hirnerschütterungen innerhalb von zwei Monaten hatte. Manchmal braucht es nur eine kleine winzige Unaufmerksamkeit und es passiert etwas. Natürlich gibt es Athleten, die mehr, andere, die weniger verletzt sind. Aber ich habe schon ein paar Verletzungen hinter mir. Wegen einer Schleimbeutelentzündung musste ich eine Saison abbrechen. Ich kam nicht mehr in den Schuh vor lauter Schmerzen. Man geht oft sehr an seine Grenzen und überfordert den Körper. Das ist nicht das Ziel, aber es kann passieren. Man muss seinen Körper gut kennen, die Signale lesen und wahrnehmen und dementsprechend darauf hören. Zum Glück hatte ich in Ftan einen Trainier, der mich darauf trainiert hat.»
Es ist nicht zu vergessen, dass auch jeder Körper individuell ist und daher nicht alle gleich leistungsfähig sind. Die Fitness spiele dabei eine entscheidende Rolle und auch Stress. «Ich glaube, ich habe einen sehr resistenten Körper, und darüber bin sehr froh.»
Es ist bewundernswert und doch eher eine Seltenheit, dass sich ein so junger Mensch wie Eliane Kleesattel so intensiv und leidenschaftlich einer Sache verschreiben kann. Sich mit so viel Freude und daraus entspringender Energie ihren Zielen zu widmen, ist nicht jedem jungen Menschen gegeben. Ehrgeiz und der Hunger zu gewinnen sind weitere Treiber, die auf eine gesunde Bodenständigkeit treffen. Es ist der jungen Athletin zu wünschen, dass sie ihren Weg weiterhin erfolgreich gehen kann und dabei noch mehr Unterstützung findet.n
Weitere Infos zu Sponsoring und Gönnerschaft unter: https://www.elianekleesattel.ch
Eliane Kleesattel, 22, ist eine junge Snowboarderin. Sie ist in Wädenswil aufgewachsen. Zielgerichtet und mit Leidenschaft verfolgt sie ihre sportliche Karriere und wünscht sich dabei noch ein wenig mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung aus Wädenswil.
Eliane Kleesattels Nachnamen ist doch eher aussergewöhnlich. Genau genommen sei er schwäbisch, da die Familie ihres Vaters aus Deutschland, aus der Nähe von Stuttgart, komme. «Aber schon meine Grosseltern kamen in die Schweiz», sagt sie, «und Eliane ist französisch! Den Namen fanden meine Eltern einfach schön. Ich bin aber eine richtige Schweizerin, schon fast ein wenig bünzlig», lacht sie.
Von Wädenswil nach Ftan – vom Skifahren zum Snowboarden
Eliane – in Sportlerkreisen nenne man sich beim Vornamen – ist in Wädenswil aufgewachsen und hat hier die Schule besucht. Weil sie eine Sportskanone war und aussergewöhnlich gut im Snowboardfahren, besuchte sie das Hochalpine Institut in Ftan, wo sie die Matura absolvierte und ihren Sport aufbaute, Snowboard alpin.
Eliane Kleesattel kommt nicht aus einer Sportlerfamilie. «Meine Eltern treiben gerne Sport, aber keinen Spitzensport. Nur mein Cousin ist ein aufstrebendes Talent im Schwimmsport. Wir hatten aber schon immer eine Ferienwohnung in Davos. Deshalb bin ich mit Skifahren aufgewachsen. Ich fahre Ski, seit ich drei Jahre alt bin. Wir sind alle auch sehr polysportiv. Ich habe auch 10 Jahre lang Ballett gemacht – bis ich nach Ftan ging. Wir kletterten gerne, meine Schwester und ich. Und ich spielte auch gerne Unihockey.»
Mit 13 Jahren ist ihr dann das Skifahren verleidet. Und dann kam das Snowboard. «Wir trainierten in Davos jeden Samstag mit dem Skiclub auf dem Rinerhorn. Eine aus dem Club bot einen Schnupperkurs auf dem Snowboard an. Das liess ich mir nicht entgehen. Nach 1,5 Stunden konnte ich stehen und fahren. Ich fand das wahnsinnig cool. Leider war dann die Saison zu Ende und das Skigebiet ging zu. Aber unser Vater kaufte uns schon mal die Bretter. Im kommenden Winter sind wir dann weiterhin in den Skiclub, zuerst bis 11.30 Uhr auf die Skier und danach bis 16 Uhr auf die Snowboards.
