Richterswil

Unterwegs für Mensch und Natur

Seit November sind neu am Hüttnersee wie bereits auch in anderen grösseren Naturschutzgebieten des Kantons Rangerinnen und Ranger unterwegs. Sie erteilen Wanderern und Erholungssuchenden Auskünfte und sorgen dafür, dass die Regeln im Schutzgebiet eingehalten werden.
Text & Bild: Reni Bircher

Der Druck auf die Natur hat zugenommen. Dabei kommt es immer häufiger zu Spannungen zwischen Erholungssuchenden und dem unter Schutz stehenden Lebensraum.
Die Fachstelle Naturschutz des kantonalen Amts für Landschaft und Natur hat veranlasst, dass in diversen Schutzgebieten ­Rangerdienste eingeführt werden, neu auch am Hüttnersee. Mit dieser Aufgabe ist die Griffin Ranger GmbH betraut worden. Sie ist eine spezialisierte Firma mit entsprechend geschulten Mitarbeitenden, die alle den nötigen naturkundlichen Wissenshintergrund haben. Die Rangerinnen und Ranger haben die Aufgabe, Besucherinnen und Besucher über die Werte und Bedeutung des Gebiets zu informieren, auf aktuell zu beobachtende Arten hinzuweisen und bei Fragen zur Verfügung zu stehen. Die Fachleute fordern aber auch die Einhaltung geltender Regeln ein.
Der Hüttnersee ist eines der wichtigsten und grössten Naherholungsgebiete für Richterswil-Samstagern. Der Richterswiler Anzeiger hat dort an einem prachtvollen Wintertag die Geschäftsführerin Viviane Magistra und den Stv. Rangerleiter Fabian Moser von der Griffin Ranger GmbH getroffen.

Ist das Euer erster Rangerdienst heute?
Fabian Moser: Ich war heute Morgen schon am Türlersee. Zeitlich nimmt der Hüttnersee oder die Halbinsel Au, wo wir später noch hinfahren, nicht so viel Zeit in Anspruch. Da heute mehr Leute unterwegs sind, dauert der Einsatz jedoch vermutlich länger oder wir kommen später nochmals vorbei.
Viviane Magistra: Wir haben meist Teilzeit-Angestellte und versuchen diese so einzuteilen, dass sie tageweise arbeiten können. So decken sie jeweils zwei, vielleicht auch drei Gebiete an einem Tag ab.

Seid Ihr am Wochenende zu zweit ­unterwegs?
Moser: Das ist sehr unterschiedlich, meistens sind wir alleine vor Ort.

Wie viele Leute arbeiten im Rangerdienst bei der Griffin Ranger GmbH?
Moser: Unser Team besteht aus neun Ranger und Rangerinnen, die sich um die Aufsichtsarbeiten kümmern. Weitere zwei Personen sind für andere Projekte wie Umweltbildung und Akquisition angestellt.

Habt Ihr Euch für einen Auftrag wie diesen vorbereitet?
Magistra: Jetzt hatten wir einen Monat Zeit, mittels Karten die sensiblen Bereiche zu ermitteln. Zudem sind die Anforderungen nicht überall dieselben, teilweise sind wir auch befugt Ordnungsbussen oder Anzeigen zu verteilen.
Moser: In den verschiedenen Gebieten ist es wichtig, sich mit den Schutzverordnungen auszukennen, damit deren Einhaltung gewährleistet werden kann.
Wir möchten jedoch nicht nur Straftaten verfolgen, sondern den Besuchenden auch interessante Informationen über das Schutzgebiet weitergeben. Das erfordert von uns, dass wir uns aktiv vor Ort ein Bild, uns mit der Umgebung vertraut machen. Dazu gehört auch das Wissen, welche Tiere saisonal zugegen sind. Wissenswertes erfahren wir auch, indem wir mit den Leuten hier sprechen, insbesondere von den ansässigen Landwirten bekommen wir einen Überblick über alles, was hier «Sache» war und ist.
Das sind Dinge, die wir uns erarbeiten müssen, weil sie nirgends nachgelesen werden können.

Was ist das Besondere an den Gebieten, die Ihr betreut?
Moser: Der Kanton hat mehrere Gebiete eruiert, in denen der Schutz der Natur unter der intensiven Naherholungsnutzung leidet. Rangerdienste sind vor allem in Naturschutzgebieten im Einsatz, die ein grosses Besucheraufkommen haben.
Allein unsere Präsenz reicht meistens schon aus, um den Menschen ins Gedächtnis zu rufen, dass sie sich in einem Naturschutzgebiet bewegen und sich entsprechend verhalten müssen. In der Regel tun die Leute das schon, weil sie extra hierher kommen, um die Natur zu geniessen. Wir führen auch tolle Gespräche mit den Spaziergängern. In wenigen Fällen fehlt allerdings die «Lust» dazu, sich umsichtig zu verhalten. Also reiner Egoismus.
Wie kann ich mir so einen Patrouillen-Gang vorstellen?
Moser: Es gibt Schlechtwettertage, an denen kaum jemand unterwegs ist. Höchstens «Hündeler», weil sie ja immer raus müssen mit dem Tier. Das führt bei den Besitzern manchmal zur Annahme, sie könnten den Hund überall hinrennen lassen … da müssen wir dann einschreiten.
Magistra: Ich bin gespannt zu sehen, wie sich die Leute mit dem Neuschnee verhalten, ob sie noch die Wege benutzen …
Moser: Genau. Schneefälle, wie vergangene Woche, verlocken dazu, Schutzgebiete zu betreten. Möglicherweise auch nur, weil man keine Wege sieht und das Gebiet fremd ist. Dieses Verhalten birgt vor allem für Tiere eine Gefahr, denn sie müssen im Winter gut mit ihrer Energie haushalten. Werden sie durch Hunde oder Menschen aufgescheucht und müssen fliehen, so zehrt das massiv an ihren Kräften, was in Erschöpfung und schlimmstenfalls mit ihrem Ableben endet. Nur weil wir die Tiere nicht sehen, heisst das nicht, dass keine da sind.
Magistra: Die Schnee-Situation ist spannend, aber komplizierter.

