Die grosse Herbstausstellung im altehrwürdigen Bären nimmt sich dem Thema Schule an. Unter anderem dürfte das liebevoll ausgestattete Klassenzimmer aus dem letzten Jahrhundert und zahlreiche Klassenfotos beim Betrachter Erinnerungen und Schmunzeln auslösen.
Text & Bilder: Reni Bircher
Die Ausstellung greift Themen wie das Schüeli, Lager im Mistlibüel, das Schulsilvester oder den Stellenwert von Bildung der vergangenen Jahrhunderte auf, zeigt Zeichnungen von Schulhausplänen, aber auch Aktuelles aus diversen Zeitungsartikeln die Schule betreffend.
In einem «Schau-Schulzimmer» steht ein riesiger Rechenrahmen, reihen sich alte Schulbänke mit Schreibtafeln aus Schiefer, Tintenfässchen, Lese- und Schulheften. An den Wänden hängen Lehrtafeln mit Zeichnungen und Wortzeichen, alte Schulranzen warten auf ihre Besitzerinnen und Besitzer.
Ebenfalls in den oberen Bärenzimmern können alte Schulwandbilder betrachtet werden, die seinerzeit im Deutschen Reich produziert und in die Schweizer Klassenzimmern gehängt wurden. Bis sie der Bundesrat 1934 verbot. Einerseits wegen der Wirtschaftskrise – das betraf generell importiertes Schulmaterial –, andererseits, weil sich immer mal wieder «Braunes Gedankengut» auf den Bildern breit machte. Eine Vielzahl der nachfolgenden Schweizer Schulwandbilder sind im Bärenkeller ausgestellt.
Grossflächig sind die vollständigen Listen von allen Lehrpersonen der Gemeinde sowie Klassenfotos aufgehängt, auf denen Besucherinnen und Besucher bekannte Gesichter entdecken können, möglicherweise sogar sich selber. Für Erheiterung dürften auch die damaligen Modetrends sorgen, als Kinder wie Erwachsene gekleidet wurden oder die Männer fast durchwegs mit Schnauzbart unterwegs waren.
Querdenker und Vorreiter
Ein weiteres spezielles Exponat ist das Buch der Kindergartenlehrerin Elsi Sigrist, die von 1959 bis 1967 im Alten Schulhaus Richterswil unterrichtet hat. Es zeigt auf mit Einzelporträts bestückten Seiten die von ihr unterrichteten Kinder, alle mit Namen und Geburtstag versehen.
In einer Vitrine liegt geschützt ein Werk von historischem Wert. In wunderbaren virtuosen Lettern wurde im Jahre 1713 von Jakob Strickler, seinerzeit Lehrer in Samstagern, ein Lehrbuch gefertigt, um seine Schülerinnen und Schüler in Mathematik zu unterrichten. Dies war seinerzeit verboten und wurde von der Obrigkeit in Zürich als «nicht wichtig» erachtet, diente aber lediglich dem Versuch, die Landbevölkerung klein zu halten. Entsprechend gab es kein Unterrichtsmaterial, was bei findigen und modern eingestellten Lehrpersonen zu eigenwilligen Aktionen führte.
Manche Ausstellungsstücke sind Leihgaben von Vereinsmitgliedern, vor allem Einrichtungsgegenstände und Schulwandbilder sind von der Schule Richterswil-Samstagern sowie aus den Wädenswiler Schulhäusern Eidmatt und Glärnisch. Dies liegt daran, dass das Ortsmuseum trotz ansonst thematisch breitgefächertem und umfangreichem Material kaum etwas über die Schule im Archiv hat. «1936 haben die Aufzeichnungen aufgehört», erklärt Rico Wengle, welcher die Tanner/Gattiker-Sammlung des Museums betreut. Damals erschien ein Buch über 100 Jahre Sekundarschule Richterswil. Eine systematische Sammlung hat aber nie stattgefunden, das Thema Schule war also unvollständig. Dank dieser von Heinz Jucker und seinen Vorstandskollegen aufwändig und akribisch zusammengetragenen Ausstellung und dem dazugehörigen Bildband dürften jetzt ein paar Lücken geschlossen worden sein.
Ein Schul-Buch der besonderen Art
Um all diese Bilder und Informationen über die Schule Richterswil-Samstagern festzuhalten, haben Heinz Jucker und Rico (Richard) Wengle einen wunderbaren Bildband zusammengestellt. Wie das heitere Vorwort der beiden Autoren vorneweg nimmt, hat das Buch weder einen wissenschaftlichen Anspruch, noch will es als Geschichtsbuch verstanden werden. Und doch wird es wohl genau das für die Leserschaft sein: ein Stück eigene Geschichte. Dass der Bildband entstehen durfte, ist nicht zuletzt der grosszügigen Finanzierung durch die Allmendkorporation Richterswil zu verdanken, und kann so auch zu erschwinglichem Preis erstanden werden. n
Die Schule Richterswil – 507 Jahre Geschichte und Geschichten
Bis 27. November 2022 (Finissage)
Öffnungszeiten: jeweils am Mittwoch von 14.00–18.00 Uhr, sowie am Samstag und Sonntag von 10.00–15.00 Uhr.
Führungen für Gruppen auf Voranmeldung: Tel. 079 778 52 80.
