Ein Aufatmen geht durch die Reihen der Wädenswiler Kinogemeinde. Das Schloss-Cinéma ist gerettet, eine Nachfolgerin gefunden!
Text: Ingrid Eva Liedtke
Bilder: stb/zvg
Am 30. April feierte man die Schlüsselübergabe des altehrwürdigen Kinos, nun SchlossCinema genannt. Sabrina Lejeune, eine erfahrene Kinofrau, hat den beliebten Lichtspieltempel von seinen langjährigen Besitzern Sascha Heubacher und Alfonso Bruchmann übernommen. Das Kino ist schon 101 Jahre alt!
Sabrina Lejeune ist kein unbeschriebenes Blatt. Sie hat schon einige Erfahrungen in der Kinobranche gesammelt, und zwar hemdsärmlig, von unten her.
Gelernt ist gelernt
«Ich habe ursprünglich bei der Kitag in der Administration gearbeitet. Da wurde ich mit dem Kinovirus infiziert. Ich habe Marketing und Eventleitung gemacht, habe Vorpremieren organisiert. Das alles hat mir immer sehr gefallen, und ich habe viel dabei gelernt.»
Man kann davon ausgehen, dass Sabrina Lejeune von der Pike auf alles gelernt hat, was es braucht, um dieses kleine, feine Kino in Wädenswil in die Zukunft zu führen.
Ein Herzensprojekt
Die Mutter einer 8-jährigen Tochter sieht sich als Familienmensch, aber auch als Frau, die alles gibt – 200%, sagt sie –, wenn sie mit Herzblut ihr Projekt verfolgt. «Ich versuche alles, was ich anpacke, richtig gut zu machen.»
Sie hat, wie sie sagt, schon viele Stationen durchlaufen und gleichzeitig darauf gewartet, dass sich eine Türe auftut – zu genau dieser neuen Aufgabe. «Es gäbe sicher andere, auch besser entlöhnte Optionen, doch es war mir sehr wichtig an einem Ort zu wirken, wo ich in direktem Kontakt mit Menschen sein kann. Für ein solches Herzensprojekt bin ich auch bereit einiges auf mich zu nehmen. Ich komme aus dem Tösstal und habe somit einen ziemlich langen Arbeitsweg. Ich muss mich auch wegen der Betreuung meiner Tochter organisieren. Doch als mir diese Gelegenheit begegnete – ein glücklicher Zufall –, da wusste ich sofort: Das ist es! Das entspricht mir! Vielleicht war es auch Schicksal.
Hier kann ich das Meiste selber entscheiden und muss aber auch alles selber machen: WC-Putzen, Popcorn verkaufen, Plakate auswechseln, das Programm zusammenstellen, Filme auswählen, Regisseure einladen und interviewen. Das ist toll!»
Ein Wagnis
Dass es ein Wagnis ist, das Kino in Wädenswil zu führen, ist der Selfmade-Woman bewusst. «Es ist auch ein Risiko. Ich kann mir erst einen Lohn auszahlen, wenn genügend Kinogäste kommen. Ich habe einen Verein gegründet im Bekanntenkreis, und ich hoffe auch auf Kulturförderung. Für mich ist das kein Hobby oder Nebenjob. Auch, dass jetzt die Sommersaison beginnt, ist ein eher erschwerender Faktor. Andererseits kann ich mich langsam vortasten, und ich habe eine gute Unterstützung in meinen Vorgängern, die ich immer um Rat fragen und von denen ich auch einiges übernehmen kann. Ich bin positiv eingestellt und hoffe, dass ich die Chance bekomme, mich zu beweisen. Darum haben wir am 30. April diese gemeinsame Übergabe gemacht, damit die Leute mich kennenlernen und Vertrauen aufbauen können.»
Einiges funktioniert schon gut
Generell ist vieles schon gut aufgegleist. So muss Lejeune nicht alles neu erfinden. Was gut funktioniert, soll weiter bestehen. Ähnlich wie ihre Vorgänger möchte sie auch die Filmauswahl angehen, ein paar grössere Filme für ein breites Publikum, dann aber auch kleine Produktionen, Dokus, Arthouse-Filme.
«Es geht einerseits darum, eine breite Angebotsvielfalt zu bieten. Die Kinobesucherinnen und -besucher von Wädenswil sollen alle etwas nach ihrem Gusto finden können. Aber die Kasse muss schliesslich auch stimmen.»
