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Das «Klostertram» wird 2022 wieder fahren

1939/40 in Betrieb gesetzt, wird der im 2001 ausser Betrieb genommene Triebwagen 5 seit einigen Jahren in einer Remise in Wald vom Verein Historischer Triebwagen 5 unter Einhaltung von denkmalpflegerischen Grundsätzen restauriert. Nach über 31 000 Arbeitsstunden von Freiwilligen und Investitionskosten von über einer Million Franken, soll das Fahrzeug ab dem Jahr 2022 wieder in seiner vollen Pracht auf den Schienen stehen und von Neuem unzählige Menschen erfreuen.

Der Wädenswiler Erwin Zehnder ist Vorstandsmitglied im Einsiedler Verein und gab Einblicke in die aufwändige Restauration des legendären Triebwagens.

Die Namensgebung

Selbstverständlich war der genannte Triebwagen 5 mit der Bezeichnung ABe 4/4 nie als «Klostertram» angeschrieben, auch wenn er Tausende von Gästen bzw. Pilgern von Arth-Goldau, Rapperswil oder Wädenswil ins Klosterdorf Einsiedeln transportiert hat. Glaskasten war der andere oft gehörte Übername, den die Fahrgäste aufgrund seiner grossen Panoramafenster dem beliebten Fahrzeug verliehen.

Das Klostertram soll wieder fahren.

Geschichte der elektrischen Traktion bei der Südostbahn

Aufgrund des Kohlemangels bzw. des hohen Preises der Kohle während des 1. Weltkriegs stellte die SBB in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts von Dampfbetrieb auf Elektrobetrieb um. Die unter finanziellen Nöten leidende Südostbahn war erst 1939 soweit, um die Fahrzeuge von Dampf- auf Elektrobetrieb umzustellen. Zu diesem Zwecke baute die dazumalig hochstehende schweizerische Eisenbahnindustrie – bestehend aus den Firmen SIG, MFO, BBC, SLM – acht Triebwagen mit 60 Sitz- und 64 Stehplätzen, ergänzt mit einem kombinierten Gepäck-/Postabteil. Die knapp 1000 PS leistenden Fahrzeuge konnten die extreme Steigung von 5% zwischen Wädenswil und Samstagern problemlos erklimmen. Für die finanziell klamme Südostbahn wichtig war der wirtschaftliche Betrieb. Deshalb wurden die Triebwagen mit einer sogenannten Rekuperationsbremse (Stromgewinnung bei der Talfahrt) ausgerüstet, was die Energiekosten massiv senkte. Die acht Triebwagen können deshalb als die ersten umweltfreundlichen Fahrzeuge im Schweizerischen Eisenbahnnetz bezeichnet werden, was sie zu einem wichtigen Kulturgut der dazumaligen hohen Ingenieurkunst der Schweizer Industrie werden liess.

Betrieb der Triebwagen 1939/40

Als Vorläufer des heutigen Voralpenexpress wurden die Triebwagen anfänglich ebenfalls auf der Linie von Luzern nach St. Gallen eingesetzt – ja, sie zogen sogar die Skizüge von Zürich HB nach Einsiedeln oder Sattel. Und auf der Strecke der ehemaligen Wädenswil-Einsiedeln-Bahn, die 1890 in der neugegründeten Schweizerischen Südostbahn aufging, pendelte das «Klostertram» zwischen Wädenswil und dem Sackbahnhof Einsiedeln hin und her.

Einige der Triebwagen wurden anfänglich nur mit 3. Klasse ausgerüstet – später baute man das Interieur auf 2. Klasse um, und am Schluss wurden sogar einige Sitze 1. Klasse eingebracht.
Mit dem Kauf von sogenannten Hochleistungsfahrzeugen wurden die 1939/40 beschafften Triebfahrzeuge ab den 60er Jahren in den sogenannt untergeordneten Dienst «abgeschoben». Erwin Zehnder erinnert sich: «So mag ich mich an meine Bubenzeit erinnern, wie ich jeweils auf der Plattform hinter dem Lokführer stehend seiner Arbeit zusehen konnte. Dabei ging die Fahrt an Mittwochnachmittagen oft zum Skifahren ins Skigebiet Biberegg-Neusell.»
Sechs der acht Triebwagen sind in den letzten Jahren verschrottet worden. Momentan ist der stark umgebaute Triebwagen 11 in Solothurn stationiert und wird mit blauem Anstrich als Tunnelkinofahrzeug im Weissenstein eingesetzt.
Der Triebwagen 5

Der Triebwagen 5, welcher das einzig im Originalzustand erhaltene Fahrzeug dieser Bauklasse ist, hat eine leidvolle Geschichte hinter sich. Im Herbst 1946 war er in ein tragisches Unglück in Bennau verwickelt. Dabei kamen zehn Menschen ums Leben, und der Wiederaufbau des Triebwagens 5 war erst drei Jahre später abgeschlossen.
Nach einem Motorenschaden anfangs des neuen Jahrtausends meinten Graffitikünstler, den Triebwagen 5 mit ihren Graffitisprayereien auf dem Abstellgeleise in Einsiedeln verunstalten zu müssen, was ihnen leider zum Schreck vieler Eisenbahnliebhaber vollauf gelang.
Der ab dem Jahr 2022 wieder fahrende Triebwagen 5, der von 1939 bis 2001 3,15 Mio. Kilometer zurückgelegt hatte, soll durch den laufenden Zustupf von vielen Spenderinnen und Spendern und fleissigen Freiwilligen noch einige Jahrzehnte der Nachwelt erhalten bleiben und viele weitere Kilometer mit zufriedenen Gästen sammeln dürfen.

