Kolumne

Wenn es menschelt …

Ein Amt, eine Kommission, eine Anlaufstelle, jede Aufgabe, jeder Job steht und fällt mit der Person, die dahintersteht. Dies ist meine Erfahrung und ich denke, ich liege damit ziemlich richtig. Jeder Mensch gestaltet, färbt und formt sein Tun. Die Persönlichkeit ist bei jeder Tätigkeit dabei. Es menschelt!
Es gibt viele Gesetze, Vorschriften und eingespielte Abläufe, sowohl in der Arbeitswelt wie auch in der Politik, wie auch in Vereinen und Gremien, überall wo Menschen gemeinsam etwas erschaffen und erreichen wollen.
Und dann gibt es auch noch den gesunden Menschenverstand. Mit diesem Rüstzeug sollte es Menschengruppen gelingen, gut zusammenzuarbeiten, auch Andersdenkenden mit dem gehörigen Respekt zu begegnen. Den Einzelnen sollte es möglich sein, für ihre Überzeugungen einzustehen, aber auch konsensbereit zu sein und zu akzeptieren, wenn sie überstimmt werden.
Doch wenn ich beobachte, was geschieht, auf Ämtern, in Kommissionen, in der Politik, im täglichen Miteinander, dann ist es zum Verzweifeln, wie oft es zu Misstönen, zu Zank und bösen Missverständnissen kommt, weil … – ja warum?
Man wollte sich doch an die Fakten halten, objektiv sein, nicht emotional reagieren.
Ist es gar so, dass manch eine etwas sagt, das vernünftig tönt, weil es auch so ist, aber das Gefühl dahinter will es nicht sein? Also, kooperieren die Fakten und die Vernunft nicht mit den Gefühlen?
Nein, das tun sie wahrlich oft nicht. Und so ist dann einer sauer und beleidigt, obwohl es doch gar keinen Grund dafür zu geben scheint, und das Umfeld versteht gar nichts mehr. Doch man will auch gar nichts sagen über diese Gefühle, die man gerade hat, will sie vielleicht auch gar nicht wahrhaben, denn man ist doch nicht emotional, hälft sich an die Fakten und ist objektiv!
Doch das Gefühl zu wenig beachtet worden zu sein, das Gefühl zu wenig Wertschätzung zu bekommen, das Gefühl nicht gehört zu werden und noch einige andere Gefühle, die ihren Ursprung meistens in viel früherer Zeit haben, finden in den unglaublichsten Zusammenhängen ihren fruchtbaren Boden und eine Projektionsfläche, breiten sich aus und verhindern oft eben genau diese so oft erwartete objektive Beurteilung einer Sache und torpedieren Fakten und Vernunft und ein angenehmes und produktives Miteinander. Die Gefühle der Wertlosigkeit mauscheln sich unbemerkt durch, schleichen sich ein, setzen sich fest und finden irgendwann einen Grund, um sich so richtig zu entzünden, meistens an etwas, das unbedeutend scheint – für andere.
Schliesslich hat es immer mit den einzelnen Menschen zu tun und damit, wie sie sich fühlen, wie sie als Menschen in ihrem Leben stehen, wie sehr sie sich selber wertschätzen
… und überall menschelt es!
Ingrid Eva Liedtke

Teilen mit: