Die Mieter-Baugenossenschaft traf sich am 8. April zur 98. Generalversammlung. Erstmals seit Pandemiezeiten war es wieder möglich, in der Kulturhalle Glärnisch zusammenzukommen. Ein Umstand, der die genossenschaftliche Grundidee der Gemeinschaft wieder aufleben liess.
Text und Bilder: Susanna Valentin
An der Pandemie kam im Jahr 2021 auch die Mieter-Baugenossenschaft Wädenswil nicht vorbei. «Die Stimmung in der Gesellschaft entspricht nicht mehr dem Gedankengut, welches uns stark gemacht hat und auch das Leben in der Genossenschaft prägt», schreibt der Verwaltungsrat im vorliegenden Jahresbericht und erinnert damit an die Intoleranz der Gesellschaft zwischen einzelner Bevölkerungsgruppen während der Corona-Massnahmen. An der 98. Generalversammlung am 8. April in der Kulturhalle Glärnisch ist davon nichts mehr spürbar. Die Tische sind zahlreich, die Stühle besetzt: 100 Stimmberechtigte und 40 Gäste füllen den grosszügigen Saal mit Gesprächen, die ersten Weingläser sind gefüllt. «Es ist wunderbar, dass es nun endlich wieder möglich ist, hier physisch zusammenzukommen», betont Präsident Hans Zbinden. Gemeinsame Anlässe seien doch ein wichtiger Bestandteil genossenschaftlichen Lebens.
Erste Liegenschaft in Horgen
Die Wahl der Stimmenzähler und der Stimmenzählerin wird von den Genossenschaftern und Genossenschafterinnen gut geheissen, das letzte Protokoll bestätigt. Vize-Präsident Rolando Guglielmetti blickt anhand des Jahresberichts auf ein ereignisreiches Jahr zurück, das zwar durch die spezielle Situation herausfordernd war, in dem aber dennoch einige Projekte erfolgreich weitergeführt werden konnten. So wurden die Liegenschaften Gehrenstrasse 7/9 in Horgen erworben, womit die Mieter-Baugenossenschaft erstmals ihr Wirkungsfeld auf eine angrenzende Gemeinde ausweitet. In der Büelen-Überbauung wurde der Bau von Photovoltaik-Anlagen vorangetrieben, womit das Ziel der Genossenschaft, diese laut Jahresplan «mit grosser ökologischer Verantwortung in die Zukunft zu lenken», weiterverfolgt wird. Im Baumgarten ist ein Teil der Sanierungs- und Ausbauarbeiten bereits ausgeführt, das Feedback der Mieterinnen und Mieter ist durchwegs positiv. Die Erfolgsrechnung zeigt, dass der Gewinn im Rahmen des Voranschlags ausgefallen ist und zur Verzinsung des Anteilscheinkapitales reicht. Mehr muss eine Genossenschaft nicht erwirtschaften. Das Vertrauen in den Verwaltungsrat spiegelt sich an der einstimmigen Wiederwahl der Beisitzer des Verwaltungsrates, Ivano Coduri und Hans Götschi, für weitere drei Jahre.
Gelebte Solidarität
Präsident Hans Zbinden führt souverän und stringent durch die Versammlung, so dass bereits nach einer halben Stunde das Traktandum «Diverses» ansteht. In diesem Jahr ist es ein besonderes Anliegen: Die Mieter-Baugenossenschaft Wädenswil hat beschlossen, eine Liegenschaft im Baumgarten, ein zurückgestellter Rück-/Neubau mit fünf Wohnungen, der Stadt zur Unterbringung von Geflüchteten zu vermieten. Die Liegenschaft ist zwar voll nutzbar, die Sanierung stagniert jedoch aufgrund baurechtlicher Vorschriften: Eine Win-win-win-Situation, wie Zbinden anmerkt. Geflüchtete erhalten ein gut unterhaltenes Dach über dem Kopf, die Mieter-Baugenossenschaft generiert trotzdem Mieteinnahmen und die baurechtlichen Probleme können in dieser Zeit aus dem Weg geräumt werden. Eine Lösung, die von den Genossenschafterinnen und Genossenschaftern im Saal mit Applaus honoriert wird. «Wir reden nicht nur von Solidarität, wir leben sie. Wir reden nicht nur von Klimaschutz, wir setzen ihn um. Wir reden nicht nur über preisgünstigen Wohnbau, wir setzen ihn um», beschliesst Präsident Zbinden den formellen Teil, um dem Platz zu machen, was eine Genossenschaft eben auch ausmacht: Gemütliches Zusammensein mit einem feinen Znacht und magischer Unterhaltung von Zauberer Martin Iarrera.
