Im September zeigt das Volkstheater Wädenswil sein neues Stück «verliebt, verbüült, verbrännt» von Gina Gionfriddo. Regie führt Eva Mann. Sie hat das Stück auch aus dem Englischen übersetzt.
Interview: Ingrid Eva Liedtke
Bild: Mary Gmür
Die junge Theaterfrau studierte ursprünglich Germanistik, Philosophie und Altertumswissenschaften und anschliessend Schauspielregie an der East 15 Acting School in London und an der Theaterakademie Gitis in Moskau. Aktuell ist sie in Ausbildung zur Intimitäts-Koordinatorin. Sie hat schon in der Schweiz, in Deutschland, England, den USA und Russland inszeniert.
Eva Mann ist Preisträgerin des Zentralschweizer Theatertexte-Wettbewerbs 2021 mit dem Projekt «Vogelfrey». Zurzeit sind Texte von ihr in der Rubrik «Persönlich» des Urner Wochenblatts zu lesen.
Eva Mann führt oft und gerne Regie und arbeitet gerne auch mit nichtprofessionellen Darstellenden. Dabei freut es sie besonders, wenn sich Gruppen bisweilen an «anspruchsvolle» Texte wagen. Mehrsprachig aufgewachsen, hat Eva Mann besonderes Interesse am Austausch von Texten und Konzepten zwischen verschiedenen europäischen Theatertraditionen. So wird sie, zusammengefasst, auf ihrer Homepage beschrieben.
Auf die obligate Frage, ob sie mit den Manns verwandt ist, sagt sie: «Nein, ich habe weder diese Ehre noch diese Bürde.»
Trotzdem frage ich Eva Mann nochmals direkt: «Wer sind Sie?»
Es sprudelt sofort aus ihr heraus und alles dreht sich nur ums Theater: «Seit 12 Jahren führe ich beruflich Regie, manchmal spiele ich selber, manchmal übersetze ich, manchmal schreibe ich Stücke. Ich bin wohl das, was man vielseitig nennt. Zuerst wollte ich unbedingt Schauspielerin werden, wurde aber an der Schauspielschule abgelehnt. Erst jetzt wird mir klar, warum man mir damals sagte, ich solle mich doch für den Lehrgang Regie bewerben. Aber damals, mit 19, meinte ich, dass dies nichts für mich sei, sondern eher für gestandene Männer, die oft ein Wutmanagement-Problem haben.» Sie lacht. «Also studierte ich etwas Vernünftiges.»
Studium und Studententheater
Eva Mann erwarb zuerst einen Magister Artium in Germanistik, Philosophie und Altertumswissenschaften in Basel und Tübingen.
Sie erzählt weiter: «In Basel habe ich angefangen, bei einer Studententheatergruppe Regie zu führen und habe plötzlich verstanden: Es ist das grosse Ganze, das mich fasziniert, die Fragestellungen eines Stückes, wie prallen die Interessen der verschiedenen Figuren aufeinander; und mich interessiert die Arbeit mit den Menschen. Als Schauspielerin hingegen sollte man ja eher bei sich bleiben und an der Figur arbeiten.
So ging ich dann nach England, um eine Regieausbildung zu machen. Es hat sich als Glück herausgestellt, dass ich diese Ausbildung nicht schon mit Zwanzig gemacht hatte. Die East 15 Acting School in London war die genau richtige Schule für mich. Ich konnte sogar noch für ein Auslandsemester nach Moskau gehen. Das war eine harte Schule, aber superspannend. So durfte ich eine andere Theaterkultur kennenlernen, die nicht so kuschelig und gleichzeitig kopflastig ist wie die in England. In Russland arbeitet man intensiv, bis Mitternacht, und steht früh am Morgen schon wieder auf der Matte. Das muss man aushalten können. Es ist euphorisierend und man kommt in einen kreativen Rausch. Auf die Dauer ist diese Arbeitsweise aber vermutlich für viele Menschen nicht nachhaltig.
Nach meiner Ausbildung kam ich wieder in die Schweiz.
Momentan arbeite ich in Deutschland und in der Schweiz. Theater macht man da, wo man gefragt ist. Es ergeben sich Kollaborationen. Das führt einen herum. So hat es mich sogar schon nach Kenia geführt.»
