Richterswil Vereine

«Grosse Männer soll man bewundern, aber nie kennenlernen»

Regisseur Jordi Vilardaga zeigt mit seinem Stück «Kolumbus», dass sich die Geschichte des Menschen nie ändert.
Die Theatergruppe Richterswil brachte das Thema eindrücklich auf die Bühne.

Text: Reni Bircher
Bilder: Barbara Keller

Die Geschichte des Christoph Kolumbus kennen eigentlich alle mehr oder weniger gut. Das von Vilardaga umgeschriebene Stück ist eine Mischung aus Parodie und Tragödie, eine ironische Betrachtungsweise einer Weltanschauung, die mit «Kolumbus» auf die Bühne gezerrt und ins Scheinwerferlicht gestellt wird, um zu zeigen: Seit Jahrhunderten ist der Mensch unfähig, sich zu ändern. «Es ist ein Versuch aufzuzeigen, dass die Zeit, die Geschichte des Entdeckers fatalerweise Parallelen zur Gegenwart aufzeigt», erklärt der spanischstämmige Regisseur.
Umso lustvoller bringt die Theatergruppe das Thema auf die Bühne. Es ist die vierte Zusammenarbeit von Jordi Vilardaga mit der TGR. Das erste Mal sprang er fünf Tage vor der Premiere für einen Schauspieler ein, danach führte er Regie, heuer zum dritten Mal. Von der Truppe schwärmt er in den höchsten Tönen: «Ich bin ausgebildeter Theaterregisseur und arbeite sonst nicht mit Laien. Aber diese Gruppe zeigt menschlich, hinter und vor der Bühne, eine so hohe Qualität, dass es mir unglaublich viel Spass macht, mit ihnen zu arbeiten».

Das Stück

Die Welt, auf die Kolumbus mit seinen drei Schiffen voller Gauner – sei es aus Hochfinanz, Politik oder dem Gefängnis – trifft, gilt es zu unterwerfen. Dass die indigene Bevölkerung ihr Kriegstreiben längst hinter sich gelassen und ein gewaltfreies und den materialistischen Werten abgewandtes Leben führt, will den Eroberern nicht in den Kopf. Von Gier und Machtansprüchen getrieben, setzen sie alles daran, das Land so zu gestalten, wie es in ihren Augen richtig ist, so wie es in «ihrer» Welt zu funktionieren hat.
In seiner Naivität erkennt Kolumbus nicht, dass er längst zum Spielball der Mächtigen geworden ist und seine Wünsche und Träume nichts bedeuten. Die Welt mag zwar rund sein, doch rund laufen tut sie sicher nicht.

Spiel vor vollen Rängen

An der Premiere vom 30. Juni ist jeder Platz besetzt. Der Bühnenbau scheint auf den ersten Blick minimalistisch, entpuppt sich dann aber im Laufe des Spiels als ausgeklügeltes «Klötzchensystem», aus dem ein Schiffsbauch, ein Thron, ein Ratssaal oder ein Indianerzelt gezaubert wird, mal Einheitsgrau, mal lebensfroh bunt. Wenn die Bühne umgebaut wird, passiert das so harmonisch und ruhig, dass es beinahe eine meditative Wirkung hat.
Einige Schauspielerinnen und Schauspieler schlüpfen in mehrere Rollen und zeigen damit ihr Können und wie wandelbar sie agieren. Äusserlich werden sie unterstützt durch die wunderbaren und sorgsam ausgewählten Kostüme. Textsicher spielt ein jeder seinen Part, das von den Matrosen gesungene Trinklied wird kraftvoll durch den Raum geschmettert. Dass die Truppe ins Publikum blickt, wenn es Richtung Westen schaut, löst eine berührende – und gleichzeitig unangenehme – Betroffenheit aus.
Die Aufführung wurde mit heftigem Beifall bedankt, was ein wiederholtes Auftreten und Verbeugen der gesamten TGR-Crew notwendig machte.

«Kolumbus» läuft noch bis zum 15. Juli im Theater Ticino in Wädenswil.
Vorstellungstermine und weitere Infos unter: www.tgr.ch

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