Die grosse Herbstausstellung im altehrwürdigen Bären nimmt sich dem Thema Schule an. Unter anderem dürfte das liebevoll ausgestattete Klassenzimmer aus dem letzten Jahrhundert und zahlreiche Klassenfotos beim Betrachter Erinnerungen und Schmunzeln auslösen.
Text & Bilder: Reni Bircher
Die Ausstellung greift Themen wie das Schüeli, Lager im Mistlibüel, das Schulsilvester oder den Stellenwert von Bildung der vergangenen Jahrhunderte auf, zeigt Zeichnungen von Schulhausplänen, aber auch Aktuelles aus diversen Zeitungsartikeln die Schule betreffend.
In einem «Schau-Schulzimmer» steht ein riesiger Rechenrahmen, reihen sich alte Schulbänke mit Schreibtafeln aus Schiefer, Tintenfässchen, Lese- und Schulheften. An den Wänden hängen Lehrtafeln mit Zeichnungen und Wortzeichen, alte Schulranzen warten auf ihre Besitzerinnen und Besitzer.
Ebenfalls in den oberen Bärenzimmern können alte Schulwandbilder betrachtet werden, die seinerzeit im Deutschen Reich produziert und in die Schweizer Klassenzimmern gehängt wurden. Bis sie der Bundesrat 1934 verbot. Einerseits wegen der Wirtschaftskrise – das betraf generell importiertes Schulmaterial –, andererseits, weil sich immer mal wieder «Braunes Gedankengut» auf den Bildern breit machte. Eine Vielzahl der nachfolgenden Schweizer Schulwandbilder sind im Bärenkeller ausgestellt.
Grossflächig sind die vollständigen Listen von allen Lehrpersonen der Gemeinde sowie Klassenfotos aufgehängt, auf denen Besucherinnen und Besucher bekannte Gesichter entdecken können, möglicherweise sogar sich selber. Für Erheiterung dürften auch die damaligen Modetrends sorgen, als Kinder wie Erwachsene gekleidet wurden oder die Männer fast durchwegs mit Schnauzbart unterwegs waren.
Querdenker und Vorreiter
Ein weiteres spezielles Exponat ist das Buch der Kindergartenlehrerin Elsi Sigrist, die von 1959 bis 1967 im Alten Schulhaus Richterswil unterrichtet hat. Es zeigt auf mit Einzelporträts bestückten Seiten die von ihr unterrichteten Kinder, alle mit Namen und Geburtstag versehen.
In einer Vitrine liegt geschützt ein Werk von historischem Wert. In wunderbaren virtuosen Lettern wurde im Jahre 1713 von Jakob Strickler, seinerzeit Lehrer in Samstagern, ein Lehrbuch gefertigt, um seine Schülerinnen und Schüler in Mathematik zu unterrichten. Dies war seinerzeit verboten und wurde von der Obrigkeit in Zürich als «nicht wichtig» erachtet, diente aber lediglich dem Versuch, die Landbevölkerung klein zu halten. Entsprechend gab es kein Unterrichtsmaterial, was bei findigen und modern eingestellten Lehrpersonen zu eigenwilligen Aktionen führte.
Manche Ausstellungsstücke sind Leihgaben von Vereinsmitgliedern, vor allem Einrichtungsgegenstände und Schulwandbilder sind von der Schule Richterswil-Samstagern sowie aus den Wädenswiler Schulhäusern Eidmatt und Glärnisch. Dies liegt daran, dass das Ortsmuseum trotz ansonst thematisch breitgefächertem und umfangreichem Material kaum etwas über die Schule im Archiv hat. «1936 haben die Aufzeichnungen aufgehört», erklärt Rico Wengle, welcher die Tanner/Gattiker-Sammlung des Museums betreut. Damals erschien ein Buch über 100 Jahre Sekundarschule Richterswil. Eine systematische Sammlung hat aber nie stattgefunden, das Thema Schule war also unvollständig. Dank dieser von Heinz Jucker und seinen Vorstandskollegen aufwändig und akribisch zusammengetragenen Ausstellung und dem dazugehörigen Bildband dürften jetzt ein paar Lücken geschlossen worden sein.
Ein Schul-Buch der besonderen Art
Um all diese Bilder und Informationen über die Schule Richterswil-Samstagern festzuhalten, haben Heinz Jucker und Rico (Richard) Wengle einen wunderbaren Bildband zusammengestellt. Wie das heitere Vorwort der beiden Autoren vorneweg nimmt, hat das Buch weder einen wissenschaftlichen Anspruch, noch will es als Geschichtsbuch verstanden werden. Und doch wird es wohl genau das für die Leserschaft sein: ein Stück eigene Geschichte. Dass der Bildband entstehen durfte, ist nicht zuletzt der grosszügigen Finanzierung durch die Allmendkorporation Richterswil zu verdanken, und kann so auch zu erschwinglichem Preis erstanden werden. n
Die Schule Richterswil – 507 Jahre Geschichte und Geschichten
Bis 27. November 2022 (Finissage)
Öffnungszeiten: jeweils am Mittwoch von 14.00–18.00 Uhr, sowie am Samstag und Sonntag von 10.00–15.00 Uhr.
Führungen für Gruppen auf Voranmeldung: Tel. 079 778 52 80.