Wädenswil

Feuerwehr mit neuem Kommandanten

Martin Rusterholz als langjähriger oberster Feuerwehrmann der Stadt Wädenswil scheidet altershalber per Ende 2023 aus der Feuerwehr aus. Anfang 2024 übernimmt Caspar Hildebrand sein Amt.

Text & Bild: Stefan Baumgartner

Martin Rusterholz steht der Feuerwehr noch bis Ende dieses Jahres als Kommandant vor; ein Amt, das er 13 Jahre innehatte. Insgesamt kann er auf 30 Dienstjahre zurückblicken.
Caspar Hildebrand ist seit vielen Jahren als Kadermitglied der freiwilligen Feuerwehr Wä- denswil tätig. In den letzten Monaten absolvierte er bei der Gebäudeversicherung des Kantons Zürich (GVZ) mehrere Kurse zum Feuerwehrkommandanten und verfügt nun über die notwendigen Qualifikationen und entsprechende Erfahrung. Zudem bringt er dank seiner An- stellung als Sachbearbeiter bei der GVZ viel
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Hintergrundwissen mit, das für die Tätigkeit als Feuerwehrkommandant eine grosse Bereicherung darstellt. Er übernimmt das Amt per 1. Januar 2024.

Mit dem scheidenden und dem neuen Kommandanten trafen wir uns zum Gespräch im Feuerwehrlokal.

Martin Rusterholz, wie lange bist Du bei der Feuerwehr?
30 Jahre! Ich bin 1994 als Soldat eingetreten, wurde Korporal, dann Wachtmeister, später Leutnant, machte dann den Kommandantenkurs und wurde 2011 Hauptmann. Mit Erreichen des 55. Altersjahres muss ich nun gemäss Reglement austreten.

Dein Cousin in Richterswil, ebenfalls bis Ende 2021 Kommandant in Richterswil, wurde vom Vater ermutigt, in die Feuerwehr einzutreten. Wie war’s bei Dir?
Jobbedingt hatten wir schon immer mit der Feuerwehr zu tun. Das Interesse, in die Feuerwehr einzutreten, war daher schon gegeben.* 1990 bis 1993 war ich berufsbedingt in der französischen Schweiz, und der damalige Materialwart ermutigte mich, anschliessend in die Feuerwehr einzutreten.

Du hast auch beruflich mit Feuerwehrautos zu tun. Baut man bessere Feuerwehrautos als Feuerwehrmann – oder löscht man Brände besser, wann man Feuerwehrautos baut?
Als Feuerwehrmann weiss ich natürlich besser, welche Materialien zusammen benötigt werden, und die sinnvolle Platzierung in den Fahrzeugen, die wir bauen, ist mir ein Anliegen. Bei den Fachgesprächen mit den verschiedenen Feuerwehren kommt mir das zugute.
Gab es herausfordernde – positive oder negative – Situationen, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben?
Früher gab es viel mehr schwere Autounfälle mit schwierigen Personenrettungen. Da sahen wir viel Schwerverdauliches. Seither sind die Autos deutlich sicherer geworden, solche Einsätze sind seltener geworden. Wir spüren immer Dankbarkeit aus der Bevölkerung, wenn wir etwa eine Wohnung auspumpen, vor allem auch bei den älteren Personen.

Wie hat sich die Feuerwehr in Deiner Dienstzeit verändert?
Wir haben heute bestimmt modernere Fahrzeuge und moderneres Material. Aber auch das Kurswesen, die Weiterbildungen, sind zeitgemässer. So haben wir zum Beispiel in Wädenswil für die Neueintretenden einen Ausbildungszug. Dort wird ihnen während zwei Jahren das Feuerwehr-ABC beigebracht, ehe sie in die verschiedenen Züge umgeteilt werden. Was sicher geändert hat: Früher trat man mit 20 in die Feuerwehr ein und blieb oft bis zum Altersrücktritt mit 55 dabei. Heute gibt’s viel mehr Fluktuationen. Natürlich wurde auch das Einzugsgebiet mit der Gemeindefusion grösser.