Wenn man Eva Manns Lebenslauf liest, kommt man ausser Atem und man fragt sich unweigerlich, wie sie all dies unter einen Hut bringt.
«Es muss nicht einfach sein,» sagt sie schmunzelnd, «aber unbedingt spannend. Ich beschränke meinen Arbeitsumkreis nicht gerne auf einen Radius von 50 km, weil mir dann interessante Projekte durch die Lappen gehen könnten. Darum ist mein Wohnsitz sozusagen die SBB. Tatsächlich hatte ich schon viele Wohnorte. Das ist nicht ungewöhnlich für Menschen wie mich.»
Muss man sich so breit aufstellen, um in dieser Branche überhaupt zu überleben? «Nein, das würde ich nicht für alle Theaterschaffenden sagen wollen. Aber es stimmt wohl, dass man sich oft und immer wieder neu orientieren muss. Während Corona haben sich wohl viele überlegt, ob sie nicht besser Seelsorger werden. Denn Menschen, die Theater machen, lieben es, authentisch an den Menschen dran zu sein. Wir haben Fantasie und mögen es, etwas zu entwickeln. Wir arbeiten nah beieinander. Darum ist dann der Gedanke an therapeutische oder pflegende, ja seelsorgerische Berufe nicht allzu abwegig.»
Bei Eva Mann kam es nicht so weit, denn zu stark ist ihr Antrieb Theater zu machen.
Doch, ich will es noch genauer wissen: Gibt es einen Hauptgrund, einen Antrieb, der herausragt? «Das Spannendste ist die Verwandlung. In meiner idealen Welt wäre keine Schauspielerin nach einer Vorstellung die genau Gleiche wie vorher. Jede Rolle führt meiner Meinung nach zu einer Bewegung, die Verwandlung zu einer persönlichen Erweiterung der Darstellerin, des Darstellers. Grossartig wäre, wenn dasselbe auch für die Zuschauer gelten würde. Damit meine ich: Wir Theaterleute geben Anstösse. Wir bitten Menschen, über etwas nachzudenken, nachzufühlen. Ich hoffe, etwas anzustossen, auch wenn ich darüber keine Kontrolle brauche.
Nichts ist spannender als der Mensch. Im Theater hat man immer mit Menschen zu tun. Es geht auch darum, was alles in diesen Menschen angelegt ist, was sich entwickelt oder nicht.»
Sie führen Regie, Sie sind auch Schauspielerin, Sie unterrichten. Was tun Sie am liebsten? «Immer das, was ich gerade tue. Es ist immer eine Frage des Themas und der involvierten Menschen und natürlich, ob ich die Aufgabe und sie mich erfüllen kann.»
Volkstheater Wädenswil und das aktuelle Stück
Das Volkstheater Wädenswil und Eva Mann haben sich auf Anhieb verstanden. «Das Volkstheater Wädenswil bearbeitet auch Stoffe, die nicht vordergründig gefällig sind. Diese Leute wagen etwas, sind offen für Neues, die Schauspieler, wie auch die Leute im Vorstand. Das gefällt mir.» Das aktuelle Stück war nominiert für den Theater-Pulitzerpreis.
«Erstaufführungen, und dann noch in einer anderen Sprache, machen normalerweise Schauspielhäuser, nicht unbedingt Laientheater in einer mittelgrossen helvetischen Stadt. Das ist aussergewöhnlich. Darum brauchte es viel ‹ackern› von meiner Seite und viel Vertrauen und Wagemut des Volkstheater. Erst im letzten Moment wurde klar, dass wir das machen können. Auf solche ‹Spässe› lassen sich nicht alle Theatergruppen ein.»
Das Stück sei ursprünglich nicht für das Volkstheater geschrieben worden. Daher sei es auch nicht einfach, die Rechte zu bekommen, es zu spielen.
Eva Mann sah das Stück als ursprüngliche Produktion vor acht Jahren anlässlich eines Stipendiums am Lincoln Center Directors Lab in New York. Da wusste sie, dass sie es übersetzen und aufführen wollte.
Was ist besonders an der Arbeit mit Laiendarstellern?
«Es ist unbestritten, dass professionelle Schauspielerinnen und Schauspieler, aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer Erfahrung, gewisse Dinge schneller abrufen können. Aber in vielen Fällen ist Professionalität eine Haltung, die man zu seiner Arbeit hat. Diese ist durchaus auch bei Laien zu finden.