Kinos haben es nicht einfach
Kinos haben es generell nicht einfach, kleine noch viel weniger. Fragen wie «Wie wird der Sommer?», «Wie kommt dieser oder jener Film an?», «Kann man davon ausgehen, dass 12 000 Gäste im Jahr kommen?», «Wird es sich rechnen?», «Werde ich möglichst viele Leute ansprechen können?», stehen im Raum. Sabrina Lejeune kann sie sich nicht im Voraus beantworten.
Persönlicher Kontakt und Neuheiten
«Ich werde oft hier vor Ort sein, um zu spüren, wie die Leute reagieren. Es liegt mir im Kontakt mit den Menschen zu sein. Nur so können Kinos überleben. Ich will Anlässe für bestimmte Gruppen organisieren. Ein Beispiel: Wir werden «Unser Vater» zeigen und dazu ein Podiumsgespräch mit einem katholischen Seelsorger anbieten. Oder ein Regiesseur wird zur Premiere geladen, so dass er dem Publikum erzählen kann, was er sich bei dem Film gedacht hat, was seine Motivation war. Das Kino muss einen Mehrwert anbieten im Vergleich zu den Streamingdiensten. Ich werde neu einen Newsletter machen, sozialere Medien bedienen, ich werde ein Programm zum Mitnehmen kreieren, damit die Leute auch wissen, was nächstens läuft. Vereine sollen kontaktiert werden, Firmenveranstaltungen möglich sein. Die Website wird zukünftig überarbeitet, dass man vielleicht sogar online reservieren kann.
Ich durfte schon eine «Ladies Night» miterleben. Das war sehr schön, lieben und dankbaren Gäste zu begegnen, die sich freuten, dass es weiter geht mit dem Kino.»
Gerade ist im SchlossCinema noch ein neuer Filmprojektor und Server installiert worden. Somit ist es möglich, dass gewisse Untertitelformate wieder gelesen werden und somit wieder Filme mit Untertiteln gezeigt werden können.
Wirkt sich Corona immer noch aus? «Ja, die Zahlen bestätigen das. Die Streaminganbieter sind seither sehr stark. Die Zielgruppe der Jugendlichen ist vor allem weggebrochen. Viele Kinder, zum Beispiel Primarschüler, waren noch gar nie im Kino. Man hat sich während Corona zuhause arrangiert und hat das so beibehalten. Die Kinozahlen sind zurück auf etwa 70% von 2019. Das ist schon gut. Generell freue ich mich über die 50 Leute, die kommen, und heule nicht wegen den 100, die nicht kommen. Das hat auch auf die Leute eine gewisse Strahlkraft. Es kann schon sein, dass man mehr kämpfen muss. Aber ich bin überzeugt, dass es nicht der Grund sein soll, dass Kino so nicht mehr stattfinden kann. Die Leute freuen sich, dass ich mich freue, dass sie kommen, auch wenn es nur 20 sind.
Diese Stimmung will ich hinterlassen, und das wird diesen Ort zu etwas Besonderem machen und sich hoffentlich herumsprechen.»
Retro-Charme
Das Wädenswiler Kino hat dieses charmante Retro-Ambiente, ist ein nostalgisches Kino in einer kleinen Stadt. Kann das auch ein Vorteil sein? «Auf jeden Fall!», meint Sabrina Lejeune. «Der persönliche Kontakt macht den grossen Unterschied. An der Kasse sitzt noch ein Mensch, den man Dinge fragen kann, die ein Automat nicht ausspuckt. Da ist auch jemand, der einem mit viel Freude und Engagement etwas über den Film erzählen kann. Im SchlossCinema soll man ins Gespräch kommen. Ich persönlich erhoffe mir viele Unterhaltungen mit Besucherinnen und Besuchern. Im SchlossCinema ist nichts anonymisiert. Kino ist etwas Emotionales. Am Ende eines Filmes muss man nicht sofort nach Hause eilen. In der Lobby hat es Platz, um noch etwas zusammenzustehen und sich zu unterhalten. Im Sommer kann man sich vor oder nach dem Film auch draussen hinsetzen und noch etwas trinken. Das SchlossCinema soll ein Treffpunkt für Kinoliebhaber sein!»
Sabrina Lejeune sieht sich aber nicht als Retterin des Kinos. «Die treuen Wädenswilerinnen und Wädenswiler, die weiterhin ins Kino kommen – sie retten ihr Kino!» n
Das Kino ist in den Sommermonaten von Mittwoch bis Sonntag geöffnet. Der Dienstagabend ist für Spezialanlässe reserviert.
Freiwillige, die Freude am Kino haben und mithelfen möchten, sind immer herzlich willkommen. Es ist ein Verein gegründet worden. Wer sich für eine Teilnahme oder Unterstützung interessiert, fragt bei Sabine Lejeune an:
info@schlosscinema.ch
Ein Aufatmen geht durch die Reihen der Wädenswiler Kinogemeinde. Das Schloss-Cinéma ist gerettet, eine Nachfolgerin gefunden!