Mit dem Gemeindezusammenschluss kam auch die Feuerwehr Schönenberg-Hütten in die Organisation der Feuerwehr Wädenswil. Ist diese Integration abgeschlossen?
Da waren wir sehr fortschrittlich. Auf das ursprünglich geplante Datum 1.1.2018 hin waren wir bereit. Wir begannen da schon mit gemeinsamen Übungen und hatten sowohl im Berg wie hier unten das gleiche Ausbildungsprogramm. Natürlich: durch die Distanz – wir müssen ja innert zehn Minuten am Einsatzort sein – haben wir auch immer noch eine räumliche Distanz mit Zügen in Hütten und Schönenberg. So bewahrten diese beiden Standorte immer auch eine gewisse Eigenständigkeit.

Wie schwer fällt der Abschied?
Klar werde ich den Betrieb und die Mannschaft vermissen. Aber nach 30 Jahren kann ich auch sagen, ich habe das lange genug gemacht. Wir sind gut aufgestellt und ich übergebe ein funktionierendes Team.

Was machst Du mit der neugewonnen Freizeit?
Ich bin ja auch noch im Musikverein Harmonie aktiv, vielleicht finde ich nun mehr Zeit zum Üben. Mehr Sport, mehr lesen, im Kochclub bin ich auch noch – langweilig wird mir nicht!

Caspar Hildebrand, was war Deine Motivation, in Martins Fussstapfen zu treten?
Meinen Entscheid, dieses verantwortungsvolle Amt zu übernehmen, traf ich nach reiflicher Überlegung. Ausschlaggebend für meine Zusage waren besonders zwei Gründe: Einerseits fördert und unterstützt meine Arbeitgeberin das Engagement in der Feuerwehr, andererseits fühle ich mich von unserer Mannschaft umfassend akzeptiert. Ausserdem habe ich in diesem Amt neue und spannende Aufgaben zu erfüllen, worüber ich mich freue.

Was macht eigentlich der Feuerwehrkommandant? Was ist seine Aufgabe das Jahr durch, was im Einsatz?
Caspar: Primär ist der Kommandant für die strategische und organisatorische Führung der Einheit zuständig, zudem ist er verantwortlich gegenüber den politischen Vorgesetzten. Im Einsatz ist es so, dass die Offiziere ein Pikettsystem unterhalten. Ein Offizier hat dann die Einsatzleitung inne, was nicht zwingend der Kommandant sein muss. Aber wir unterstützen uns natürlich auch im Einsatz gegenseitig. Ich selbst arbeite tagsüber in Oerlikon, so kann ich nur abends, am Wochenende oder bei Grosseinsätzen vor Ort sein.
Martin: Bei den Aufgaben des Kommandanten hat sich in den vergangenen Jahren schon einiges geändert. Früher waren wir fürs Tagesgeschäft verantwortlich, heute sind wir vermehrt organisatorisch tätig. So werden wir auch von der Feuerpolizei um Rat angefragt bei Neubauten, Drehleiter-Stellplätzen, Hydrantenstandorten und so weiter. Hier werden wir aber vom zu 100% angestellten Stabsoffizier entlastet. Und man darf nicht vergessen, dass der Personalbestand mit der Gemeindefusion zugenommen hat.

Caspar Hildebrand, Du arbeitest bei der GVZ. Inwiefern hilft das als Kommandant?
Ich bin bei der GVZ bei der Feuerwehr-Abteilung und somit nahe an den Informationen, bin früh im Bilde, was strategisch läuft und kann mir so frühzeitig Gedanken zur Implementierung machen. So verlangt die GVZ, dass viel mehr Ausbildungen direkt bei den Feuerwehren gemacht werden. Glücklicherweise haben wir das aber bei der Feuerwehr Wädenswil schon früh so gehandhabt. Durch meine Arbeit kenne ich praktisch bei jeder Feuerwehr im Kanton einen Ansprechpartner.

Führst Du den von Martin vorgezeichneten Weg weiter – oder bleibt nun kein Stein auf dem anderen?
Es ist zwar etwas unglücklich ausgedrückt, aber ich kann in ein gemachtes Nest sitzen. Wir sind sehr gut aufgestellt. Darum will ich das Rad nicht neu erfinden. Persönlich will ich den Fokus auf die Ausbildung legen, damit wir im Ernstfall auch weiterhin professionell funktionieren.