In einer Produktion mit Laien hat man meistens mehr Zeit. Man kann etwas ruhen lassen, wenn es nicht funktioniert, um es dann später mit ein wenig Abstand wieder aufzunehmen.
Leider werden Laienschauspieler oft nicht so ernst genommen. Laien machen Theater, weil es ihr Hobby und ihre Leidenschaft ist. Sie sind mit Leib und Seele dabei. Es ist ein Privileg, mit Menschen zu arbeiten, für die das Spielen ein Geschenk ist – an sie selber. Mehr kann man nicht tun.»
Ob man mit Profis oder mit Laien arbeite, schliesslich müsse immer diese Nische gefunden werden, in der der Mensch zuvorderst ist.
Das Stück «verliebt, verbüült, verbrännt» behandelt ein wichtiges Lebensthema.
Es handelt von Menschen, die in ihrer Lebensmitte ihr Leben hinterfragen. Wäre es anders geworden, wenn sie ein paar Weichen anders gestellt hätten?
«Diese Frage scheint mir noch virulenter zu sein für Frauen, weil die Frage immer auch die Themen Familie und Beruf einschliesst, diese aber auch weit auseinanderführen kann. Wir sind jetzt auf dem Papier gleichberechtigt, aber sind wir das in unseren privaten Wohnzimmern auch? Sind wir es in unseren Beziehungen, in unseren eigenen Entscheidungen? Stutze ich mich selbst schon zurecht, weil ich 40 Jahre in einem weiblich gelesenen Körper gelebt habe? Wie sehr spielen die transgenerationalen Muster eine Rolle, und wie und wann können wir sie überwinden?»
Auf der Bühne stehen drei Generationen Frauen: Alice, 70, ist die älteste, Avery, 21, die jüngste. Sie sagt, sie sei keine Feministin und meint: «Wenn man die richtige Karriere wählt, kann man den Haushaltskram delegieren!» Die mittlere Generation, Gwen und Catherine, tauschen ihr Leben, und das sorgt natürlich für viel Zündstoff und wohl auch für Komik.
Intimitäts-Koordinatorin
Damit auch die Intimszenen eines Stücks mit Umsicht inszeniert werden, befindet sich Eva Mann noch in einer Ausbildung zur Intimitäts-Koordinatorin. Sie sagt dazu: «Wenn man auf der Bühne Intimität darstellen will, galt bis vor kurzem die Annahme, dass die Protagonisten schon irgendwie wissen, wie das geht. Das führte zu unangenehmen Situationen, in einigen Fällen zu viel Missbrauch und ungeahndeten Übergriffen.
Die Vorstellung, dass man intime Szenen genauso sachlich choreografieren kann wie einen Bühnenkampf, hat dazu geführt, dass man diesen Job kreiert hat. Es ist auch ein Versuch, Machtstrukturen im Theater anders zu denken.»
Es gibt immer Machtstrukturen. Der Regisseur hat immer Macht. Das wäre eine Lüge, würde man das nicht anerkennen. Darum ist es gut, wenn Macht geteilt wird, transparent ist und immer hinterfragt werden kann von unabhängigen Personen.
Der Intimitäts-Koordinator ist auch Anlaufstelle und eine Person, die die Regie ergänzt. Geteilte Macht ist immer gut, ist schliesslich auch eine Unterstützung für die Regisseurin. Alle leisten das Beste, wenn sie sich sicher fühlen.
Privatleben?
Eva Mann ist eine sehr engagierte Theaterfrau und Frau. Die Frage nach ihrem Privatleben, nach Familie, ist ihr suspekt, weil Frauen diesbezüglich zu oft in einen beurteilenden Kontext gestellt werden.
Sie sagt: «Die mir in Liebe und Freundschaft verbundenen Menschen inspirieren mich, fangen mich auf, fordern mich (auf bestmögliche Weise) heraus und ermutigen mich, die Arbeit zu geniessen – aber auch die Musse.»
