Mit diesem Satz begrüsste Stadtrat Daniel Tanner die Besucherinnen und Besucher am Vortragsabend für pflegende Angehörige, der am Dienstag, 18. Juni, im reformierten Kirchgemeindehaus stattfand. Der Anlass sollte Impulse liefern, wie die pflegenden Angehörigen der eigenen Gesundheit Sorge tragen können und wie Pflege und Betreuung finanziert werden kann.
Text & Bilder: Ernst Brändli und Stefan Baumgartner
Pia Bisang und Heidi Hug von der Infostelle Betreuung und Pflege der Stadt Wädenswil haben den Anlass organisiert und auch betreut. Der interessierten Besucherschar wurden sehr viele gute Ratschläge für die Pflege innerhalb der Familie mit auf den Weg gegeben.
Im ersten Teil des Abends referierte Irja Zuber, Rechtsanwältin bei Procap, über die «Vier-w-Regel» in der Pflege: «Wer wird gepflegt – Wer pflegt – Wie wird gepflegt – Welche Versicherungen sind zuständig». Procap Schweiz setzt sich seit über 90 Jahren politisch und gesellschaftlich dafür ein, dass die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in sämtlichen Bereichen berücksichtigt werden.
Im Moment erhält man über die sozialen Medien das Gefühl, dass es das einfachste der Welt sei, sich bei irgendeiner Pflegeorganisation anstellen zu lassen und dabei noch das grosse Geld zu verdienen. Laut Irja Zuber braucht solch ein Schritt schon noch mehr Abklärungen, und es mache sicher keinen Sinn, sich innerhalb von kurzer Zeit über ein Onlineformular am PC anzumelden. Aus den Reihen der Anwesenden wurden praktische Beispiele zu diesem Thema beigetragen. Es befanden sich unter den Zuhörerinnen und Zuhörer sowohl pflegende Angehörige wie auch private Pflegeorganisationen.
So waren Selma Gradincic und Volkan Dogu von Arana Care anwesend. Arana Care ist eine private Pflegeorganisation, die seit fünf Jahren pflegende Angehörige anstellt und begleitet – seit Anfang Jahr auch hier in Wädenswil. Volkan Dogu hat den Anlass im reformierten Kirchgemeindehaus als sehr wertvoll empfunden: «Die Anwesenden haben einen kompakten Überblick über das komplexe Gesundheitssystem der Schweiz erhalten und erfuhren, welche Institutionen ihnen Hilfestellung bieten. Dabei wurde besonders darauf hingewiesen, wie anspruchsvoll die Arbeit der pflegenden Angehörigen ist und wie wichtig es ist, dass sie selbst gesund bleiben. Unsere Firma unterstützt pflegende Angehörige dabei, ihre Angehörigen zu Hause bestmöglich zu versorgen und gleichzeitig auf ihre eigene Gesundheit zu achten.»
Betreffend den verschiedenen Pflegeorganisationen und -firmen, die sich aktuell um pflegende Angehörige bemühen, ergänzte Pia Bisang von der Infostelle Pflege und Betreuung der Stadt Wädenswil: «Wir stehen jederzeit beratend zur Seite, wenn pflegende Angehörige Fragen oder Unsicherheiten haben!» Denn die Infostelle Betreuung kennt die Leistungserbringer – so auch die verschiedenen privaten Spitexanbieter – im Bezirk Horgen und steht im engen Austausch mit ihnen.
Im weiteren Verlauf wurden die verschiedenen Sozialversicherungen mit ihren Besonderheiten und Leistungen erklärt. Dass es nicht immer einfach ist, in diesem Dschungel von Leistungen, Entschädigungen Zuständigkeiten usw. den richtigen Weg zu finden, kam an diesem Abend mehrfach zum Vorschein. Für genau diese offenen Fragen steht die Infostelle Betreuung und Pflege der Stadt Wädenswil mit Rat und Tat zur Seite.
In der Pause vor dem zweiten Vortragsteil offerierte die reformierte Kirche einen reichhaltigen Apéro, und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tauschten rege Erfahrungen untereinander aus.
