Wädenswil

«Bin Rääbe» soll saniert werden

Sie erinnert etwas an DDR-Nostalgie, an Plattenbauten und Sozialismus. Tatsächlich erfüllt die Siedlung «Bin Rääbe» einen sozialen Zweck, sind dort doch Alterswohnungen untergebracht. Ab 1969 konnten die ersten Bewohnerinnen und Bewohner einziehen. Seither ist nicht viel passiert, Menschen kamen und gingen; am und vor allem im Gebäude wurde wenig gemacht. Nun nimmt der Stadtrat einen neuen Anlauf für eine altersgerechte und längst überfällige Sanierung.

Text & Bilder: Stefan Baumgartner

Die Geschichte der Siedlung begann 1962, als sich eine erste gemeinderätliche Kommission bildete. Das Land wurde im Baurecht von der J. Schnyder AG bereitgestellt, die an der Einsiedlerstrasse die «Rosshaari» betrieb, wo industriell Rosshaar-Matratzen gefertigt wurden.1964 wurden Projektstudien vorgelegt, im Oktober 1966 genehmigten die Stimmbürger den Projektierungs- und 1968 den Objektkredit. Am 1. November 1969 war der erste und am 1. Mai 1970 der zweite Block bezugsbereit. Das Gebäude längs zur Etzelstrasse hin wurde im Jahre 2006 mit Balkonen aufgewertet.
2008 stimmten die Wädenswiler Stimmbürgerinnen und -bürger dem Kauf des Baurechtslands zu, die 5300 Quadratmeter Land gingen für 2,24 Millionen Franken in den Besitz der Stadt über.
Im Frühjahr 2012 hat der Stadtrat die wärmetechnische Sanierung der Flachdächer und die Erstellung von Solaranlagen für die Strom- und Wärmeerzeugung bei der Alterssiedlung «Bin Rääbe» bewilligt. Nach sechsmonatiger Bauzeit konnten die Arbeiten abgeschlossen und die Solaranlagen Anfang September in Betrieb genommen werden. 160 Photovoltaik-Module produzieren seither auf einer Fläche von 260 m2 jährlich etwa 38 000 kWh Strom (Jahresbedarf von etwa 10 Einfamilienhäuser), die ins Netz eingespeist werden. Daneben liefern 28 Sonnenkollektoren Energie, die etwa 60% des Jahresverbrauchs der Alterssiedlung an Boilerwasser decken.
Verbunden sind die beiden Blöcke der Siedlung mit einem Gemeinschaftsraum. Dieser Mitteltrakt wurde 2016 wärmetechnisch saniert, durch den Einbau von Schiebetüren wurde er rollstuhlgängig. Die Gebäudehüllen wurden nach den geltenden wärmetechnischen Vorschriften gedämmt, die 45-jährigen Fenster wurden durch Holz-Metall-Fenster ersetzt.

Nur an den Wohnungen selbst wurde wenig gemacht: Die 1-Zimmer-Wohnungen haben kein eigenes Bad; Bewohnerinnen und Bewohner treffen sich im Gemeinschaftsbad zur Körperpflege. In den Badezimmern der 2-Zimmer-Wohnungen sind Badewannen eingebaut, teils sind Balkone nur über eine Schwelle zugänglich: beides umständlich für Leute mit Behinderung. Gekocht wird bis heute auf Kochherden mit Gusseisenplatten. Eine Zeitlang wurden 1-Zimmer- zu 2-Zimmer-Wohnungen zusammengelegt, eher konzeptlos und bis der Stadt wohl das Geld dafür ausging.

Neuer Anlauf für umfassende Sanierung und Aufwertung

Bereits 2022 bewilligte der Stadtrat gesamthaft CHF 120 000 je Anlage als erste Planungskosten. Die eigentliche Projektierung der Erneuerung wurde jedoch zugunsten der Erarbeitung strategischer Grundlagen aufgeschoben, wobei primär die Analyse des Potenzials der Anlage im Fokus stand, ohne den Zustand im Detail analysiert zu haben. Man gehe aber davon aus, dass aufgrund des Baujahres zahlreiche Bauteile eine Schadstoffbelastung aufweisen und die Gebäudehülle und gebäudetechnischen Installationen kaum mehr den heutigen Vorschriften entsprechen, vermutet der Stadtrat.

