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«Dichterswil» kürt seine schreibfreudige Bevölkerung

Anlässlich des von der Kommission Kultur lancierten Schreibwettbewerbes für die Richterswiler Bevölkerung fand am 11. Juni im Kirchgemeindesaal Rosengarten die Prämierung der Siegerbeiträge statt. Die jüngsten Teilnehmer am Wettbewerb sind 12 Jahre alt, die älteste hat den Jahrgang 1934.

Text: Reni Bircher / Bilder: Guido Bircher

Der Schreibwettbewerb der Kommission Kultur hat Früchte getragen: Insgesamt gingen 76 Beiträge bei der Kommission Kultur ein, wobei fünf «Hors Concours» waren. Die Begrüssung der Gäste fand durch Gemeindepräsident Marcel Tanner statt, der lobende Worte fand für die

Claudia Rossel, Initiantin des Schreibwettbewerbs.

Verantwortlichen, welche diesen Wettbewerb ins Leben gerufen hatten: allen voran Claudia Rossel, die durch ihr grosses Engagement und Überzeugungskraft alles ins Rollen gebracht hat. Zusammen mit ihrem Kollegen Hansjakob Schneider erarbeiteten sie ein Konzept und wählten das Thema aus. Dank der breit gefächerten Unterstützung der Gemeinde – wie etwa die Schreibkurse bei Sybil Schreiber – wurde die Kommission nicht enttäuscht: die Bevölkerung erwies sich als äusserst fantasievoll und schreibfreudig.
Bevor es mit der Würdigung losging, erzählte Heinz Jucker, ehemaliger Lehrer in Richterswil, nun aktives Mitglied im Ortsmuseum und wandelndes Geschichts-Lexikon, dem Publikum die ereignisreiche Geschichte des Horns der letzten 200 Jahre, welches in den Kurzgeschichten eine wichtige Rolle einnehmen sollte. Und ganz offensichtlich ist das Horn ein Ort, der der Bevölkerung am Herzen liegt: «Es ist ja, wenn man dem historischen Abriss von Heinz Jucker zugehört hat, nicht selbstverständlich, dass ein so schöner Flecken am See öffentliches Gebiet ist und auch gepflegt wird», so Hansjakob Schneider.
Schneider stellte die vierköpfige Jury vor und bedankte sich für das grosse Engagement sowie die professionelle Zusammenarbeit.

Die Jury.

Jury-Vorstellung

Der Dank ging an Reni Bircher, Journalistin beim «Richterswiler Anzeiger» und freischaffende Künstlerin, Lies Meyer, Leiterin der Bibliothek Richterswil, und Jessica Weich Navarro, Sekundarlehrerin in Richterswil. Hansjakob Schneider, Professor für Deutsch und Deutsch als Zweitsprache an der Pädagogischen Hochschule Zürich, zeichnete als viertes Mitglied der Jury.
Wie Schneider den Anwesenden erklärte, war es keineswegs eine leichte Aufgabe, die eingesandten und anonymisierten Kurzgeschichten objektiv zu beurteilen. «Ein Urteil über einen literarischen Text ist immer auch ein Geschmacksurteil», führt der Redner aus. So waren sich die Jurymitglieder nicht immer einig in der Punktvergabe, aber: «Immerhin waren wir zu viert und konnten verschiedene Gesichtspunkte einbringen und so für mehr Objektivität sorgen.»

Die Schauspieler Diana Gatani und Kurt Giezendanner.

Geschichten-Vielfalt

Fiel es den Schreibenden schwer, das Thema «Sechs Uhr fünfundvierzig, Horn» in ­einer Geschichte zu verpacken? Schon möglich. Die Themenvielfalt jedoch, die zu Papier gebracht wurde, ist erstaunlich. Chorwettkämpfe, verbotene Lei­den­schaft, Kriegstraumata, heimtückische Morde, Ausserirdische und Wale im Zürichsee, Abschied und Neubeginn. Die Geschichten vermochten es auf jeden Fall die Jury zu erheitern, nachdenklich zu stimmen oder in Erstaunen zu versetzen.
Ausschnitte der prämierten Texte der Jugendlichen von 12–15 Jahren, wurden von den Schauspielern Diana Gatani und Kurt Giezendanner vorgetragen. Danach durften die Gewinnerinnen beim Gemeindepräsidenten eine Urkunde sowie Büchergutscheine in Empfang nehmen.
Dasselbe Prozedere durchliefen die Gewinner in der Erwachsenen-Kategorie und die geladenen Gäste durften den erneut vorgetragenen Ausschnitten der prämierten Texte lauschen und honorierten sie jeweils mit grossem Applaus.

Die Abschlussworte von Hansjakob Schneider dürfen nicht nur als Lob, sondern auch als Aufforderung an die Schreibenden verstanden sein: «Die Jury war überwältigt von den vielen spannenden, lustigen, originellen und berührenden Texten der Richterswilerinnen und Richterswiler – nicht Richterswil, Dichterswil sollte unser Dorf heissen!»

Corinne Niklaus, Slam Poetry.

Leider musste die Spoken-Word-Kategorie ausgeschlossen werden, weil nur eine Einsendung getätigt wurde, was eine eigentliche Prämierung nicht möglich machte. Da es sich bei diesem Vortrag um eine sehr schöne Hommage an Richterswil handelt und ein solcher Beitrag davon lebt, mündlich vorgetragen zu werden, wurde die Autorin Corinne Niklaus zwischendurch ans Mikrofon gebeten und verzauberte das Publikum mit ihrem gekonnt vorgetragenen poetischen Spaziergang durch die Gemeinde.
Mehr Fotos im Internet.

Im Rahmen der Literatur 21 Richterswil finden folgende Anlässe statt:
• Ab 21. Juni: Texte der Wettbewerbs-Teilnehmer auf der Gemeinde-Webseite.
• 21. Juni bis 5. Juli: die prämierten Kurzgeschichten sind im Rahmen eines literarischen Spazierganges am Horn aufgestellt. Mittels QR-Code kann dem sich den Text vorlesen lassen.
• 1.–10.10.: «Literatur inspiriert Kunst», Ausstellung der «Kunst Du?»-Gruppe.
• 30.10.: Poetry-Slam, moderiert von Simon Chen (Kulturforum)

Die Gewinner des Schreibwettbewerbes: (Reihe vorne v.l.) Gina Zehnder, Chiara Tanner, Allegra Schober, (Reihe hinten v.l.) Marianne Cramer, Roland Knecht und Christophe Truchet, Daniela Apitzsch-Roth.

Gewinner Schüler
1. Gina Zehnder (14 J.): «Hölzernes Einhorn»
2. Chiara Tanner (13. J.): «Der Uma Coisa»
3. Allegra Schober (13 J.): «Zur richtigen Zeit am richtigen Ort»

Gewinner Erwachsene
1. Christophe Truchet und Roland Knecht (Jg. 1965): «Annas Rückkehr»
2. Marianne Cramer (Jg. 1966): «CH2084 2005 0645 471230 84221 – Orwell Reloaded»
3. Daniela Apitzsch-Roth (Jg. 1954): «Frau Ptaki und der Distelfink»

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