Aktuell Allgemein Wädenswil

4. Landschaftstag auf dem Hof Wiesengrund in Schönenberg

Am Sonntag, dem 12. September 2021, organisierte die Stadt Wädenswil den 4. Wädenswiler Landschaftstag. Diesmal auf dem Hof Wiesengrund in Schönenberg, also örtlich wie auch thematisch dem Thema «Biodiversität vor der Haustür» gewidmet. Die Veranstaltung ist Teil des Landschaftsentwicklungskonzeptes der Stadt Wädenswil und findet alle zwei Jahre statt.

Text & Bilder: Ingrid Eva Liedtke

Ziel ist es, die Bevölkerung für Themen des Landschaftserhalts und der Landschaftsentwicklung zu sensibilisieren und auf anschauliche und erlebnisorientierte Weise, fundiertes Wissen über deren Bedeutung zu vermitteln.
Dieses Jahr stand der Zusammenhang zwischen Landschaft, Biodiversität und Landwirtschaft im Fokus. Darum, und auch den neuen Gemeindemitgliedern auf dem Berg Rechnung tragend, hat man sich dazu entschieden, den Landschaftstag in Schönenberg in dieser einzigartigen Moränenlandschaft (Drumlinlandschaft) durchzuführen. Wegen dieser Einzigartigkeit ist sie Teil des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler, ist reich an verschiedenen Lebensräumen, und die Artenvielfalt ist hoch.

Die Landwirtschaft spielt eine Rolle

Die Landwirtschaft spielt bei der Pflege der zu erhaltenden Naturwerte eine wesentliche Rolle. Daher wurde der Tag auf dem Hof Wiesengrund der Familie Rusterholz in Schönenberg durchgeführt.

Programm

Auf dem Programm standen verschiedene interessante Vorträge zu den Themen: Ried & Moor als Hotspot der Biodiversität: Jan Steffen, Fachstelle Naturschutz; Stalldrang: Landwirt Thomas Rusterholz führte durch den Betrieb und beleuchtet die heutigen Herausforderungen. Edle Früchte, Wein-, Schnaps- oder Cider-Erzeugung: Wie kann der Prozess verbessert werden? Nadja Kümin von der ZHAW. Wiesenkunst: Ansaat und Pflege von Blumenwiesen: Winu Schüpbach von quadra. Blumenhof: Rundgang durch die Gärtnerei durch Marianne Rusterholz. Ausgeheckt: Hecken aus einheimischen Sträuchern und Stauden: Sabrina Stocker und Ursula Bollen vom Naturschutzverein Wädenswil;. Landschaftskino: Ein Überblick über die Entstehung dieser einzigartigen Landschaft durch André Widmer, ehemaliger Präsident des Naturschutzvereins Schönenberg. Mit Fleiss ohne Preis: Wie werden Bienen gezüchtet und wie werden sie eingesetzt: Ronny Ochsenbein, Bienenzüchterverein Bezirk Horgen.
Die Vorträge wurden zweimal gehalten, sodass man sich gut und gerne drei bis vier Vorträge anhören konnte.

Ausgeheckt

Aus Eigeninteresse liess sich die Schreibende die verschiedenen Sträucher für eine natürliche Hecke zeigen. Sabrina Stocker und Ursula Bollens vom Naturschutzverein Wädenswil wissen Bescheid und zeigen am «lebenden» Beispiel die verschiedenen Sträucher. Dabei ist nicht nur wichtig die richtigen einheimischen Sorten wie Holunder und Weissdorn (beide übrigens in der keltischen Mystik heilige Bäume), Kornelkirsche, Schwarzdorn, Liguster, Schneeball, Felsenbirne, Sanddorn, Hagebuche, Eibe, Stechpalme und Rosen (Arten mit tellerartigen Blüten, woran die Bienen gut herankommen) auszuwählen, sondern man sollte auch darauf achten, die Büsche immer in Gruppen zu Dreien zu pflanzen, und die Rosen sollten am südlichsten Punkt der Hecke stehen. Die Hecke möchte am liebsten buchtig angelegt werden. Dann gibt es auch wieder eine Menge Pflanzen bzw. Kräuter, die gerne am Rande oder zwischen einer Naturhecke wachsen, wie Hornklee, Baldrian, Malven, Karden, Natterkopf und Kuckuckslichtnelken, Leinkraut, wilder Dost, Labkraut und Schafgarben. Die Liste liesse sich weiter fortsetzen – die Namen klingen bekannt oder zumindest wie altes Wissen – und parallel dazu muss man sich vergegenwärtigen, dass die eine Pflanze gerne einen schweren Boden liebt, die andere hat es lieber sandig und mager. Alle aber bieten einen vielfältigen Lebensraum für sehr viele Kleintiere, Vögel und Insekten.