Die Wiederauferstehung des ­Triebwagens 5

Nach der Ausrangierung des Triebwagens 5 haben einige Bähnler der Südostbahn und andere Bahnenthusiasten weitsichtig den Abbruch des «Motorwägeli 5» verhindert. Vor mehr als 10 Jahren hat der Verein Historischer Triebwagen 5 in der altehrwürdigen Remise der ehemaligen Tösstalbahn in Wald begonnen, den Triebwagen in seine Einzelteile zu zerlegen, den Schmutz zu entfernen und unter Führung des während Jahrzehnten in der Bahnindustrie tätigen Röbi Graf wieder historisch gerecht aufzubauen. Neue Pläne waren von Konstrukteur Ruedi Schuppli zu zeichnen, von ähnlichen Lokomotiven wurden Teile ausgeschlachtet und in bisher über 27 000 Arbeitsstunden durch Freiwillige die Wiederinstandstellung so weit gebracht, dass der Triebwagen 5 im Sommer 2022 nach langer Absenz wieder fahrbereit auf den Schienen stehen soll, um Publikumsfahrten auf dem gesamten Normalspurnetz der Schweiz durchzuführen.

Für die Vergabe von Arbeiten, die aufgrund des fehlenden Maschinenparks nicht vom Verein Historischer Triebwagen 5 selbst ausgeführt werden konnten sowie für Materialanschaffungen, die für die Restaurierung benötigt wurden, hat der Verein bis heute von Lotteriefonds verschiedener Kantone, Gemeinden, Stiftungen, Firmen und Privaten mehr als 900 000 Franken erhalten.
Für die Arbeiten bis zur Fertigstellung, das Reservematerial, die Inbetriebsetzung, die Zulassung usw. benötigt der Verein noch einen hohen fünfstelligen Betrag. Eine stolze Summe, die insbesondere in der Coronazeit nicht einfach zu beschaffen ist.

Einsatz als historisches Fahrzeug

Ziel ist es, dass der Triebwagen 5 im Winter 2021/22 nach langer Absenz wieder fahrbereit auf den Schienen stehen wird. Bevor im Sommer 2022 die ersten Publikumsfahrten, Hochzeits- und Vereinsfahrten usw. durchgeführt werden können, muss das Fahrzeug allerdings noch vom Bundesamt für Verkehr abgenommen werden.

Da insbesondere bei den Drehgestellen unvorhergesehene Probleme auftraten (Risse in der Achse und den Radscheiben: etwa 100 000 Franken Mehrkosten), ist momentan die finanzielle Basis bis zur ersten Publikumsfahrt angespannt.

Da der Lotteriefond des Kantons Zürich die Erhaltung dieses einmaligen Kulturgutes mit grosszügigen 300 000 Franken unterstützt hat, bestimmte der Regierungsrat, dass das prächtige Fahrzeug neben den Gleisen der «alten» Südostbahn ebenfalls auf der Strecke des Dampfvereins Zürcher Oberland (DVZO) zwischen Bauma und Hinwil eingesetzt werden soll, insbesondere während der trockenen Sommerzeit, wenn die Gefahr besteht, dass die Dampflokomotiven des DVZO durch den Funkenwurf die Bahnbords anzünden. So wird sich der Triebwagen 5 im Zürcher Oberland wieder mit einem seiner Vorgänger treffen, der altehrwürdigen Dampflokomotive «Schwyz». Diese, 1887 gebaut und von der Maschinenfabrik Esslingen noch an die Wädenswil-Einsiedeln-Bahn geliefert, stand von 1969 bis 1996 als Denkmallokomotive auf dem Seeplatz in Wädenswil.(wa)

Verein Historischer Triebwagen 5
https://triebwagen5.ch
Spendenkonto CH47 0077 7004 5676 1015 1

Technische Daten

Inbetriebnahme: 1939
Hersteller: SWS/SIG/SLM/MFO/BBC/SAAS
Länge über Puffer: 19,6 m
Gewicht: 44 Tonnen
Max. Geschwindigkeit: 80 km/h
Leistung: 980 PS (735 kW)
Ausserbetriebsetzung: 2001
Restaurierungskosten: ca. 1 Mio. Franken
Anzahl Std. Restaurierung: ca. 31 000 frei-
willige Stunden bis zum Abschluss
Eigentümer: Verein Historischer Triebwagen 5, Einsiedeln

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