Feuilleton Richterswil Veranstaltungen

Autorin Rebekka Salm – In eigenen Worten

Im Rahmen von «Richterswil liest ein Buch», das am Frühlingsmarkt gestartet
wurde, findet eine Autorinnenlesung mit Rebekka Salm statt. Die Veranstaltung bildet den Schlusspunkt des Kulturprojektes.

Interview: Reni Bircher, Bild: Timo Orubolo

Rebekka Salm wurde 1979 in Liestal geboren und lebt heute in Olten. Sie studierte Islamwissenschaften und Geschichtswissenschaft in Basel und Bern. Neben der schriftstellerischen Tätigkeit arbeitet sie als Texterin, Moderatorin sowie in der Erwachsenenbildung.
Salm publizierte in verschiedenen Literaturformaten und gewann 2019 überragend den Oltner Schreibwettbewerb «Schweizer Schriftstellerweg» mit der Geschichte «D’Eggsfrau». Letztes Jahr veröffentlichte Salm ihren Debütroman «Die Dinge beim Namen», der in Literaturkreisen hoch gelobt wird. Das Buch wurde durch die Gemeindebibliothek Richterswil und die Kommission Kultur zum Lesestoff des in der April-Ausgabe des Richterswiler Anzeigers vorgestellten Kulturprojektes auserkoren.

Rebekka Salm, Sie haben vorgängig kleinere Texte und Geschichten verfasst, sogar einen Preis gewonnen dafür. War das Ansporn, ein Buch zu schreiben?
Eigentlich wollte ich immer schon ein Buch schreiben, nur habe ich mich lange Zeit nicht getraut. Ich habe mich quasi über Kurzgeschichten an einen Roman herangetastet.
Die Geschichte hielt auch in den Schweizer Schriftstellerweg in Olten Einzug; wie kam’s?
Ja, es gibt eine Hörstation mit meiner Geschichte «D’Eggsfrau» auf dem Schweizer Schriftstellerweg. Das war der Preis für den ersten Platz des Schreibwettbewerbs im Rahmen des Oltner Buchfestivals 2019. Damit winkten die Organisatorinnen und Organisatoren bereits in der Wettbewerbs-Ausschreibung. Es war quasi das Rüebli, das vor meiner Nase gebaumelt hat und hinter dem ich während des Schreibens hergetrottet bin *lacht*. Ich habe mich sehr gefreut, als ich es am Ende tatsächlich erwischt habe.

Ihre Siegergeschichte wurde in einem Sammelband («Das Schaukelpferd in Bichsels Garten») veröffentlicht; denken Sie über eine Veröffentlichung Ihrer ­früheren Werke nach?
So wahnsinnig viele frühere Werke gibt es gar nicht. Nein, ich arbeite lieber an neuen Texten. Wenn sich eine Möglichkeit ergibt, einen alten Text abdrucken zu lassen, dann gerne. Aber suchen tu ich dies nicht.

Sie leben in Olten; herrscht dort noch genug «Kleinstadtidylle», dass gewisse reale Bezüge zu den Personen in Ihrem Buch «Die Dinge beim Namen» möglich sind, oder beruht diese Gerüchteküche-Atmosphäre auf Erlebtem oder Fiktion?
«Die Dinge beim Namen» ist ein Dorfroman. Olten ist dann doch eher eine Kleinstadt. Ich bin jedoch in einem Baselbieter Dorf aufgewachsen. Dort habe ich mich durchaus an «realen Begebenheiten» bedient, etwa an Flur- und Strassennamen. Auch an Personennamen, die im Dorf häufig auftauchen. Oder an der Art und Weise, wie Menschen dort miteinander reden oder eben nicht reden. Die Geschichte allerdings ist durchwegs Fiktion.