Die Frage nach Familie, nach Lebenspartner und Freundschaft ist eine grosse Lebensfrage. Vielleicht hat das Stück «verliebt, verbüült, verbrännt» ein paar Antworten. n
Im September zeigt das Volkstheater Wädenswil sein neues Stück «verliebt, verbüült, verbrännt» von Gina Gionfriddo. Regie führt Eva Mann. Sie hat das Stück auch aus dem Englischen übersetzt.
Interview: Ingrid Eva Liedtke
Bild: Mary Gmür
Die junge Theaterfrau studierte ursprünglich Germanistik, Philosophie und Altertumswissenschaften und anschliessend Schauspielregie an der East 15 Acting School in London und an der Theaterakademie Gitis in Moskau. Aktuell ist sie in Ausbildung zur Intimitäts-Koordinatorin. Sie hat schon in der Schweiz, in Deutschland, England, den USA und Russland inszeniert.
Eva Mann ist Preisträgerin des Zentralschweizer Theatertexte-Wettbewerbs 2021 mit dem Projekt «Vogelfrey». Zurzeit sind Texte von ihr in der Rubrik «Persönlich» des Urner Wochenblatts zu lesen.
Eva Mann führt oft und gerne Regie und arbeitet gerne auch mit nichtprofessionellen Darstellenden. Dabei freut es sie besonders, wenn sich Gruppen bisweilen an «anspruchsvolle» Texte wagen. Mehrsprachig aufgewachsen, hat Eva Mann besonderes Interesse am Austausch von Texten und Konzepten zwischen verschiedenen europäischen Theatertraditionen. So wird sie, zusammengefasst, auf ihrer Homepage beschrieben.
Auf die obligate Frage, ob sie mit den Manns verwandt ist, sagt sie: «Nein, ich habe weder diese Ehre noch diese Bürde.»
Trotzdem frage ich Eva Mann nochmals direkt: «Wer sind Sie?»
Es sprudelt sofort aus ihr heraus und alles dreht sich nur ums Theater: «Seit 12 Jahren führe ich beruflich Regie, manchmal spiele ich selber, manchmal übersetze ich, manchmal schreibe ich Stücke. Ich bin wohl das, was man vielseitig nennt. Zuerst wollte ich unbedingt Schauspielerin werden, wurde aber an der Schauspielschule abgelehnt. Erst jetzt wird mir klar, warum man mir damals sagte, ich solle mich doch für den Lehrgang Regie bewerben. Aber damals, mit 19, meinte ich, dass dies nichts für mich sei, sondern eher für gestandene Männer, die oft ein Wutmanagement-Problem haben.» Sie lacht. «Also studierte ich etwas Vernünftiges.»
Studium und Studententheater
Eva Mann erwarb zuerst einen Magister Artium in Germanistik, Philosophie und Altertumswissenschaften in Basel und Tübingen.
Sie erzählt weiter: «In Basel habe ich angefangen, bei einer Studententheatergruppe Regie zu führen und habe plötzlich verstanden: Es ist das grosse Ganze, das mich fasziniert, die Fragestellungen eines Stückes, wie prallen die Interessen der verschiedenen Figuren aufeinander; und mich interessiert die Arbeit mit den Menschen. Als Schauspielerin hingegen sollte man ja eher bei sich bleiben und an der Figur arbeiten.
So ging ich dann nach England, um eine Regieausbildung zu machen. Es hat sich als Glück herausgestellt, dass ich diese Ausbildung nicht schon mit Zwanzig gemacht hatte. Die East 15 Acting School in London war die genau richtige Schule für mich. Ich konnte sogar noch für ein Auslandsemester nach Moskau gehen. Das war eine harte Schule, aber superspannend. So durfte ich eine andere Theaterkultur kennenlernen, die nicht so kuschelig und gleichzeitig kopflastig ist wie die in England. In Russland arbeitet man intensiv, bis Mitternacht, und steht früh am Morgen schon wieder auf der Matte. Das muss man aushalten können. Es ist euphorisierend und man kommt in einen kreativen Rausch. Auf die Dauer ist diese Arbeitsweise aber vermutlich für viele Menschen nicht nachhaltig.
Nach meiner Ausbildung kam ich wieder in die Schweiz.
Momentan arbeite ich in Deutschland und in der Schweiz. Theater macht man da, wo man gefragt ist. Es ergeben sich Kollaborationen. Das führt einen herum. So hat es mich sogar schon nach Kenia geführt.»
