Wädenswil

Andrea Seehafer: «Filus wundersame Farben» – und wie eine Geschichte entsteht

Vor kurzem feierte das Kinderbuch «Filus wundersame Farben» von Andrea Seehafer, illustriert von Leila Merkofer, in der Stadtbibliothek von Wädenswil Premiere. Andrea Seehafer, die Autorin der Geschichte, spricht über deren Entstehung und gewährt uns gleichzeitig einen Einblick in ihr Leben.

Text: Ingrid Eva Liedtke

Andrea Seehafer, 54, ist Wädenswilerin – seit 19 Jahren. Sie ist Familienfrau, Mutter von zwei Mädchen im Alter von 16 und bald 19 Jahren und Hundebesitzerin. Ursprünglich gelernte Kauffrau, reizte sie schon bald die Welt des Reisens. «In den 90ern habe ich während einiger Jahre beim Bodenpersonal am Flughafen gearbeitet. Das günstige Stand-by-Fliegen in der Freizeit habe ich sehr genossen. Es kam vor, dass ich mit zwei Koffern an den Flughafen reiste, einen gepackt für den Wunschflug, den anderen für eine Alternativdestination. Als ich jung war, fand ich das sehr aufregend. Jetzt fliege ich, aus ökologischen Gründen, nicht mehr so gerne.» Andrea Seehafer lebt, so gut als möglich, bewusst und nachhaltig.

Das Schreiben lockte nach Amden

Dann lockte sie das Schreiben. Berufsbegleitend absolvierte sie die SAL (Schule für angewandte Linguistik), eine höhere Fachschule, und wählte dabei den journalistischen Zweig. «Ich habe dann als freie Journalistin gearbeitet, als Texterin sowie in der Unternehmenskommunikation und Public Relation.» Als Familienfrau war Seehafer Teilzeit in der Unternehmenskommunikation des Triemli-Spitals tätig.
Doch nach einigen Jahren entstand der Wunsch, etwas anderes zu entdecken: Andrea Seehafer liess sich zur Spielgruppen- und Waldspielgruppenleiterin ausbilden und übernahm für ein Jahr eine Waldspielgruppe und schrieb zudem für die Fachzeitschrift spielgruppe.ch. Dann aber winkte ihr Traumjob, und seither kümmert sie sich in der Tourismusregion Amden Weesen um die Kommunikation und den Gäste-Service. Heute entwickelt Andrea Seehafer dort vor allem auch touristische Angebote und Projekte. In diesem Job kann sie auch ihre Liebe zur Natur ausleben. «Ich bin sehr gerne draussen, in der Natur, am See, im und auf dem Wasser und auch in den Bergen.»

Texten und erzählen

Als Texterin nimmt Andrea Seehafer, neben ihrer Tätigkeit im Tourismus, hin und wieder Aufträge an. «Ich lektoriere ebenso gerne, wie ich schreibe.»

«Für mich hat Sprache viel mit Kultur zu tun. Sprache ist etwas Schönes. Es ist mir wichtig, dass man mit der Sprache sorgfältig, ja respektvoll, umgeht. Das geht im Handyzeitalter, mit all den Kurznachrichten, manchmal verloren – so scheint mir. Man nimmt sich oft die Zeit nicht mehr, um eine Mail auszuformulieren. Die Jungen haben sogar eine Kurzsprache, worin gewisse Wörter nicht mehr ganz ausgeschrieben werden.
Sprache ist nicht nur schön, sondern hat direkt mit dem Leben zu tun. Sprache hat eine gewisse Kraft. Sie wirkt sich aus und ja, sie verändert sich auch immer wieder. Manchmal habe ich Mühe mit diesen Veränderungen, weil ich finde, dass Stil verloren geht, aber diese Entwicklungen sind nicht aufzuhalten. Sprache hat sich immer schon verändert.»
Im Zusammenhang mit ihrem Kinderbuch erwähnt Andrea Seehafer ihr Anliegen, das Lesen zu fördern, und zwar schon bei den Kindern. «Das fängt mit den ersten Geschichten an, die Kinder erzählt bekommen. Meine Kinder haben viel gelesen, Bücher verschlungen. Ich glaube, man kann das fördern, indem man früh viele Bilderbücher erzählt.»

