Allgemein Feuilleton Richterswil

Schöne, sanfte Schwermut

«Lips & Strings», das sind die Richterswilerin Jessie Wezel und der Winterthurer Luca Leombruni. Das Duo steht für die schnörkellose, klare Umsetzung vom Blick in den Abgrund in feinste Akustiksongs.

Im Pandemie-bedingten Zurückgeworfensein auf sich selbst haben viele von uns in so manchen Abgrund geblickt. Einige hat diese Zeit aber auch beschenkt mit der Einsicht in das, was wesentlich ist. Musik, die reduziert ist auf das Wesentliche, kann man mit «Lips & Strings» erleben: «Another Tune» ist die sorgfältig reduzierte Essenz einer perfekten Symbiose. Im Mittelpunkt der eleganten, fein instrumentierten Arrangements steht Jessie Wezels kristallklarer Leadgesang und ihr derselben Klarheit verpflichtetes Gitarrenspiel. Luca Leombrunis auf alle vorstellbaren Arten gespielter Kontrabass fungiert hier aber nicht als musikalischer Boden, sondern ist zu jeder Zeit auf Augenhöhe.
Diese spezielle Balance erzeugt eine eigentümliche Intimität, in der sich die Geschichten des Duos wie von selbst erzählen: Denn es geht (fast) immer um die Tiefen unserer Lebenslinien – die am Ende zum Wesentlichen führen.

Das Supermatch

Jessie Wezel und Luca Leombruni haben sich erst im Mai 2020 kennengelernt und taten sich mehr oder weniger wegen Corona zusammen, weil man sich zu zweit überall «hinstellen» und Musik machen könne, wie die Sängerin erklärt. Im Sommer spielten sie tatsächlich etwa zehn Konzerte. Den zweiten Lockdown hätten sie dann genutzt, um die EP zu produzieren und drei Videos zu drehen (eines entstand übrigens in der reformierten Kirche Richterswil). Konzerte hier im Ort fielen leider in ebendiese Zeit und mussten abgesagt werden.
Dass die Chemie zwischen den beiden stimmt, ist ein Geschenk. Die Motivation für alles, was mit der Band zusammenhänge, ist laut Wezel riesig, weil es derart Spass macht zusammenzuarbeiten: «Das ist wirklich das Supermatch und wir haben beide nichts anderes als Musik im Kopf», lacht sie.
Jessie Wezel sang und spielte zuvor über zwei Jahre bei der erfolgreichen Countryband «The Black Barons», welche sich aber aufgelöst hatte, nachdem der zweite Sänger in der Ferne sein Glück versuchte. «Das fand ich schade, aber so durfte unser Duo entstehen, und das passt total».
Luca ist seit vielen Jahren Berufsmusiker und hat mit zahlreichen bekannten Musikerinnen und Musikern gespielt, wie etwa Sina, Baschi, Michael von der Heide, Vera Kaa oder bei Musicalaufführungen am Theater St. Gallen.

Erste EP und Single ­veröffentlicht

Für die Produktion ihres Plattendebüts haben «Lips & Strings» mit Blues-Gitarrist Pete Borel und Drummer David Langhart empfindsame Unterstützer eingeladen, die es verstehen, die verdichteten Arrangements, um das gewisse Etwas zu bereichern. Die EP beinhaltet sechs Lieder, vier Coverversionen bekannter Songs und zwei Eigenkompositionen. «Die Cover haben wir aufgenommen, um uns erst mal ein bisschen zu ‹verkaufen›, denn mit eigenen Kompositionen ist man eher auf Kleinkunstbühnen unterwegs», erklärt Jessie. «Mit bekannten Songs kann man gut an diversen Festen auftreten. Dadurch, dass sie neu arrangiert wurden und nur mit Kontrabass und Gitarre gespielt werden, sind sie trotzdem irgendwie ‹neu›. Aber Luca und ich sind sehr kreativ, schreiben gerne unsere eigenen Stücke. Mit dieser EP zeigen wir den Leuten, was wir so draufhaben».
Gesungen wird auf Englisch – und Schweizerdeutsch. Ihre am 2. Juli erschienene Single «Nur Dich» ist ihre erste Mundart-Eigenkomposition. «Wir waren eigentlich nicht darauf aus, auf Schweizerdeutsch zu singen, aber
ich muss gestehen, dass es mich inzwischen richtiggehend gepackt hat», gesteht Jessie energiegeladen. «Wir konnten ‹Nur Dich› schon live vortragen. Zwar sagen viele Leute, dass sie Englisch können, hören den Liedtexten aber trotzdem nicht richtig zu. Das war bei diesem Mundartstück ganz anders», erzählt Jessie begeistert. «Es war mucksmäuschenstill im Saal!» Deshalb sei das Thema in Schweizerdeutsch zu singen sicher nicht vom Tisch: «Man kann eben schon sehr sachte mit den Wörtern umgehen und die Dinge einen Tick besser umschreiben, als es in Englisch möglich wäre.» Das Stück wird übrigens bereits am Radio gespielt.
Dass die beiden Musiker sich per Zufall kennengerlernt haben, ist offenbar ein Glücksfall – sowohl für sie wie für ihre Hörerschaft. Glücklich, wer dem Zauber dieses Anfangs beiwohnen darf.

www.lipsandstrings.ch

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