Suchen Sie die Themen, die Sie literarisch umsetzen/verarbeiten wollen, oder finden die Themen Sie?
Die Themen finden mich. Es gibt diesen Song von Züri West, er heisst Göteborg. Darin fährt Kuno Lauener mit seinem Auto an den Flughafen, um Frau und Kind abzuholen. Da fallen ihm aus dem Nichts ein paar Akkorde ein, dann eine Melodie, ein Basslauf: Ein neuer Song klopft an. Doch wie soll er ihn aufschreiben, jetzt und hier, auf der Überholspur? Und wenn er ihn nicht aufschreibt, geht er verloren. Ein Dilemma.
Bei mir sind die Ideen nicht ganz so flüchtig, sie tauchen aber meist ähnlich überraschend auf. Oft unter der Dusche oder beim Kochen.

Sie sind Texterin, Erwachsenenbildnerin im Migrationsbereich und Mutter; wie bringt man da noch Energie und Zeit auf, solch ein erfolgreiches Erstlingswerk zu verfassen?
Die Energie ist nicht das Problem. Das Schreiben ist (meistens) ein Energiespender. Gelingt mir eine gute Passage, ein stimmiger Vergleich, dann macht mich das glücklich und lädt meine Batterien auf. Die Zeit ist eher die Schwierigkeit.
Ich arbeite oft auch zwischen Tür und Angel: Im Zug, im Wartezimmer … Ich trage stets ein Notizbuch bei mir, um Ideen festzuhalten, die mir ausgerechnet dann zufliegen, wenn ich keine Zeit zum Schreiben habe. Doch so gehen sie mir nicht verloren, bis ich das nächste kleine Zeitfenster für mich und mein Schreiben ergattern kann.

Wie war es für Sie, als Ihr Buch für so ­lange Zeit auf der Besteller-Liste zu ­finden war?
So lange stand das Buch gar nicht auf der Bestseller-Liste, «nur» drei Wochen lang. Aber das war schon eine tolle Erfahrung. Niemand hat damit gerechnet – ich am allerwenigsten. Viel länger jedoch stand der Roman auf der Bestenliste des SRF (Mai bis Juli 2022, Anm. der Redaktion). Das ist eine Liste, die aufgrund von Empfehlungen zahlreicher Literaturkritikerinnen und -kritiker und Buchhändlerinnen und -händler zustande kommt. Dort gehts weniger um Verkaufszahlen und mehr um die literarische Qualität. Das hat mich sehr gefreut.

Stehen Sie unter Druck, ein neues Werk zu verfassen, das genauso erfolgreich sein soll?
Ich würde jetzt wahnsinnig gerne mit Nein antworten. Aber das wäre gelogen. Natürlich wünsche ich mir, an den Erfolg meines Erstlings anknüpfen zu können. Wie realistisch das ist, weiss ich jedoch nicht. Ich versuche mir einfach immer wieder vor Augen zu führen, dass ich vorher schon fünfundzwanzig Jahre lang geschrieben habe. Ohne «Erfolg». Dafür mit sehr viel Freude. Und das möchte ich mir unbedingt bewahren: Die Freude am Schreiben.

Haben Sie denn bereits eine neue Idee für ein nächstes Buch oder eine neue Geschichte – oder haben gar schon mit Schreiben begonnen?
Ja, eine Idee ist da. Erste Texte auch schon. Die damit verbundene Freude, Fabulierlust, Stress, Ängste usw. fehlen auch nicht … Mehr sei aber nicht verraten.

Freuen Sie sich auf den Besuch in Richterswil und dass Ihr Buch «vom Dorf» gelesen werden wird?
Freuen ist eine glatte Untertreibung … Ich könnte platzen vor Glück! Das ist eine grosse Ehre für mich und ich freue mich riesig auf die Lesung am 22. Juni 2023.

Autorinnenlesung «Die Dinge beim Namen»
mit Rebekka Salm
Moderation: Esther Schneider, Podcasterin, Kulturjournalistin und Moderatorin (ehemalige Leiterin Literaturredaktion von SRF Radio)
am 22. Juni, um 19.30 Uhr im Rosengartensaal

«Die Dinge beim Namen», Knapp Verlag, Olten 2022, ISBN 978-3-907334-00-3.
«Das Schaukelpferd in Bichsels Garten», Knapp Verlag, Olten, ISBN 978-3-906311-86-9

Geschichten vom Schweizer Schriftstellerweg
www.oltentourismus.ch/de/literatur-und-
kultur/schriftstellerweg

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