Beruf, Familie, Hobby – und dann noch Feuerwehr. Ist Feuerwehr mehr Hobby oder eher Dienst an der Gesellschaft?
Caspar: Für mich geht das Hand in Hand. Man kann es als Hobby betreiben – aber wir erweisen auch einen Dienst.
Martin: Wir haben eine bunte Truppe mit Leuten zwischen 20 und 55 mit verschiedenen Berufsgattungen, Doktoren, Bauern, Handwerker, die zusammenarbeiten, und so kann jeder auch profitieren. Man findet neue Freunde, auch Zugezogene finden schnell Anschluss.
Caspar: Auch der persönliche Nutzen durch diese vielfältige Truppe ist so natürlich gegeben.
Vereine haben zusehends Mühe, neue Mitglieder zu finden. Die Gesellschaft wird zunehmend bequemer, egoistischer. Wie sieht’s mit dem Feuerwehrnachwuchs aus?
Caspar: Diesen Aspekt habe ich ständig im Hinterkopf. Es sind eigentlich zwei Punkte: Einerseits die Leute für die Feuerwehr zu gewinnen, andererseits diese Leute dann auch zu halten. Im Zentrum mache ich mir um den Nachwuchs nur schon aufgrund der Einwohnergrösse keine Sorgen. In den Berggemeinden sehe ich eher Herausforderungen. Die Interessen verlagern sich, die Gesellschaft wird mobiler.
Martin: Für uns ist die Mund-zu-Mund-Propaganda die beste Werbung. Wir haben auch Neuzuzüger, die in anderen Gemeinden Feuerwehrdienst leisteten. Solche sind für uns natürlich Gold wert. Aktuell sind wir aber immer noch gut aufgestellt, auch auf Offiziersseite. Mindestvorgabe der Gebäudeversicherung sind 100 Mann, wir sind aktuell bei 120.

Die Feuerwehr Wädenswil ist eine Milizorganisation. Bei der Grösse Wädenswils: Ist das noch zeitgemäss?
Caspar: Kostenmässig ganz klar. Es gab Überlegungen und Studien für eine Berufsfeuerwehr. Aber rein finanziell rechnet sich das nie. Und man darf nicht vergessen: Durch die verschiedenen beruflichen Backgrounds gibt’s unterschiedliche Ideen, wie ein Einsatz angegangen werden kann; wir kennen keine Betriebsblindheit. Das ist die Stärke des Milizsystems.

Als Feuerwehrmann ist man oft in der Gefahrenzone. Wie geht man selbst, wie gehen Partner/Familie damit um?
Martin: Jeder Feuerwehrmann hat seine eigene Art, ist vielleicht etwas forscher oder zurückhaltender im Einsatz. Die Gefahr ist natürlich da. Glücklicherweise hatten wir während meiner Zeit nie ernsthafte Unfälle. Das war auch mein Ziel.
Caspar: Wir wollen alle gesund heimkehren. Dafür üben wir auch.

Wie motiviert Ihr junge Menschen, sich in der Feuerwehr zu engagieren?
Caspar: Da gibt es ganz verschiedene Ansätze, das allgemeingültige Rezept gibt es nicht. Wir präsentieren uns beispielsweise mit dem «Tag der Feuerwehr», der alle zwei Jahre stattfindet.

Eine Frage auch für mögliche Feuerwehr-Interessenten: Wie gross ist der Aufwand als Feuerwehrmann, als Soldat oder später als Kader?
Martin: Als Soldat hat man 20 bis 25 Übungen pro Jahr, verteilt auf verschiedene Wochentage, damit anderes Vereinsleben oder andere Gewohnheiten nicht übermässig strapaziert werden.
Caspar: mit jedem Unteroffiziers- oder Offiziersgrad mehr wird es etwas mehr, im Offiziersgrad dann auch mit Pikettdienst.

*Die in Richterswil ansässige Carrosserie Rusterholz AG stellt Neuanfertigungen von Feuerwehrfahrzeugen, Polizei- und Spezialaufbauten sowie Kleinserien im Kommunalbereich her.

Steckbriefe
Name: Martin Rusterholz
Alter 55
Wohnort Wädenswil
In der Feuerwehr Wädenswil seit 1994. Letzte ausgeübte Funktion: Kommandant (Hauptmann).

Name Caspar Hildebrand
Alter 40
Wohnort Wädenswil
In der Feuerwehr Wädenswil seit 2007. Letzte ausgeübte Funktion: Chef Ausbildungszug / Leutnant.

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