Feuilleton Wädenswil

Die heilende Kraft des Schreibens

Am 25. Oktober las Usama Al Shahmani auf Einladung der Lesegesellschaft in der Stadtbibliothek Wädenswil. Der Autor, ein politischer Flüchtling aus dem Irak, lebt seit 2002 in der Schweiz. Die Figur in seinem neuen Buch «Der Vogel zweifelt nicht am Ort, zu dem er fliegt» verlegt er zurück in seine Heimat. Heimat – das bedeutet für Al Shahmani viele positive Erinnerungen an nahe Menschen, allen voran an die Grossmutter, und gleichzeitig überall lauernde Gefahren und tiefe Ängste.
Bekannt wurde Usama Al Shahmani mit dem mehrfach ausgezeichneten Roman «In der Fremde sprechen die Bäume arabisch». Er schrieb diesen Text 2018 auf Deutsch, in einer Sprache, die er sich selbst beigebracht hat und die er mit arabischen Einflüssen anreichert.
Im Gespräch mit Judith Hollay Humm von der Lesegesellschaft erzählt der Autor, dass der Pro-tagonist in seinem neuen Roman «Der Vogel zweifelt nicht am Ort, zu dem er fliegt», der Akademiker Dafer Schiehen, ebenfalls aus dem Irak in der Schweiz geflüchtet ist und ein schwieriges Asylverfahren erfahren hat. Dafer lernt Deutsch, weil er spürt, dass die Sprache die Tür zu Land und Leuten ist. Weitere autobiografische Bezüge zeigen sich in Dafers angstvollen Erinnerungen, im Heimweh nach seinen Verwandten und in der steten Frage nach seiner Identität.
Dem Autor Al Shahmani bieten die Sprache und die Natur Kraft und eine Art Heilung. Im Wald findet er Freiheit; die Bäume wollen nicht wissen, woher er kommt – und sie sprechen arabisch.
Das Publikum dankte dem nahbaren Autor mit einem grossen Applaus für das persönliche Gespräch und für die Einblicke in sein Wesen, das trotz allem von Hoffnung und Zuversicht geprägt ist. Vielen Teilnehmenden wurde wohl dankbar bewusst, dass für sie Heimatlosigkeit nur eine vage Vorstellung ist. e

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