Dann weist Ihr die Leute bei Fehlverhalten zurecht?
Moser: Wir verstehen uns nicht als «Vormund», sondern als Vermittler von Regeln und Informationen. Diese Vorschriften wurden sinnvoll und zweckmässig aufgestellt, und wir erklären Interessierten gerne den Zusammenhang.
Generell verfolgen wir ein langfristiges Ziel: Wir wollen ein Nebeneinander von Natur und Mensch bzw. von Naturschutz und Erholung. Und wir wollen die Natur schützen und erhalten, wie sie ist, bestenfalls fördern. Schliesslich erfreuen wir uns ja an ihr.
Der Weg zum Ziel führt also nur über das Miteinander.

Der Kantonsauftrag läuft vorerst bis Ende 2024, dann erfolgt eine Evaluation und gegebenenfalls eine Anpassung des Auftrags. Somit seid Ihr zu jeder Jahreszeit unterwegs.
Moser: Es macht durchaus Sinn, wenn ein Ranger ganzjährig vor Ort ist, dann bleibt der Naturschutz-Gedanke eher im Bewusstsein der Leute.

Welche Aufgaben übernimmt die Griffin Ranger GmbH sonst noch?
Magistra: Die Greifensee-Stiftung hat die Griffin Ranger GmbH gegründet, um Rangerdienste auch ausserhalb der Region Greifensee anbieten zu können. Also von Kanton, Kommune bis zu Privaten können uns alle engagieren. Nebst den Rangerdienst, welches dank eines grossen Auftrags stark gewachsen ist, bieten wir Exkursionen und Vorträge in diversen Gebieten und Bereichen an.
Momentan sind wir mit den «Zürcher Wanderwege» daran, die fünf Naturzentren des Kantons mittels eines Thematischen Wanderweges zu verbinden. Das sind 200 Kilometer Wanderweg, die konzipiert werden müssen! Das macht viel Freude.
Moser: Des Weiteren machen wir Schulungen, vor allem im Rangerbereich. Das bietet sich an zur Weiterbildung, jedoch auch für an der Materie Interessierte.

Ist «Rangerin/Ranger» eine Ausbildung?
Magistra: Man kann einen Lehrgang am Bildungszentrum Wald (BZW) in Lyss besuchen, der dauert anderthalb Jahre. Die Weiterbildungsmöglichkeiten waren bisher eher beschränkt, das versuchen wir nun abzudecken. Gerade für Ranger, die alleine oder in kleinen Teams ein Gebiet bewältigen, sind der Austausch mit anderen Rangern und regelmässige Weiterbildungen wichtig. Dafür eignen sich unsere Kurse sehr gut. Dazu gehört auch die Übung, mit schwierigen Situationen umzugehen. Solche treffen wir wenig an, aber wenn, dann muss man ganz genau wissen, was zu tun ist.
Moser: Vor Kurzem haben wir einen zweitägigen Deeskalationskurs besucht, der von zwei Profis aus Deutschland, die im Strafvollzug arbeiten, durchgeführt wurde. Das war anstrengend und gleichzeitig spannend. Doch schliesslich geht es um die eigene Sicherheit.
Generell ist für die Rangerin und den Ranger entscheidend, dass sie sich weiterbilden und informieren, um im entscheidenden Moment richtig zu reagieren.
Magistra: Wir haben angefangen Schnupperkurse anzubieten, denn man sollte sich schon sehr sicher sein, wenn man die Rangerausbildung machen will, und wissen, was diese Aufgabe mit sich bringt. Wir wollen den Leuten die Realität aufzeigen, damit sie sich keine Illusionen über diesen Beruf machen. ‹Ich laufe etwas im Naturschutzgebiet herum› klingt ganz idyllisch, aber Ranger sein ist ein taffer Job. Man muss fokussiert sein, gerne mit Menschen Kontakt knüpfen, ist ständig unterwegs – das ist nicht zu unterschätzen. Der Schnupperanlass vor der Ausbildung ist inzwischen Pflicht, um die Zulassung zu bekommen.
Moser: Es bringt nichts, wenn man nach einem Jahr Lehrgang spürt: ‹Das ist gar nicht meine Welt›.

Die beiden Ranger jedenfalls sind von der Wichtigkeit ihrer Arbeit überzeugt. In diesem Sinne: Die Wertschätzung des Schutzgebietes und seiner Bewohner dient allen. Bei Fragen wenden Sie sich an die Infotafeln oder Ihren Ranger.

www.griffin.swiss, www.bzwlyss.ch

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