Für sich selbst sorgen
Den zweiten Teil der Veranstaltung bestritt Annette Hitz, Psychologin. Sie gab den anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern Hinweise und einen Überblick zur Psychischen Gesundheit der pflegenden Angehörigen. Gleichzeitig machte sie aber auch darauf aufmerksam, dass dies weder eine Therapiestunde noch ein Therapiekurs sei. Das Motto, das sie den Gästen mit auf den Weg gab, lautete einfach «Wer gut für sich selbst sorgt, kann auch gut für andere sorgen». Denn wenn auch 75% der Schweizerinnen und Schweizer angeben, «glücklich» zu sein, geben ebenso 23–30% in den verschiedenen Alterskategorien an, «in den letzten vier Wochen entmutig und deprimiert gewesen zu sein». Und so tauschten sich die pflegenden Angehörigen kurz, aber intensiv über ihren aktuellen Gemütszustand aus. Rund 600 000 Personen in der Schweiz jeden Alters und aus den unterschiedlichsten sozialen, kulturellen oder ökonomischen Umgebungen nehmen Betreuungsfunktionen war – die grösste Gruppe besteht aus den 50- bis 65-Jährigen. Sie alle leisten viel Arbeit, die (zumeist) nicht vergütet wird. Das schätzt Annette Hitz einerseits als wichtig für den Familienzusammenhalt ein, andrerseits aber bemerkt sie auch, dass das für die Betroffenen «etwas unfair» sei. Hitz zeigte darauf Beispiele aus unterschiedlichen Konstellationen, etwa die Frau, die ihren früh an Krebs erkrankten Ehemann pflegt, aber noch nicht bereit ist, ihn in eine Pflegeinstitution zu abzugeben. Hier sieht die Psychologin auch das Gefährdungspotenzial, dass eben auch die Pflegenden selbst an Grenzen kommen. Sind die Aufgaben zu breit gefächert oder mit einem zu hohen zeitlichen Aufwand verbunden (man geht von 10 h/Woche aus), sind auch die Pflegenden gefährdet. Und Hitz weiss: «Betreuende Angehörige nehmen oft sehr oder zu spät Hilfe an!» Sie sprach auch Punkte der Partnerschaft an, etwa die Rollenveränderung, die durch eine Krankheit oder einen Unfall des Partners einhergeht, ebenso der Umgang mit Persönlichkeits- oder körperlichen/psychischen Veränderungen. Einen der schwierigsten zu beantwortenden Aspekt hält Annette Hitz die Aussage «Ich schulde es dem Partner/der Partnerin». Schliesslich müssen die pflegenden Angehörigen ganz viel unter einen Hut bringen – und darob die eigenen Bedürfnisse nicht zurückstellen oder vergessen. Die Herausforderungen sind also sehr gross – und daher empfiehlt die Psychologin den Austausch mit anderen Betroffenen. Es folgten Tipps zur Pflege der psychischen Gesundheit, auch wies sie auf den Wert von Freundschaften hin, um Freud und Leid zu teilen oder Unterstützung zu bekommen. Sich selbst Zeit nehmen, sei es für Kreatives oder auch nur zur Entspannung, helfe ebenso.
Zum Schluss gab Annette Hitz allen Besucherinnen und Besuchern das «Zähneputzen für die Seele» mit auf den Heimweg: Pflege Deine mentale Gesundheit genauso gut und regelmässig wie Deine körperliche. Ein allgemeingültiger Schlusssatz!
Stadtrat Daniel Tanner verabschiedete schliesslich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Er selbst bestätigte, dass er viel gelernt habe und vom Gesagten auch sehr viel profitieren könne. Ebenso habe er spannende Gespräche mit Betroffenen führen können.
Der Anlass bietet pflegenden Angehörigen wichtige Tipps und hilft ihnen, sich zu vernetzen. Aus diesem Grund wird er am 29.10.2024 im Etzelzentrum wiederholt.