Text: Ingrid Eva Liedtke
Bilder: stb/zvg
Am 30. April feierte man die Schlüsselübergabe des altehrwürdigen Kinos, nun SchlossCinema genannt. Sabrina Lejeune, eine erfahrene Kinofrau, hat den beliebten Lichtspieltempel von seinen langjährigen Besitzern Sascha Heubacher und Alfonso Bruchmann übernommen. Das Kino ist schon 101 Jahre alt!
Sabrina Lejeune ist kein unbeschriebenes Blatt. Sie hat schon einige Erfahrungen in der Kinobranche gesammelt, und zwar hemdsärmlig, von unten her.
Gelernt ist gelernt
«Ich habe ursprünglich bei der Kitag in der Administration gearbeitet. Da wurde ich mit dem Kinovirus infiziert. Ich habe Marketing und Eventleitung gemacht, habe Vorpremieren organisiert. Das alles hat mir immer sehr gefallen, und ich habe viel dabei gelernt.»
Man kann davon ausgehen, dass Sabrina Lejeune von der Pike auf alles gelernt hat, was es braucht, um dieses kleine, feine Kino in Wädenswil in die Zukunft zu führen.
Ein Herzensprojekt
Die Mutter einer 8-jährigen Tochter sieht sich als Familienmensch, aber auch als Frau, die alles gibt – 200%, sagt sie –, wenn sie mit Herzblut ihr Projekt verfolgt. «Ich versuche alles, was ich anpacke, richtig gut zu machen.»
Sie hat, wie sie sagt, schon viele Stationen durchlaufen und gleichzeitig darauf gewartet, dass sich eine Türe auftut – zu genau dieser neuen Aufgabe. «Es gäbe sicher andere, auch besser entlöhnte Optionen, doch es war mir sehr wichtig an einem Ort zu wirken, wo ich in direktem Kontakt mit Menschen sein kann. Für ein solches Herzensprojekt bin ich auch bereit einiges auf mich zu nehmen. Ich komme aus dem Tösstal und habe somit einen ziemlich langen Arbeitsweg. Ich muss mich auch wegen der Betreuung meiner Tochter organisieren. Doch als mir diese Gelegenheit begegnete – ein glücklicher Zufall –, da wusste ich sofort: Das ist es! Das entspricht mir! Vielleicht war es auch Schicksal.
Hier kann ich das Meiste selber entscheiden und muss aber auch alles selber machen: WC-Putzen, Popcorn verkaufen, Plakate auswechseln, das Programm zusammenstellen, Filme auswählen, Regisseure einladen und interviewen. Das ist toll!»
Ein Wagnis
Dass es ein Wagnis ist, das Kino in Wädenswil zu führen, ist der Selfmade-Woman bewusst. «Es ist auch ein Risiko. Ich kann mir erst einen Lohn auszahlen, wenn genügend Kinogäste kommen. Ich habe einen Verein gegründet im Bekanntenkreis, und ich hoffe auch auf Kulturförderung. Für mich ist das kein Hobby oder Nebenjob. Auch, dass jetzt die Sommersaison beginnt, ist ein eher erschwerender Faktor. Andererseits kann ich mich langsam vortasten, und ich habe eine gute Unterstützung in meinen Vorgängern, die ich immer um Rat fragen und von denen ich auch einiges übernehmen kann. Ich bin positiv eingestellt und hoffe, dass ich die Chance bekomme, mich zu beweisen. Darum haben wir am 30. April diese gemeinsame Übergabe gemacht, damit die Leute mich kennenlernen und Vertrauen aufbauen können.»
Einiges funktioniert schon gut
Generell ist vieles schon gut aufgegleist. So muss Lejeune nicht alles neu erfinden. Was gut funktioniert, soll weiter bestehen. Ähnlich wie ihre Vorgänger möchte sie auch die Filmauswahl angehen, ein paar grössere Filme für ein breites Publikum, dann aber auch kleine Produktionen, Dokus, Arthouse-Filme.
«Es geht einerseits darum, eine breite Angebotsvielfalt zu bieten. Die Kinobesucherinnen und -besucher von Wädenswil sollen alle etwas nach ihrem Gusto finden können. Aber die Kasse muss schliesslich auch stimmen.»