Wiesenkunst

Ebenso die blumenreichen, vielfältigen Magerwiesen, auch sie bieten zahlreichen Insekten einen Lebensraum. Doch sie haben auch gewisse Ansprüche. Jeder, der schon mal eine Handvoll Wiesensamen über seinen Rasen gekippt hat, weiss: So kommt gar nichts. Der Boden will gut vorbereitet sein, wenn etwas blühen und gedeihen soll. Die Wiesennarbe muss aufgehackt werden. Dann aber soll sie trocknen können. Dann wieder muss mit einem anderen Gerät ein wenig tiefer gearbeitet werden. Dann soll das wieder entstandene Kraut wieder verdorren. Die Geschichte braucht Zeit und Geduld und mehrere Arbeitsgänge, bis der Boden soweit ist das Saatgut für eine schöne Blumenwiese aufzunehmen. Doch damit nicht genug! Wichtig ist, wie gesät wird, und wichtig sind auch die ersten Schnitte.

Wiese und Hecken unterliegen wie alles der natürlichen Auslese. Mal ist ein Busch von Schädlingen befallen, – das freut sicher einige Vögel und Insekten – dann wieder nicht mehr. Vielleicht hat der Wiesensalbei nicht genug Licht oder wird von den Schnecken gefressen. Alles entwickelt sich und wächst nach Möglichkeit. Der Mensch – so wird immer wieder bewusst – muss sich der Natur beugen und tut gut daran, sich das vor Augen zu halten.

Landschaftskino

Diese grossen Zusammenhänge werden einmal mehr ganz deutlich im Landschaftskino. André Widmer, ehemaliger Präsident des Naturschutzvereines Schönenberg erzählt die Geschichte dieser Landschaft. Es ist eine junge Landschaft, eine Moränenlandschaft, die vor 11 500 Jahren durch Gletschervorstösse und -rückzüge geformt worden ist. Im Vergleich: Der Planet Erde ist vor 4,6 Milliarden Jahren entstanden! Da beginnt das Staunen und ein Bewusstsein für die ganz grossen Zusammenhänge dieser Erde. Klar wird, dass gewisse klimatische Entwicklungen nicht aufzuhalten sind, wie die Eiszeiten und Zwischenzeiten, die sich über für uns schwer vorstellbare Zeiträume erstrecken. Wir befänden uns gerade in einer Zwischeneiszeit, die noch 300 Jahr dauern werde.
Der Mensch kann gewisse Entwicklungen beschleunigen, andere Kreisläufe und Entwicklungen kann er nicht kontrollieren.
Der Jetztmensch, so Widmer, stelle Ansprüche an seine Landschaft. Dabei stelle sich die Frage, ob er ein Nutzer oder Ausnutzer sei.
Solche schwierigen Themen hindern nicht daran eine wunderbare Rundumsicht zu geniessen, den Blick schweifen zu lassen über Riede und Drumlinlandschaft und sich den Reichtum der Flora und Fauna vor Augen zu halten, der vor allem in den umliegenden Rieden immer noch vorhanden ist. Die Riede sind ein Genpool vieler Pflanzen, die unter Schutz gestellt sind, Zeugen der Eiszeit. Zudem seien noch 24 verschiedene Arten von Tagschmetterlingen zu beo-
bachten und sogar der Alpensalamander sei manchmal noch zu sehen.

27 der Linden auf den Drumlins (von irisch droimnín, «kleiner Rücken», «Höhenrücken») sind unter Schutz gestellt. Sie sind jeweils zur Geburt eines Stammhalters gesetzt worden. Dazu gibt es noch einige Sagen und Legenden mehr zu finden.

Verpflegung

So viel Information und Staunen macht hungrig. In und um die grosse Scheune des Hofes ist die Verpflegung der zahlreichen Besucher Thema. Vor dem Grill stehen die Leute Schlange. Die Festwirtschaft wird durch den Gutsbetrieb Neuhof aus Schönenberg gewährleistet. Um den «Süss-Gluscht» zu stillen kann man bei «Zuckerguss» aus einem variantenreichen Angebot an Cupcakes auswählen und an zwei weiteren Ständen werden landwirtschaftliche Erzeugnisse vom Biohof oder ein Abo für das Wädichörbli (frisches Gemüse im Korb vom Biohof) angeboten.

Der Anlass wurde organisiert von Markus Hohl, in seiner Funktion als Verantwortlicher für Biodiversität und Naturschutz der Stadt Wädenswil. Wie so oft gab es eine ansehnliche Zahl freiwilliger Helfer.
Ein schöner und wertvoller Anlass, der hoffentlich bei den Besuchern, das Bewusstsein für die Landschaft und ihre Bedürfnisse wecken oder gar vergrössern konnte.

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