«Der Genossenschaftsgedanke wurde mir in die Wiege gelegt»
Der ehemalige Oberstufenlehrer Hans Zbinden setzt sich seit 35 Jahren aktiv in der Mieter-Baugenossenschaft für bezahlbaren Wohnraum ein, seit 2014 amtet der 69-Jährige als Präsident.
Sie wurden im Jahr 1987 in den Verwaltungsrat der Mieter-Baugenossenschaft gewählt. Wie kam es dazu?
Ich kam als Neuzuzüger für meine Stelle als Oberstufenlehrer nach Wädenswil und hatte das Glück, dass mir das damalige Schulpflegemitglied – selbst Präsident der Genossenschaft – eine Wohnung in der Mieter-Baugenossenschaft vermitteln konnte. In dieser wohne ich übrigens heute noch mit meiner Frau Louise, unsere drei mittlerweile erwachsenen Kinder sind ebenfalls darin aufgewachsen.
Was hat sich in all den Jahren am meisten verändert?
Die Mieter-Baugenossenschaft ist in dieser Zeit enorm gewachsen und wurde dadurch professionalisiert. Es war nicht mehr alles durch Freiwilligenarbeit lösbar, es brauchte Fachleute. Dieser Wandel ist gut gelungen und bewährt sich bis heute.
Was macht für Sie eine Genossenschaft aus?
Der Gedanke der Gemeinschaft wurde mir in die Wiege gelegt. Seit jeher habe ich mich in Vereinen eingebracht, insbesondere in diversen Turnvereinen war ich sehr aktiv. Den Zusammenhalt in diesen Organisationen schätze ich sehr. Nur wenn wir uns gegenseitig unterstützen, funktioniert eine Gesellschaft. Dieses Prinzip zeichnet auch die Mieter-Baugenossenschaft aus.
Welche Ziele verfolgen Sie mit der Mieter-Baugenossenschaft im kommenden Jahr?
Wir möchten noch mehr preisgünstigen Wohnraum in Wädenswil schaffen und in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit der Stadt optimieren. Die Nachfrage ist gross. Ein ebenso grosses Anliegen ist mir dabei, unsere Liegenschaften mit erneuerbarer Energie zu versorgen. Wir möchten nicht nur über Klimaschutz reden, wir möchten etwas bewirken.
Die Mieter-Baugenossenschaft traf sich am 8. April zur 98. Generalversammlung. Erstmals seit Pandemiezeiten war es wieder möglich, in der Kulturhalle Glärnisch zusammenzukommen. Ein Umstand, der die genossenschaftliche Grundidee der Gemeinschaft wieder aufleben liess.
Text und Bilder: Susanna Valentin
An der Pandemie kam im Jahr 2021 auch die Mieter-Baugenossenschaft Wädenswil nicht vorbei. «Die Stimmung in der Gesellschaft entspricht nicht mehr dem Gedankengut, welches uns stark gemacht hat und auch das Leben in der Genossenschaft prägt», schreibt der Verwaltungsrat im vorliegenden Jahresbericht und erinnert damit an die Intoleranz der Gesellschaft zwischen einzelner Bevölkerungsgruppen während der Corona-Massnahmen. An der 98. Generalversammlung am 8. April in der Kulturhalle Glärnisch ist davon nichts mehr spürbar. Die Tische sind zahlreich, die Stühle besetzt: 100 Stimmberechtigte und 40 Gäste füllen den grosszügigen Saal mit Gesprächen, die ersten Weingläser sind gefüllt. «Es ist wunderbar, dass es nun endlich wieder möglich ist, hier physisch zusammenzukommen», betont Präsident Hans Zbinden. Gemeinsame Anlässe seien doch ein wichtiger Bestandteil genossenschaftlichen Lebens.
Erste Liegenschaft in Horgen
Die Wahl der Stimmenzähler und der Stimmenzählerin wird von den Genossenschaftern und Genossenschafterinnen gut geheissen, das letzte Protokoll bestätigt. Vize-Präsident Rolando Guglielmetti blickt anhand des Jahresberichts auf ein ereignisreiches Jahr zurück, das zwar durch die spezielle Situation herausfordernd war, in dem aber dennoch einige Projekte erfolgreich weitergeführt werden konnten. So wurden die Liegenschaften Gehrenstrasse 7/9 in Horgen erworben, womit die Mieter-Baugenossenschaft erstmals ihr Wirkungsfeld auf eine angrenzende Gemeinde ausweitet. In der Büelen-Überbauung wurde der Bau von Photovoltaik-Anlagen vorangetrieben, womit das Ziel der Genossenschaft, diese laut Jahresplan «mit grosser ökologischer Verantwortung in die Zukunft zu lenken», weiterverfolgt wird. Im Baumgarten ist ein Teil der Sanierungs- und Ausbauarbeiten bereits ausgeführt, das Feedback der Mieterinnen und Mieter ist durchwegs positiv. Die Erfolgsrechnung zeigt, dass der Gewinn im Rahmen des Voranschlags ausgefallen ist und zur Verzinsung des Anteilscheinkapitales reicht. Mehr muss eine Genossenschaft nicht erwirtschaften. Das Vertrauen in den Verwaltungsrat spiegelt sich an der einstimmigen Wiederwahl der Beisitzer des Verwaltungsrates, Ivano Coduri und Hans Götschi, für weitere drei Jahre.