Schliesslich wurde ich angefragt, ob ich an einem Snowboard-Rennen teilnehmen wolle. Ich wurde 3.!», erzählt sie mit leuchtenden Augen
Da ist es dann passiert. Es hat sie gepackt. Eliane dachte: «Ich kann das! Und es macht auch sehr viel Spass!» Im Nachhinein fand sie heraus, dass sie in ihrer Altersklasse Letzte geworden war, aber das spielte zu diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr. «Das war mir da nicht bewusst. Wir müssen jetzt noch darüber lachen.»
Das Gefühl des Gewinnens
Was entscheidend war, sei dieses Gefühl des Gewinnens gewesen. Diese Möglichkeit spornte sie fortan an, trieb sie dazu, immer besser werden zu wollen.
Jeden Dienstag gab es ein Snowboard-Training in Davos, zu dem sie ihr Vater hinfuhr. Sie erinnert sich mit grosser Dankbarkeit: «Das war ziemlich stressig für uns alle, denn vorher hatte ich noch Gitarrenunterricht.»
Eliane war damals in der 3. Sekundarschule, und man kann sich da kurz fragen, wo und wie sich die Pubertät ihren Platz nahm. Ausgehen, Jungs, das Aufbegehren? «Vielleicht bin ich ja ein wenig langweilig», sagt sie nachdenklich, «aber ja, Ausgang und so ist mir nicht so wichtig. Ich geh schon gerne mal feiern und anstossen mit Kollegen und Kolleginnen, zum Geburtstag oder sonst einem Anlass, aber Clubbing, Ausgehen einfach so, das ist mir nicht so wichtig, nie so wichtig wie mein Sport.»
Fokus auf den Sport
Man tendiert dazu, zu meinen, dass Kinder, Jugendliche, die sich so auf den Sport fokussieren (müssen?), ihre Jugend verpassten.
Wie erlebt man denn eine Schulzeit, eine Jugend mit diesem Fokus auf dem Sport?
«Ich finde nicht, dass ich etwas verpasst habe, obwohl ich das schon oft gefragt wurde. Aber wenn man etwas so gerne tut, will man auch viel Zeit dafür investieren. Man will besser werden und gewinnen. Ich trainiere 20–25 Stunden pro Woche. Diese Energie würde man nie aufbringen wollen, hätte man dies nicht zu seiner Priorität gemacht.»
Eliane Kleesattel hat sehr klare Ziele
«Ich bin im B-Kader von Swiss Snowboard Alpin. (Eliane fährt Slalom und Riesenslalom.) Ich nehme regelmässig an Wettkämpfen teil, fahre Europacup. Das ist eine Stufe unter Weltcup, den ich natürlich anstrebe. Das bedeutet meistens internationale Wettkämpfe zu bestreiten, in der Saison an jedem Wochenende.
Ich bin daran, mich hochzuarbeiten, bin noch nicht toptop, noch nicht im Finale gesetzt. Ich denke aber, in der kommenden Saison sind Finaleinzüge möglich, das heisst in den Top 16. Top-20- und Top-25-Resultate hatte ich letztes Jahr einige.»
Sie werde immer danach gefragt, was sie erreichen wolle. Die Antwort ist für sie sehr klar: «Natürlich will man den Weltcup erreichen, man will zur Spitze gehören und schliesslich ist das Ziel Olympia. Aber angefangen hat es damit einfach Spass haben zu wollen. Doch mit jeder Herausforderung, die man meistert, wachsen auch die eigenen Ziele. Ich bin an dem Punkt, wo ich mehr möchte.»
Mehr wollen – macht das Sinn?
«Für mich ja. Aus der Perspektive einer Athletin macht es Sinn. Ich weiss nicht, ob das andere Leute auch so sehen können. Sportbegeisterte sicher. Es gibt Leute, die haben vielleicht einfach Spass an ihrem Sport. Aber bei mir ist es mehr. Wenn man Fortschritte macht, dann möchte man besser werden und etwas erreichen, mehr. Man investiert ja auch so viel Zeit, und dann ist da auch der Ehrgeiz. Ich bin definitiv ehrgeizig! Negativ beschrieben würde man das alles einen Teufelskreis nennen. Aber positiv gesehen ist es eine Aufwärtsspirale.»