Wenn man Eva Manns Lebenslauf liest, kommt man ausser Atem und man fragt sich unweigerlich, wie sie all dies unter einen Hut bringt.
«Es muss nicht einfach sein,» sagt sie schmunzelnd, «aber unbedingt spannend. Ich beschränke meinen Arbeitsumkreis nicht gerne auf einen Radius von 50 km, weil mir dann interessante Projekte durch die Lappen gehen könnten. Darum ist mein Wohnsitz sozusagen die SBB. Tatsächlich hatte ich schon viele Wohnorte. Das ist nicht ungewöhnlich für Menschen wie mich.»
Muss man sich so breit aufstellen, um in dieser Branche überhaupt zu überleben? «Nein, das würde ich nicht für alle Theaterschaffenden sagen wollen. Aber es stimmt wohl, dass man sich oft und immer wieder neu orientieren muss. Während Corona haben sich wohl viele überlegt, ob sie nicht besser Seelsorger werden. Denn Menschen, die Theater machen, lieben es, authentisch an den Menschen dran zu sein. Wir haben Fantasie und mögen es, etwas zu entwickeln. Wir arbeiten nah beieinander. Darum ist dann der Gedanke an therapeutische oder pflegende, ja seelsorgerische Berufe nicht allzu abwegig.»
Bei Eva Mann kam es nicht so weit, denn zu stark ist ihr Antrieb Theater zu machen.
Doch, ich will es noch genauer wissen: Gibt es einen Hauptgrund, einen Antrieb, der herausragt? «Das Spannendste ist die Verwandlung. In meiner idealen Welt wäre keine Schauspielerin nach einer Vorstellung die genau Gleiche wie vorher. Jede Rolle führt meiner Meinung nach zu einer Bewegung, die Verwandlung zu einer persönlichen Erweiterung der Darstellerin, des Darstellers. Grossartig wäre, wenn dasselbe auch für die Zuschauer gelten würde. Damit meine ich: Wir Theaterleute geben Anstösse. Wir bitten Menschen, über etwas nachzudenken, nachzufühlen. Ich hoffe, etwas anzustossen, auch wenn ich darüber keine Kontrolle brauche.
Nichts ist spannender als der Mensch. Im Theater hat man immer mit Menschen zu tun. Es geht auch darum, was alles in diesen Menschen angelegt ist, was sich entwickelt oder nicht.»
Sie führen Regie, Sie sind auch Schauspielerin, Sie unterrichten. Was tun Sie am liebsten? «Immer das, was ich gerade tue. Es ist immer eine Frage des Themas und der involvierten Menschen und natürlich, ob ich die Aufgabe und sie mich erfüllen kann.»
Volkstheater Wädenswil und das aktuelle Stück
Das Volkstheater Wädenswil und Eva Mann haben sich auf Anhieb verstanden. «Das Volkstheater Wädenswil bearbeitet auch Stoffe, die nicht vordergründig gefällig sind. Diese Leute wagen etwas, sind offen für Neues, die Schauspieler, wie auch die Leute im Vorstand. Das gefällt mir.» Das aktuelle Stück war nominiert für den Theater-Pulitzerpreis.
«Erstaufführungen, und dann noch in einer anderen Sprache, machen normalerweise Schauspielhäuser, nicht unbedingt Laientheater in einer mittelgrossen helvetischen Stadt. Das ist aussergewöhnlich. Darum brauchte es viel ‹ackern› von meiner Seite und viel Vertrauen und Wagemut des Volkstheater. Erst im letzten Moment wurde klar, dass wir das machen können. Auf solche ‹Spässe› lassen sich nicht alle Theatergruppen ein.»
Das Stück sei ursprünglich nicht für das Volkstheater geschrieben worden. Daher sei es auch nicht einfach, die Rechte zu bekommen, es zu spielen.
Eva Mann sah das Stück als ursprüngliche Produktion vor acht Jahren anlässlich eines Stipendiums am Lincoln Center Directors Lab in New York. Da wusste sie, dass sie es übersetzen und aufführen wollte.
Was ist besonders an der Arbeit mit Laiendarstellern?
«Es ist unbestritten, dass professionelle Schauspielerinnen und Schauspieler, aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer Erfahrung, gewisse Dinge schneller abrufen können. Aber in vielen Fällen ist Professionalität eine Haltung, die man zu seiner Arbeit hat. Diese ist durchaus auch bei Laien zu finden.
