Am Samstag, 22. Juni, wurde der Pächter des Restaurants an der Seestrasse Opfer eines dreisten Raubes.
Text & Bild: Reni Bircher
Eine geschäftsmässig erfolgreiche Woche endete für Andreas Wende übel.
Nachdem der Gastwirt am Samstag um 14 Uhr sein Lokal fürs Wochenende geschlossen hatte, brachte er wie immer zuerst seiner Frau das Mittagessen in den wenige Fussminuten entfernten Laden, den sie führt. Zurück in der Bierhalle ging es ans Aufräumen und Putzen.
Die Haustüre zum Treppenhaus, das zum Gastraum, den Wohnungen und den dem Restaurant zugehörigen Säli im oberen Stock führt, ist abgeschlossen. Musik läuft, die anfallenden Arbeiten nehmen ihren Gang, Andreas Wende befindet sich – vermeintlich – alleine im Lokal.
Eine der letzten Handlungen besteht darin, die Wocheneinnahmen aus dem Tresor zu holen, um diese auf der Bank einzuzahlen. «Unter der Woche bin ich nach Feierabend nicht mit dem Geld unterwegs, das ist mir zu gefährlich», erklärt der Gastwirt. Ausserdem müsste er dafür zum Automaten in Wädenswil fahren. Das Geld verstaut er zusammen mit seinem privaten Portemonnaie in einer Schublade, löscht die Lichter, ein letzter Griff nach der kleinen Kiste, die in den Lagerraum gehört. Dann stutzt er.
In der Theke sind Kühlschubladen eingebaut, wo die Getränkeflaschen drin sind. Eine davon ist nicht richtig zu, steht vielleicht einen Zentimeter offen. «Ich dachte, ich hätte sie aus Versehen nicht ganz zugeschoben…». Er schiebt die Schublade zu, dann durchquert Wende die Küche zum Lagerraum, stellt die Kiste ab, dreht sich um – und entdeckt in der dunklen Ecke vor der Hintertüre einen Mann, der mit dem Gesicht zur Wand steht.
Im Lagerraum versteckt
Wegen der regenschweren Wolken ist es im Lagerraum zusätzlich düster. Der Fremde trägt gänzlich schwarze Kleidung, hat schwarzes Haar. «Hätte seine Jacke keine roten Einnähte gehabt, ich hätte den Mann nicht gesehen, denn er stand absolut regungslos dort», erzählt der Überraschte. Nach dem ersten Schreck spricht Andreas Wende den Mann an, fragt was er hier wolle. Dieser dreht sich um – Erscheinung gepflegt und kräftig, um die 30 Jahre alt, dunkle Haut, gebrochenes Deutsch – und behauptet, er suche das WC. Der Gastwirt geht auf den Mann zu und greift nach ihm, um ihn aus dem Raum zu führen; dabei fällt ihm auf, dass der Fremde unter der Jacke etwas festklemmt.
Ein Stoss gegen die Brust lässt Wende zurücktaumeln und innert Sekunden schloss der Eindringling die beiden Sicherheitsriegel sowie das drehbare Türschloss der Hintertüre auf und flieht. Der Wirt rappelte sich auf und setzte dem sportlichen Mann hinterher, der gegen den Tisch rennt, der draussen an der Hauswand steht, worauf er ein Handy verliert: das von Andreas Wende. «Ich holte ihn da kurz ein, konnte ihn jedoch wegen der schlüpfrigen Jacke nicht richtig greifen.» Natürlich erkannte der Gastwirt sein am Boden liegendes Handy und ihm ist klar: der Mann hat noch mehr unter der Jacke, das nicht ihm gehört.
Die Verfolgung des Räubers dauerte nicht lang, denn dieser schubste das Opfer am Ende des Gehweges über die dort liegenden Steine auf die Seestrasse und rannte weiter Richtung Post. «Da hatte ich keine Chance mehr, den Mann zu verfolgen.» Zurück bleiben blaue Flecken und der Schock.
Materieller und seelischer Schaden
Zurück im Gastraum die Gewissheit: Gestohlen wurde das Serviceportemonnaie mit knapp 6000 Franken, ein schwerer Steingutbecher voller Fünf- und Zweifränklern, das private Portemonnaie mit sämtlichen Privat- und Geschäfts-Kreditkarten – auch die für den Laden der Ehefrau –, den Ausweis- und Niederlassungspapieren, sowie der Fahrausweis.