Mentaltraining gegen Rückschläge
Im Leben jedes Sportlers gibt es auch Rückschläge, Misserfolge, und es ist sicher entscheidend, wie man damit umgehen kann. «Wer verliert schon gerne?», fragt sie offen und ehrlich. Darum arbeitet Eliane mit einer Mentaltrainerin zusammen. Diese hilft ihr, mit Misserfolgen umzugehen.
«Ich führe ein Renntagebuch: Darin schreibe ich über meine Ziele, aber auch über meine Gefühle und meine Grundhaltung. Es geht darum, Eindrücke des Tages festzuhalten. Was habe ich erreicht oder warum hat etwas nicht geklappt? Ich habe gelernt drei Zielebenen zu setzen: Ein Minimumziel, eines, das ich effektiv erreichen will, und das Optimum (das auch passieren kann, wenn alles super läuft). Diese Ziele sind so zu setzen, dass ich auch mit dem Minimum leben kann. Wenn ich das effektive Ziel erreicht habe, bin ich wirklich zufrieden und das Optimum ist einfach ‹Yeah!›, ist ein grosser Erfolg.»
Das Letzteres schwer zu erreichen sei, sei normal. Auch die anderen Ziele würden einem nicht geschenkt, müssten erarbeitet werden.
«Wenn ich das Minimumziel erreicht habe, war es kein Misserfolg. Es war ein akzeptabler Tag.»
Das war nicht immer so für sie. Früher konnte sie nicht gut einstecken, wenn etwas nicht so lief, wie sie erwartet hatte.
«Das Tagebuch und diese Zielsetzungen helfen auch bei der Analyse des Tages und dabei kleine Schritte zu machen und anzuerkennen.»
Zusammenspiel vieler Faktoren
Wenn man so hohe Ziele und Erwartungen hat braucht es ein gutes Zusammenspiel vieler Faktoren, manchmal auch solcher von aussen.
«Ich brauche meinen Ehrgeiz, Willenskraft, Disziplin, mentale Stärke und Geduld – daran muss ich noch arbeiten. Im Sport sprechen wir vom ‹Angst-Gegner›. Das kann eine Person sein, ein Team, eine Situation, irgendetwas, weswegen man auf der Bremse steht. Um solches auszublenden, braucht es viel mentale Stärke.»
Um diese zu trainieren, gehe man in ein Mentaltraining.
«Sicher kommt die Stärke auch mit der Reife», fügt sie an. «Die Internatserfahrung hat mich bezüglich Reife sicher weitergebracht. Ich war schon früh sehr selbstständig. Darum scheint mir, ist meine Wahrnehmung anders als die gewisser Gleichaltriger.»
Viele und hohe Kosten
Von aussen brauche sie einerseits ihre Familie zur tatkräftigen Unterstützung. Aber das reiche leider nicht aus. Der Sport auf diesem Niveau generiert sehr viele Kosten. «Ich finde, das müssen und können nicht alles meine Eltern bezahlen. Zudem haben sie mir schon vieles ermöglicht.»
In einer guten Saison «verfährt» Eliane etwa vier Bretter. Das sind Bretter, die extra für sie gebaut werden. Sie fährt Schweizer Bretter, da könne sie in die Fabrik gehen und sagen, was sie gerne möchte. «Die Schweizer Produzenten machen die besten und erfolgreichsten Bretter», sagt sie.
Aber es sind nicht nur die Bretter, sie machen etwa einen Achtel des ganzen finanziellen und materiellen Aufwandes aus. Da sind: Bindungen, Schuhe, die extra geschäumt werden müssen, Helme, Platten, Brillen, Kleidung. Da ist der Transport zu den Trainings und zu den Wettkämpfen. «Ich bin die einzige Zürcherin, die meisten sind Bündnerinnen und haben kürzere Wege. Unsere Ferienwohnung in Davos ist sicher eine Erleichterung. Zudem kann ich neben dem Sport keinem Beruf nachgehen oder nur bedingt, das heisst nur in der Sommersaison Mai–Juli, und dann auch kein 100%-Pensum, also nur Aushilfsjobs.»