In einer Produktion mit Laien hat man meistens mehr Zeit. Man kann etwas ruhen lassen, wenn es nicht funktioniert, um es dann später mit ein wenig Abstand wieder aufzunehmen.
Leider werden Laienschauspieler oft nicht so ernst genommen. Laien machen Theater, weil es ihr Hobby und ihre Leidenschaft ist. Sie sind mit Leib und Seele dabei. Es ist ein Privileg, mit Menschen zu arbeiten, für die das Spielen ein Geschenk ist – an sie selber. Mehr kann man nicht tun.»
Ob man mit Profis oder mit Laien arbeite, schliesslich müsse immer diese Nische gefunden werden, in der der Mensch zuvorderst ist.
Das Stück «verliebt, verbüült, verbrännt» behandelt ein wichtiges Lebensthema.
Es handelt von Menschen, die in ihrer Lebensmitte ihr Leben hinterfragen. Wäre es anders geworden, wenn sie ein paar Weichen anders gestellt hätten?
«Diese Frage scheint mir noch virulenter zu sein für Frauen, weil die Frage immer auch die Themen Familie und Beruf einschliesst, diese aber auch weit auseinanderführen kann. Wir sind jetzt auf dem Papier gleichberechtigt, aber sind wir das in unseren privaten Wohnzimmern auch? Sind wir es in unseren Beziehungen, in unseren eigenen Entscheidungen? Stutze ich mich selbst schon zurecht, weil ich 40 Jahre in einem weiblich gelesenen Körper gelebt habe? Wie sehr spielen die transgenerationalen Muster eine Rolle, und wie und wann können wir sie überwinden?»
Auf der Bühne stehen drei Generationen Frauen: Alice, 70, ist die älteste, Avery, 21, die jüngste. Sie sagt, sie sei keine Feministin und meint: «Wenn man die richtige Karriere wählt, kann man den Haushaltskram delegieren!» Die mittlere Generation, Gwen und Catherine, tauschen ihr Leben, und das sorgt natürlich für viel Zündstoff und wohl auch für Komik.
Intimitäts-Koordinatorin
Damit auch die Intimszenen eines Stücks mit Umsicht inszeniert werden, befindet sich Eva Mann noch in einer Ausbildung zur Intimitäts-Koordinatorin. Sie sagt dazu: «Wenn man auf der Bühne Intimität darstellen will, galt bis vor kurzem die Annahme, dass die Protagonisten schon irgendwie wissen, wie das geht. Das führte zu unangenehmen Situationen, in einigen Fällen zu viel Missbrauch und ungeahndeten Übergriffen.
Die Vorstellung, dass man intime Szenen genauso sachlich choreografieren kann wie einen Bühnenkampf, hat dazu geführt, dass man diesen Job kreiert hat. Es ist auch ein Versuch, Machtstrukturen im Theater anders zu denken.»
Es gibt immer Machtstrukturen. Der Regisseur hat immer Macht. Das wäre eine Lüge, würde man das nicht anerkennen. Darum ist es gut, wenn Macht geteilt wird, transparent ist und immer hinterfragt werden kann von unabhängigen Personen.
Der Intimitäts-Koordinator ist auch Anlaufstelle und eine Person, die die Regie ergänzt. Geteilte Macht ist immer gut, ist schliesslich auch eine Unterstützung für die Regisseurin. Alle leisten das Beste, wenn sie sich sicher fühlen.
Privatleben?
Eva Mann ist eine sehr engagierte Theaterfrau und Frau. Die Frage nach ihrem Privatleben, nach Familie, ist ihr suspekt, weil Frauen diesbezüglich zu oft in einen beurteilenden Kontext gestellt werden.
Sie sagt: «Die mir in Liebe und Freundschaft verbundenen Menschen inspirieren mich, fangen mich auf, fordern mich (auf bestmögliche Weise) heraus und ermutigen mich, die Arbeit zu geniessen – aber auch die Musse.»
Die Frage nach Familie, nach Lebenspartner und Freundschaft ist eine grosse Lebensfrage. Vielleicht hat das Stück «verliebt, verbüült, verbrännt» ein paar Antworten. n