Die alarmierte Gemeinde- und Kantonspolizei war rasch vor Ort, konnte den Täter jedoch nicht ausfindig machen. Sämtliche Karten liess Andres Wende sofort sperren, die Papiere sind zur Fahndung ausgeschrieben, falls diese irgendwo benutzt würden. Natürlich ist der Gastwirt versichert, aber: «Ich musste meinen Vermieter informieren, dass ich vorerst die Miete nicht zahlen kann, solange wir von der Versicherung das Geld nicht haben.»
Sämtliche Papiere hat er bereits neu beantragt. Auf den sozialen Medien hat Wende auf das Geschehen aufmerksam gemacht, damit die anderen Restaurantbetreiber und Ladenbesitzer gewarnt und vorsichtig sind.
Die Zeit läuft seitdem weiter, ein Tag reiht sich an den nächsten – wie die Gedanken aus Wendes Kopfkino, das das Erlebnis immer wieder durchgeht. «Ich nehme an, dass der Räuber schon länger hier im Haus war, vielleicht schon, als ich noch am Putzen war», überlegt der 54-jährige. Möglicherweise hat er schon im oberen Stock gewartet, vielleicht hat ein Bewohner die Haustüre nach 14 Uhr nicht abgeschlossen … wer weiss. Denn Einbruchspuren gibt es keine.
Im Restaurant selbst hat der Gastwirt den Mann noch nie gesehen. Das gezielte und auch dreiste Vorgehen und das Wissen um die Ausgänge aus dem Lokal machen eine Auskundschaftung im Vorfeld wahrscheinlich. Möglicherweise Spekulation, doch das Vorgehen des Mannes lassen kaum Rückschlüsse auf einen Ersttäter zu.
Das Materielle kann ersetzt werden, der Schock über ein solches Erlebnis sitzt viel tiefer. Der Griff zum Lichtschalter im Lagerraum findet nun jedes Mal statt. «In mir hat sich eine Unruhe, ein unsicheres Gefühl, breit gemacht», gesteht Andreas Wende.
In den 37 Jahren im Gastgewerbe ist ihm so etwas noch nie passiert. Eine Premiere, auf die der Bierhalle-Pächter nur allzu gerne verzichtet hätte.
Am Samstag, 22. Juni, wurde der Pächter des Restaurants an der Seestrasse Opfer eines dreisten Raubes.
Text & Bild: Reni Bircher
Eine geschäftsmässig erfolgreiche Woche endete für Andreas Wende übel.
Nachdem der Gastwirt am Samstag um 14 Uhr sein Lokal fürs Wochenende geschlossen hatte, brachte er wie immer zuerst seiner Frau das Mittagessen in den wenige Fussminuten entfernten Laden, den sie führt. Zurück in der Bierhalle ging es ans Aufräumen und Putzen.
Die Haustüre zum Treppenhaus, das zum Gastraum, den Wohnungen und den dem Restaurant zugehörigen Säli im oberen Stock führt, ist abgeschlossen. Musik läuft, die anfallenden Arbeiten nehmen ihren Gang, Andreas Wende befindet sich – vermeintlich – alleine im Lokal.
Eine der letzten Handlungen besteht darin, die Wocheneinnahmen aus dem Tresor zu holen, um diese auf der Bank einzuzahlen. «Unter der Woche bin ich nach Feierabend nicht mit dem Geld unterwegs, das ist mir zu gefährlich», erklärt der Gastwirt. Ausserdem müsste er dafür zum Automaten in Wädenswil fahren. Das Geld verstaut er zusammen mit seinem privaten Portemonnaie in einer Schublade, löscht die Lichter, ein letzter Griff nach der kleinen Kiste, die in den Lagerraum gehört. Dann stutzt er.
In der Theke sind Kühlschubladen eingebaut, wo die Getränkeflaschen drin sind. Eine davon ist nicht richtig zu, steht vielleicht einen Zentimeter offen. «Ich dachte, ich hätte sie aus Versehen nicht ganz zugeschoben…». Er schiebt die Schublade zu, dann durchquert Wende die Küche zum Lagerraum, stellt die Kiste ab, dreht sich um – und entdeckt in der dunklen Ecke vor der Hintertüre einen Mann, der mit dem Gesicht zur Wand steht.