Sport und Studium
Eliane hat die Matura gemacht und studiert nun in einem Fernstudium Jura. Nicht nur, um später viel Geld zu verdienen, versichert sie, sondern, weil Jus sie wirklich interessiert. Aber nebenbei auch noch zu arbeiten, da würde es sehr schwierig werden bei allen Trainings dabei zu sein. Das will sie aber unbedingt, denn ihr Sport ist immer noch das Wichtigste, was sie antreibt und weswegen sie vieles auf sich nimmt
«Wenn man im Sport wirklich gut sein will, muss man sehr viel investieren», stellt sie fest. Das ist für sie keine Frage und da ist kein Hinterfragen. Ihr Wille ist stark.
Die Athletin im Einklang:
Training – Ernährung – Erholung
«Training – Nutrition – Recovery –, alles ist gleich wichtig. Als Athletin ist man ein Einzelunternehmen, das dies alles im Einklang halten muss, dazu noch sportliche Erfolge generieren sollte und Geldgeber finden muss. Das sind viele Herausforderungen!»
Sponsoren und Gönner
«Ich brauche weitere finanzielle Unterstützung. Ich habe schon Sponsoren – Supersponsoren! Aber die Unterstützung reicht nicht für die ganze Saison. Mit dem Material ist es nicht getan, man hat auch Lebensunterhaltskosten und Mitgliederbeiträge von Verbänden, für das Gym. Die Trainer werden von Swiss Ski bezahlt und ich bezahle dafür einen Jahresbeitrag. Darum wäre ich sehr froh um weitere Unterstützung.»
Eliane hat dazu ein Gönnergefäss, respektive einen Gönnerclub gegründet. Da kann man auch kleine Beträge zu ihrer Unterstützung einsetzen und sie damit fördern. «Jeder Rappen hilft uns Athleten!»
Andere Interessen
Bleibt in einem solchen Sportlerleben noch Zeit für andere Interessen?
«Ja», sagt sie «es bleibt sehr wenig Zeit. Aber die verbringe ich mit meiner Familie, meinem Freund und guten Kollegen. Wir gehen Velofahren, Schwimmen, Wandern. Ich bin immer gerne im Schnee, mag aber auch mal ein Wochenende daheim auf dem Sofa herumlümmeln. Ich bewege mich schon sehr gerne. Das wird dann wohl mit der Zeit zum Lebensstil. Nur Herumhängen, da würde ich durchdrehen. Ich bin ein energiegeladener Mensch.»
Verletzungen
Was immer ein Thema ist und auch Eliane immer wieder mal zurückwirft, sind Verletzungen. Sie sagt: «In beinahe jeder Saison ist dieses Thema präsent. Snowboard ist auch eine Risikosportart. Bis drei Wochen vor der Matura wusste ich nicht, ob ich überhaupt die Prüfungen schreiben konnte, weil ich zwei Hirnerschütterungen innerhalb von zwei Monaten hatte. Manchmal braucht es nur eine kleine winzige Unaufmerksamkeit und es passiert etwas. Natürlich gibt es Athleten, die mehr, andere, die weniger verletzt sind. Aber ich habe schon ein paar Verletzungen hinter mir. Wegen einer Schleimbeutelentzündung musste ich eine Saison abbrechen. Ich kam nicht mehr in den Schuh vor lauter Schmerzen. Man geht oft sehr an seine Grenzen und überfordert den Körper. Das ist nicht das Ziel, aber es kann passieren. Man muss seinen Körper gut kennen, die Signale lesen und wahrnehmen und dementsprechend darauf hören. Zum Glück hatte ich in Ftan einen Trainier, der mich darauf trainiert hat.»
Es ist nicht zu vergessen, dass auch jeder Körper individuell ist und daher nicht alle gleich leistungsfähig sind. Die Fitness spiele dabei eine entscheidende Rolle und auch Stress. «Ich glaube, ich habe einen sehr resistenten Körper, und darüber bin sehr froh.»
Es ist bewundernswert und doch eher eine Seltenheit, dass sich ein so junger Mensch wie Eliane Kleesattel so intensiv und leidenschaftlich einer Sache verschreiben kann. Sich mit so viel Freude und daraus entspringender Energie ihren Zielen zu widmen, ist nicht jedem jungen Menschen gegeben. Ehrgeiz und der Hunger zu gewinnen sind weitere Treiber, die auf eine gesunde Bodenständigkeit treffen. Es ist der jungen Athletin zu wünschen, dass sie ihren Weg weiterhin erfolgreich gehen kann und dabei noch mehr Unterstützung findet.n
Weitere Infos zu Sponsoring und Gönnerschaft unter: https://www.elianekleesattel.ch