Also stimmt es, dass Lesen bildet? «Ja!» Andrea Seehafer liest gerne Romane. Sie sagt, sie mag Geschichten über Menschen, wie sie zusammenleben, und wie sie das Leben meistern. «Ich mag auch historische Hintergründe und natürlich starke Frauenfiguren. Lesen ist etwas Schönes, und ich finde es sehr wertvoll, wenn man es den Kindern schon früh vermitteln kann.»
Darum also das Kinderbuch: «Eigentlich habe ich die Geschichte nicht direkt deswegen entwickelt. Vielmehr ist sie einfach entstanden. Ich habe meinen Kindern oft Bilderbücher vorgelesen, und dabei haben sie mich aufgefordert: ‹Mami, chasch au mal es Gschichtli erfinde?› Dies wohl, weil sie das von meiner Schwester gewohnt waren, die sehr gut Geschichten erzählen kann. Da sass ich dann im dunklen Kinderzimmer und habe überlegt, mit welchem Tier ich eine Geschichte basteln könnte. Es sollte ein spezielles Tier sein, kein Fuchs oder ein niedliches Häschen, wie üblich. So kam ich auf das Chamäleon. Es ist ein interessantes Tier, da es die Farbe wechseln kann. Zudem ist der Name speziell und für die Kinder auch lustig auszusprechen. Meine Kinder waren 4 und 6, sie fanden dieses Tier und seinen Namen wirklich witzig.»

Die runde Geschichte mit Themen, die wir alle kennen

«So kam diese Geschichte zu diesem speziellen Tier. Sie ist auf eine spielerische Art und Weise auch sprachbildend. Das Chamäleon lebt in Afrika und da gibt es natürlich noch andere Tiere, wie die Schwalbe Oskar, die zum Überwintern aus Europa kommt und der beste Freund des Chamäleons wird. Es geht um Freundschaft und um Abschied, ums Traurigsein und auch um das Einander-Helfen, also Themen, die wir alle, auch die Kinder, gut kennen.» Sowohl die Geschichte wie auch die daran eingebundenen Themen hätten sich spontan, beim Erzählen, ergeben.
«Meinen Kindern gefiel die Geschichte so gut, dass sie fanden, ich solle ein Bilderbuch daraus machen. Irgendwann habe ich sie dann aufgeschrieben. Da bemerkte ich, dass das eine runde Sache ist und all diese wichtigen Themen, die die Menschen beschäftigen, darin enthalten sind.»

Eine einfache Geschichte

«Filus wundersame Farben» ist keine komplizierte, allzu konstruierte Geschichte. Darum hat sie auch auf Anhieb einen Verlag gefunden. Der Verlagsleiterin habe gerade diese Einfachheit gefallen, so Seehafer, sie habe gesagt, diese Geschichte könne jedes Kind gut verstehen.

Es ist eine Geschichte für kleine Kinder. Darum sind die Bilder ebenso wichtig wie der Text.
Die Illustratorin Leila Merkofer arbeite gerne analog, am Computer werde dann noch etwas nachbearbeitet. Es sind zahlreiche kleine visuelle Überraschungseffekte in den Bildern eingearbeitet, zum Beispiel fehlt dem Chamäleon ein Zacken. Diese bildnerische Erzählung ist auch sehr wichtig, sie läuft auf einer zweiten Ebene ab. Kleine Kinder sind sehr visuell und schauen genau. In der Regenzeit ist das Chamäleon grau. Es ist die Zeit, in der Filu traurig ist, weil sein Freund heimgeflogen ist. Mit der grauen Farbe kann so auch die gedrückte Stimmung visualisiert werden.
Andrea Seehafer, die eine Geschichte erfunden hat, ohne ursprüngliche Absicht, ein Bilderbuch daraus entstehen zu lassen, erachtet die Rolle der Illustrationen als sehr wichtig. «Es ist ein Bilderbuch und lebt daher stark vor den Bildern. Mir persönlich müssen die Bilder zu meiner Geschichte natürlich gefallen. Der Baeschlin Verlag hat mir schon beim ersten Gespräch Vorschläge anhand von Bilderbüchern gemacht und ich konnte schauen, was mir gefällt.»

Ein Buch für Kinder ab 3 Jahren

Das Buch «Filus wundersame Farben» ist für Kinder ab 3 Jahren konzipiert. Sie können etwas lernen über das Chamäleon und den Wechsel seiner Farben, über Zugvögel und Jahreszeiten. Die Fantasie wird angeregt.
«Wer das Buch erzählt, kann wiederum die einzelnen Beispiele und Erzählstränge weiterdenken, sie auch zum Anlass nehmen weiteres Wissen anzufügen. Da können vielleicht sogar manche Eltern noch etwas lernen», lacht Andrea Seehafer.

Die Geschichte «Filus wundersame Farben» ist eine schöne kleine Geschichte, die gut funktioniert, gerade weil sie so einfach ist.
Andrea Seehafer geniesst es, wie sie sagt, dieses, ihr Buch, in Händen zu halten. Vielleicht wird diese Freude sie dazu animieren, eine Fortsetzung zu schreiben.
Filus wundersame
Farben von Andrea Seehafer mit Illustrationen von Leila Merkofer ist im Buchhandel erhältlich, in Wädenswil im Kafisatz, im Buchparadies und in der Papeterie Köhler.

Weitere Lesungen: Mittwoch, 4. September, um 14.30 Uhr im Baeschlin Verlag, Hauptstrasse 32, Glarus.

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