Im Lagerraum versteckt
Wegen der regenschweren Wolken ist es im Lagerraum zusätzlich düster. Der Fremde trägt gänzlich schwarze Kleidung, hat schwarzes Haar. «Hätte seine Jacke keine roten Einnähte gehabt, ich hätte den Mann nicht gesehen, denn er stand absolut regungslos dort», erzählt der Überraschte. Nach dem ersten Schreck spricht Andreas Wende den Mann an, fragt was er hier wolle. Dieser dreht sich um – Erscheinung gepflegt und kräftig, um die 30 Jahre alt, dunkle Haut, gebrochenes Deutsch – und behauptet, er suche das WC. Der Gastwirt geht auf den Mann zu und greift nach ihm, um ihn aus dem Raum zu führen; dabei fällt ihm auf, dass der Fremde unter der Jacke etwas festklemmt.
Ein Stoss gegen die Brust lässt Wende zurücktaumeln und innert Sekunden schloss der Eindringling die beiden Sicherheitsriegel sowie das drehbare Türschloss der Hintertüre auf und flieht. Der Wirt rappelte sich auf und setzte dem sportlichen Mann hinterher, der gegen den Tisch rennt, der draussen an der Hauswand steht, worauf er ein Handy verliert: das von Andreas Wende. «Ich holte ihn da kurz ein, konnte ihn jedoch wegen der schlüpfrigen Jacke nicht richtig greifen.» Natürlich erkannte der Gastwirt sein am Boden liegendes Handy und ihm ist klar: der Mann hat noch mehr unter der Jacke, das nicht ihm gehört.
Die Verfolgung des Räubers dauerte nicht lang, denn dieser schubste das Opfer am Ende des Gehweges über die dort liegenden Steine auf die Seestrasse und rannte weiter Richtung Post. «Da hatte ich keine Chance mehr, den Mann zu verfolgen.» Zurück bleiben blaue Flecken und der Schock.
Materieller und seelischer Schaden
Zurück im Gastraum die Gewissheit: Gestohlen wurde das Serviceportemonnaie mit knapp 6000 Franken, ein schwerer Steingutbecher voller Fünf- und Zweifränklern, das private Portemonnaie mit sämtlichen Privat- und Geschäfts-Kreditkarten – auch die für den Laden der Ehefrau –, den Ausweis- und Niederlassungspapieren, sowie der Fahrausweis.
Die alarmierte Gemeinde- und Kantonspolizei war rasch vor Ort, konnte den Täter jedoch nicht ausfindig machen. Sämtliche Karten liess Andres Wende sofort sperren, die Papiere sind zur Fahndung ausgeschrieben, falls diese irgendwo benutzt würden. Natürlich ist der Gastwirt versichert, aber: «Ich musste meinen Vermieter informieren, dass ich vorerst die Miete nicht zahlen kann, solange wir von der Versicherung das Geld nicht haben.»
Sämtliche Papiere hat er bereits neu beantragt. Auf den sozialen Medien hat Wende auf das Geschehen aufmerksam gemacht, damit die anderen Restaurantbetreiber und Ladenbesitzer gewarnt und vorsichtig sind.
Die Zeit läuft seitdem weiter, ein Tag reiht sich an den nächsten – wie die Gedanken aus Wendes Kopfkino, das das Erlebnis immer wieder durchgeht. «Ich nehme an, dass der Räuber schon länger hier im Haus war, vielleicht schon, als ich noch am Putzen war», überlegt der 54-jährige. Möglicherweise hat er schon im oberen Stock gewartet, vielleicht hat ein Bewohner die Haustüre nach 14 Uhr nicht abgeschlossen … wer weiss. Denn Einbruchspuren gibt es keine.
Im Restaurant selbst hat der Gastwirt den Mann noch nie gesehen. Das gezielte und auch dreiste Vorgehen und das Wissen um die Ausgänge aus dem Lokal machen eine Auskundschaftung im Vorfeld wahrscheinlich. Möglicherweise Spekulation, doch das Vorgehen des Mannes lassen kaum Rückschlüsse auf einen Ersttäter zu.
Das Materielle kann ersetzt werden, der Schock über ein solches Erlebnis sitzt viel tiefer. Der Griff zum Lichtschalter im Lagerraum findet nun jedes Mal statt. «In mir hat sich eine Unruhe, ein unsicheres Gefühl, breit gemacht», gesteht Andreas Wende.
In den 37 Jahren im Gastgewerbe ist ihm so etwas noch nie passiert. Eine Premiere, auf die der Bierhalle-Pächter nur allzu gerne verzichtet hätte.