Kinos haben es nicht einfach
Kinos haben es generell nicht einfach, kleine noch viel weniger. Fragen wie «Wie wird der Sommer?», «Wie kommt dieser oder jener Film an?», «Kann man davon ausgehen, dass 12 000 Gäste im Jahr kommen?», «Wird es sich rechnen?», «Werde ich möglichst viele Leute ansprechen können?», stehen im Raum. Sabrina Lejeune kann sie sich nicht im Voraus beantworten.
Persönlicher Kontakt und Neuheiten
«Ich werde oft hier vor Ort sein, um zu spüren, wie die Leute reagieren. Es liegt mir im Kontakt mit den Menschen zu sein. Nur so können Kinos überleben. Ich will Anlässe für bestimmte Gruppen organisieren. Ein Beispiel: Wir werden «Unser Vater» zeigen und dazu ein Podiumsgespräch mit einem katholischen Seelsorger anbieten. Oder ein Regiesseur wird zur Premiere geladen, so dass er dem Publikum erzählen kann, was er sich bei dem Film gedacht hat, was seine Motivation war. Das Kino muss einen Mehrwert anbieten im Vergleich zu den Streamingdiensten. Ich werde neu einen Newsletter machen, sozialere Medien bedienen, ich werde ein Programm zum Mitnehmen kreieren, damit die Leute auch wissen, was nächstens läuft. Vereine sollen kontaktiert werden, Firmenveranstaltungen möglich sein. Die Website wird zukünftig überarbeitet, dass man vielleicht sogar online reservieren kann.
Ich durfte schon eine «Ladies Night» miterleben. Das war sehr schön, lieben und dankbaren Gäste zu begegnen, die sich freuten, dass es weiter geht mit dem Kino.»
Gerade ist im SchlossCinema noch ein neuer Filmprojektor und Server installiert worden. Somit ist es möglich, dass gewisse Untertitelformate wieder gelesen werden und somit wieder Filme mit Untertiteln gezeigt werden können.
Wirkt sich Corona immer noch aus? «Ja, die Zahlen bestätigen das. Die Streaminganbieter sind seither sehr stark. Die Zielgruppe der Jugendlichen ist vor allem weggebrochen. Viele Kinder, zum Beispiel Primarschüler, waren noch gar nie im Kino. Man hat sich während Corona zuhause arrangiert und hat das so beibehalten. Die Kinozahlen sind zurück auf etwa 70% von 2019. Das ist schon gut. Generell freue ich mich über die 50 Leute, die kommen, und heule nicht wegen den 100, die nicht kommen. Das hat auch auf die Leute eine gewisse Strahlkraft. Es kann schon sein, dass man mehr kämpfen muss. Aber ich bin überzeugt, dass es nicht der Grund sein soll, dass Kino so nicht mehr stattfinden kann. Die Leute freuen sich, dass ich mich freue, dass sie kommen, auch wenn es nur 20 sind.
Diese Stimmung will ich hinterlassen, und das wird diesen Ort zu etwas Besonderem machen und sich hoffentlich herumsprechen.»
Retro-Charme
Das Wädenswiler Kino hat dieses charmante Retro-Ambiente, ist ein nostalgisches Kino in einer kleinen Stadt. Kann das auch ein Vorteil sein? «Auf jeden Fall!», meint Sabrina Lejeune. «Der persönliche Kontakt macht den grossen Unterschied. An der Kasse sitzt noch ein Mensch, den man Dinge fragen kann, die ein Automat nicht ausspuckt. Da ist auch jemand, der einem mit viel Freude und Engagement etwas über den Film erzählen kann. Im SchlossCinema soll man ins Gespräch kommen. Ich persönlich erhoffe mir viele Unterhaltungen mit Besucherinnen und Besuchern. Im SchlossCinema ist nichts anonymisiert. Kino ist etwas Emotionales. Am Ende eines Filmes muss man nicht sofort nach Hause eilen. In der Lobby hat es Platz, um noch etwas zusammenzustehen und sich zu unterhalten. Im Sommer kann man sich vor oder nach dem Film auch draussen hinsetzen und noch etwas trinken. Das SchlossCinema soll ein Treffpunkt für Kinoliebhaber sein!»
Sabrina Lejeune sieht sich aber nicht als Retterin des Kinos. «Die treuen Wädenswilerinnen und Wädenswiler, die weiterhin ins Kino kommen – sie retten ihr Kino!» n
Das Kino ist in den Sommermonaten von Mittwoch bis Sonntag geöffnet. Der Dienstagabend ist für Spezialanlässe reserviert.
Freiwillige, die Freude am Kino haben und mithelfen möchten, sind immer herzlich willkommen. Es ist ein Verein gegründet worden. Wer sich für eine Teilnahme oder Unterstützung interessiert, fragt bei Sabine Lejeune an:
info@schlosscinema.ch