Gelebte Solidarität
Präsident Hans Zbinden führt souverän und stringent durch die Versammlung, so dass bereits nach einer halben Stunde das Traktandum «Diverses» ansteht. In diesem Jahr ist es ein besonderes Anliegen: Die Mieter-Baugenossenschaft Wädenswil hat beschlossen, eine Liegenschaft im Baumgarten, ein zurückgestellter Rück-/Neubau mit fünf Wohnungen, der Stadt zur Unterbringung von Geflüchteten zu vermieten. Die Liegenschaft ist zwar voll nutzbar, die Sanierung stagniert jedoch aufgrund baurechtlicher Vorschriften: Eine Win-win-win-Situation, wie Zbinden anmerkt. Geflüchtete erhalten ein gut unterhaltenes Dach über dem Kopf, die Mieter-Baugenossenschaft generiert trotzdem Mieteinnahmen und die baurechtlichen Probleme können in dieser Zeit aus dem Weg geräumt werden. Eine Lösung, die von den Genossenschafterinnen und Genossenschaftern im Saal mit Applaus honoriert wird. «Wir reden nicht nur von Solidarität, wir leben sie. Wir reden nicht nur von Klimaschutz, wir setzen ihn um. Wir reden nicht nur über preisgünstigen Wohnbau, wir setzen ihn um», beschliesst Präsident Zbinden den formellen Teil, um dem Platz zu machen, was eine Genossenschaft eben auch ausmacht: Gemütliches Zusammensein mit einem feinen Znacht und magischer Unterhaltung von Zauberer Martin Iarrera.
«Der Genossenschaftsgedanke wurde mir in die Wiege gelegt»
Der ehemalige Oberstufenlehrer Hans Zbinden setzt sich seit 35 Jahren aktiv in der Mieter-Baugenossenschaft für bezahlbaren Wohnraum ein, seit 2014 amtet der 69-Jährige als Präsident.
Sie wurden im Jahr 1987 in den Verwaltungsrat der Mieter-Baugenossenschaft gewählt. Wie kam es dazu?
Ich kam als Neuzuzüger für meine Stelle als Oberstufenlehrer nach Wädenswil und hatte das Glück, dass mir das damalige Schulpflegemitglied – selbst Präsident der Genossenschaft – eine Wohnung in der Mieter-Baugenossenschaft vermitteln konnte. In dieser wohne ich übrigens heute noch mit meiner Frau Louise, unsere drei mittlerweile erwachsenen Kinder sind ebenfalls darin aufgewachsen.
Was hat sich in all den Jahren am meisten verändert?
Die Mieter-Baugenossenschaft ist in dieser Zeit enorm gewachsen und wurde dadurch professionalisiert. Es war nicht mehr alles durch Freiwilligenarbeit lösbar, es brauchte Fachleute. Dieser Wandel ist gut gelungen und bewährt sich bis heute.
Was macht für Sie eine Genossenschaft aus?
Der Gedanke der Gemeinschaft wurde mir in die Wiege gelegt. Seit jeher habe ich mich in Vereinen eingebracht, insbesondere in diversen Turnvereinen war ich sehr aktiv. Den Zusammenhalt in diesen Organisationen schätze ich sehr. Nur wenn wir uns gegenseitig unterstützen, funktioniert eine Gesellschaft. Dieses Prinzip zeichnet auch die Mieter-Baugenossenschaft aus.
Welche Ziele verfolgen Sie mit der Mieter-Baugenossenschaft im kommenden Jahr?
Wir möchten noch mehr preisgünstigen Wohnraum in Wädenswil schaffen und in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit der Stadt optimieren. Die Nachfrage ist gross. Ein ebenso grosses Anliegen ist mir dabei, unsere Liegenschaften mit erneuerbarer Energie zu versorgen. Wir möchten nicht nur über Klimaschutz reden, wir möchten etwas bewirken.