Im städtischen Budget 2023 wurden nun CHF 200 000 eingestellt, in dem jedoch die Kosten für die externe Bauherrenvertretung (CHF 50 000) und die Eigenleistungen für die Projektleitung durch die Dienststelle Immobilien (CHF 30 000) nicht berücksichtig sind.

Damit für die nun anstehende Sanierung der bestehenden Baukörper für die Bewohnerinnen und Bewohnern Flexibilität geboten werden kann, wird in der jetzt bestehenden Park- und Grünanlage ein «Satellit», ein mehrstöckiger Neubau, geplant, in dem 16 1-Zimmer-Wohnungen entstehen sollen. Dieser würde folglich zuerst erstellt, bevor die Sanierung der bestehenden Bauten beginnt. Die Kosten für diese Verdichtung werden auf CHF 5 200 000 geschätzt (bei einer Genauigkeit von +/- 25%).

In der Machbarkeitsstudie werden gemäss stadträtlichem Protokoll die Kosten für die Sanierung der Schlossbergstrasse 15 (Baute quer zur Etzelstrasse) mit CHF 9 750 000 beziffert und beinhalten auch die energetische Sanierung der Gebäudehülle. Zudem würde durch den Gebäudeeingriff eine Nutzflächenvergrösserung erzielt, die neben dem Werterhalt auch eine Wertvermehrung darstelle. Allerdings weist der Stadtrat jetzt schon daraufhin, dass der Genauigkeitsgrad der Kostenschätzung sehr grob sei und im Verlaufe der Planung «geschärft und die Höhe der gesamthaften Kosten reduziert werden müssen».

Im Trakt der Schlossbergstrasse 13 soll eine eingeschränkte Sanierung laufend durchgeführt werden. Sobald ein Mieter ausziehe, würde die Wohnung sanft renoviert, mit Tausch der Badewanne gegen eine schwellenlose Dusche und «weiteren kleineren Verbesserungen».

Um diese umfassenden und lange hinausgeschobenen Arbeiten in der Siedlung angehen zu können, werde die Durchführung einer Generalplanersubmission angestrebt. Die Erkenntnisse aus der Sanierung der «Bin Rääbe» sollen dann ausserdem in die etwas jüngere Alterssiedlung «Am Tobelrai» einfliessen.

Finanzierung

Gemäss Vorgehensplan soll das Planer-Wahlverfahren bis Ende Oktober 2023 abgeschlossen sein. Somit wird für das Jahr 2023 gesamthaft mit Planungskosten von CHF 250 000 plus CHF 30 000 für die interne Projektleitung zu rechnen sein. Die Projektierung betrifft sowohl die Sanierung der bestehenden Gebäude als auch den neu zu erstellenden Satelliten. Da der Auslöser für das Projekt die Sanierung der bestehenden Alterswohnungen ist und auch der überwiegende Teil der anfallenden Projektierungskosten die Sanierung betreffen, könne der gesamte Projektierungskredit bei der Beurteilung der Gebundenheit als Ganzes betrachtet werden. Mit der Projektierung sollen die Grundlagen für eine fundierte Entscheidungsfindung erarbeitet werden, schreibt der Stadtrat.

Urnenabstimmung 2025

Nach erfolgter Projekt- und Kreditfreigabe werden die ausgewählten Planer mit der Vorbereitung und Durchführung der Submission beauftragt, danach wird Ende 2023 das Vorprojekt gestartet. Im Januar 2024 soll der Projektierungskredit in der Höhe von etwa CHF 800 000 bis 1 200 000 durch den Stadtrat gesprochen werden, danach startet das Vor- und Bauprojekt und die Baubewilligungsphase bis Ende 2024. Die stadträtliche Weisung soll Anfang 2025 in den Gemeinderat, in der zweite Jahreshälfte soll an der Urne über den Baukredit abgestimmt werden. Und dann kann schliesslich an die Realisierung gedacht werden.
Solange können die älteren Menschen in der «Rääbe» noch die Aussicht ohne Baulärm geniessen – etwa in Richtung Glarner Alpen, mit Sicht auf die preisgekrönte «Studentenvilla» an der Meierhofstrasse, wo niemand zum Duschen in den Keller muss.

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