Infostelle Betreuung und Pflege:
Florhofstrasse 6, 8820 Wädenswil,
Tel. 044 789 74 90
Termine nach Vereinbarung; telefonische Erreichbarkeit: Montag 8.00–11.30 Uhr und 13.30–18.00 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag 8.00–11.30 Uhr und 13.30–16.30 Uhr
Mit diesem Satz begrüsste Stadtrat Daniel Tanner die Besucherinnen und Besucher am Vortragsabend für pflegende Angehörige, der am Dienstag, 18. Juni, im reformierten Kirchgemeindehaus stattfand. Der Anlass sollte Impulse liefern, wie die pflegenden Angehörigen der eigenen Gesundheit Sorge tragen können und wie Pflege und Betreuung finanziert werden kann.
Text & Bilder: Ernst Brändli und Stefan Baumgartner
Pia Bisang und Heidi Hug von der Infostelle Betreuung und Pflege der Stadt Wädenswil haben den Anlass organisiert und auch betreut. Der interessierten Besucherschar wurden sehr viele gute Ratschläge für die Pflege innerhalb der Familie mit auf den Weg gegeben.
Im ersten Teil des Abends referierte Irja Zuber, Rechtsanwältin bei Procap, über die «Vier-w-Regel» in der Pflege: «Wer wird gepflegt – Wer pflegt – Wie wird gepflegt – Welche Versicherungen sind zuständig». Procap Schweiz setzt sich seit über 90 Jahren politisch und gesellschaftlich dafür ein, dass die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in sämtlichen Bereichen berücksichtigt werden.
Im Moment erhält man über die sozialen Medien das Gefühl, dass es das einfachste der Welt sei, sich bei irgendeiner Pflegeorganisation anstellen zu lassen und dabei noch das grosse Geld zu verdienen. Laut Irja Zuber braucht solch ein Schritt schon noch mehr Abklärungen, und es mache sicher keinen Sinn, sich innerhalb von kurzer Zeit über ein Onlineformular am PC anzumelden. Aus den Reihen der Anwesenden wurden praktische Beispiele zu diesem Thema beigetragen. Es befanden sich unter den Zuhörerinnen und Zuhörer sowohl pflegende Angehörige wie auch private Pflegeorganisationen.
So waren Selma Gradincic und Volkan Dogu von Arana Care anwesend. Arana Care ist eine private Pflegeorganisation, die seit fünf Jahren pflegende Angehörige anstellt und begleitet – seit Anfang Jahr auch hier in Wädenswil. Volkan Dogu hat den Anlass im reformierten Kirchgemeindehaus als sehr wertvoll empfunden: «Die Anwesenden haben einen kompakten Überblick über das komplexe Gesundheitssystem der Schweiz erhalten und erfuhren, welche Institutionen ihnen Hilfestellung bieten. Dabei wurde besonders darauf hingewiesen, wie anspruchsvoll die Arbeit der pflegenden Angehörigen ist und wie wichtig es ist, dass sie selbst gesund bleiben. Unsere Firma unterstützt pflegende Angehörige dabei, ihre Angehörigen zu Hause bestmöglich zu versorgen und gleichzeitig auf ihre eigene Gesundheit zu achten.»
Betreffend den verschiedenen Pflegeorganisationen und -firmen, die sich aktuell um pflegende Angehörige bemühen, ergänzte Pia Bisang von der Infostelle Pflege und Betreuung der Stadt Wädenswil: «Wir stehen jederzeit beratend zur Seite, wenn pflegende Angehörige Fragen oder Unsicherheiten haben!» Denn die Infostelle Betreuung kennt die Leistungserbringer – so auch die verschiedenen privaten Spitexanbieter – im Bezirk Horgen und steht im engen Austausch mit ihnen.
Im weiteren Verlauf wurden die verschiedenen Sozialversicherungen mit ihren Besonderheiten und Leistungen erklärt. Dass es nicht immer einfach ist, in diesem Dschungel von Leistungen, Entschädigungen Zuständigkeiten usw. den richtigen Weg zu finden, kam an diesem Abend mehrfach zum Vorschein. Für genau diese offenen Fragen steht die Infostelle Betreuung und Pflege der Stadt Wädenswil mit Rat und Tat zur Seite.
In der Pause vor dem zweiten Vortragsteil offerierte die reformierte Kirche einen reichhaltigen Apéro, und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tauschten rege Erfahrungen untereinander aus.
Für sich selbst sorgen
Den zweiten Teil der Veranstaltung bestritt Annette Hitz, Psychologin. Sie gab den anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern Hinweise und einen Überblick zur Psychischen Gesundheit der pflegenden Angehörigen. Gleichzeitig machte sie aber auch darauf aufmerksam, dass dies weder eine Therapiestunde noch ein Therapiekurs sei. Das Motto, das sie den Gästen mit auf den Weg gab, lautete einfach «Wer gut für sich selbst sorgt, kann auch gut für andere sorgen». Denn wenn auch 75% der Schweizerinnen und Schweizer angeben, «glücklich» zu sein, geben ebenso 23–30% in den verschiedenen Alterskategorien an, «in den letzten vier Wochen entmutig und deprimiert gewesen zu sein». Und so tauschten sich die pflegenden Angehörigen kurz, aber intensiv über ihren aktuellen Gemütszustand aus. Rund 600 000 Personen in der Schweiz jeden Alters und aus den unterschiedlichsten sozialen, kulturellen oder ökonomischen Umgebungen nehmen Betreuungsfunktionen war – die grösste Gruppe besteht aus den 50- bis 65-Jährigen. Sie alle leisten viel Arbeit, die (zumeist) nicht vergütet wird. Das schätzt Annette Hitz einerseits als wichtig für den Familienzusammenhalt ein, andrerseits aber bemerkt sie auch, dass das für die Betroffenen «etwas unfair» sei. Hitz zeigte darauf Beispiele aus unterschiedlichen Konstellationen, etwa die Frau, die ihren früh an Krebs erkrankten Ehemann pflegt, aber noch nicht bereit ist, ihn in eine Pflegeinstitution zu abzugeben. Hier sieht die Psychologin auch das Gefährdungspotenzial, dass eben auch die Pflegenden selbst an Grenzen kommen. Sind die Aufgaben zu breit gefächert oder mit einem zu hohen zeitlichen Aufwand verbunden (man geht von 10 h/Woche aus), sind auch die Pflegenden gefährdet. Und Hitz weiss: «Betreuende Angehörige nehmen oft sehr oder zu spät Hilfe an!» Sie sprach auch Punkte der Partnerschaft an, etwa die Rollenveränderung, die durch eine Krankheit oder einen Unfall des Partners einhergeht, ebenso der Umgang mit Persönlichkeits- oder körperlichen/psychischen Veränderungen. Einen der schwierigsten zu beantwortenden Aspekt hält Annette Hitz die Aussage «Ich schulde es dem Partner/der Partnerin». Schliesslich müssen die pflegenden Angehörigen ganz viel unter einen Hut bringen – und darob die eigenen Bedürfnisse nicht zurückstellen oder vergessen. Die Herausforderungen sind also sehr gross – und daher empfiehlt die Psychologin den Austausch mit anderen Betroffenen. Es folgten Tipps zur Pflege der psychischen Gesundheit, auch wies sie auf den Wert von Freundschaften hin, um Freud und Leid zu teilen oder Unterstützung zu bekommen. Sich selbst Zeit nehmen, sei es für Kreatives oder auch nur zur Entspannung, helfe ebenso.
Zum Schluss gab Annette Hitz allen Besucherinnen und Besuchern das «Zähneputzen für die Seele» mit auf den Heimweg: Pflege Deine mentale Gesundheit genauso gut und regelmässig wie Deine körperliche. Ein allgemeingültiger Schlusssatz!
Stadtrat Daniel Tanner verabschiedete schliesslich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Er selbst bestätigte, dass er viel gelernt habe und vom Gesagten auch sehr viel profitieren könne. Ebenso habe er spannende Gespräche mit Betroffenen führen können.
Der Anlass bietet pflegenden Angehörigen wichtige Tipps und hilft ihnen, sich zu vernetzen. Aus diesem Grund wird er am 29.10.2024 im Etzelzentrum wiederholt.
Infostelle Betreuung und Pflege:
Florhofstrasse 6, 8820 Wädenswil,
Tel. 044 789 74 90
Termine nach Vereinbarung; telefonische Erreichbarkeit: Montag 8.00–11.30 Uhr und 13.30–18.00 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag 8.00–11.30 Uhr und 13.30–16.30 Uhr