Ticino-Direktor Ueli Burkhardt hält wenig davon, Vorstellungen ins Internet zu verlagern. Theater lebe von der Livekultur. «Das ist der Humus», meint er. Im Interview spricht er offen über die aktuelle Situation des Theaters und der Künstlerinnen und Künstlern aufgrund der Corona-Pandemie. Mut und Humor lässt er sich jedenfalls nicht nehmen.
Wädenswil, Ticino, 23. April 2020, Interview mit Ueli Burkhardt
Das Video zeigt einen Auszug aus dem Live-Gespräch. Untenstehend ist das ganze Interview im Original nachzulesen.
Wie geht es Ihnen heute, Herr Burkhardt? Heute geht es mir sehr gut. Ich bin früh am Morgen um sechs Uhr mit meinem Faltboot über den See gerudert. Das ist wunderbar.
Das dürfte eher selten gewesen sein bisher. Ja, im Normalfall kann ich das nicht, da wird es am Abend eher spät. Der grosse Unterschied jetzt sind die freien Abende. Wir haben keine Vorstellungen, da kann man etwas früher ins Bett und dafür auch früher aufstehen. Das ist ein ganz anderer Rhythmus.
Es gibt vermutlich auch emotionale Momente für Sie, wenn am Abend keine Vorstellungen mehr stattfinden. Es ist seltsam. Das emotionale am Abend ist nicht einmal so speziell. Das kenne ich aus der Sommerpause, wo wir auch drei Monate lang nicht spielen, ausser die Filmnächte im Rosenmattpark. Seltsam ist eher der viele Kontakt mit den Künstlern, ihre Schicksale zu hören, dass 20 bis 30 Vorstellungen abgesagt werden und sie kein Einkommen mehr haben. Ich bin mit ihnen in Kontakt und wir versuchen für alle Vorstellungen ein Verschiebedatum zu organisieren. Seltsam ist natürlich auch das leere Haus am Tag.
Ist denn tagsüber soviel los bei Ihnen im Haus? Oh ja, da ist viel los. Es wird eingerichtet, die Künstler sind vor Ort. Unten im Restaurant wird gekocht. Es wird geputzt, aufgeräumt, es ist Leben im Haus. Es wird geprobt, eingesungen. Und das (leere Haus) ist seltsam jetzt, das macht einen etwas melancholisch.
Wie gehen Sie damit um? Ach, mir geht es gut. Ich habe eine schöne Quarantäne. Ich habe ein ganzes Theater als Quarantäne. Im Gegensatz zu ganz vielen anderen, für die es wirklich hart ist, die nur ein paar Quadratmeter haben und daheim bleiben müssen mit Familie und Homeoffice. Homeoffice bin ich gewöhnt, das mache ich seit bald 40 Jahren. Mir tun also viele andere Leute mehr leid als ich mir selbst.
Wie geht es denn den Künstlerinnen und Künstlern, mit denen Sie reden? Es ist natürlich ein Schock. Sie haben Existenzängste und müssen schauen, dass sie zu Geld kommen bei kantonalen und Bundesstellen. Das ist sehr komplex, sehr kompliziert. Ich habe das auch als Institution probiert, man muss sehr viel ausfüllen, nachrechnen, nachweisen, Zahlen bringen. Gut, dafür hat man jetzt ja Zeit. Aber für viele Künstler, die das nicht gewöhnt sind, ist dies eine grosse Herausforderung.
Haben Sie auch schon überlegt, die Vorstellungen in irgendeiner Form online zu bringen? Nein. Im Moment nicht. Wenn all das länger geht, ist es sicher schon eine Frage. Aber ich bin ganz klar der Auffassung, dass Theater, Kabarett und Liederabende absolut von der Livekultur leben. Das ist der Humus! Das ist einfach nicht in die digitale Welt zu transportieren. Was derzeit extra fürs Netz produziert wird, was ich jedenfalls sehe, ist sehr dürftig. Das sind Schnellschüsse, Akte der Verzweiflung, damit man nicht in Vergessenheit gerät. Aber ich finde, das ist absolut nicht dienlich für das Theater-Genre.
Für das Ticino stellt sich möglicherweise jetzt auch eine Überlebensfrage. Es ist nicht so knapp, wenn die Zeitdauer von der Schliessung überschaubar ist, wenn wir also im Herbst wieder anfangen könnten. Dann ist es nicht ein so grosses Problem. Wir sind noch liquid, wir haben einen grossartigen Förderverein mit über 800 Mitgliedern. Wir haben kleinere Subventionen, die wir behalten dürfen. Und wir versuchen, die Fixkosten tief zu halten. Für die Angestellten haben wir Kurzarbeitsentschädigung und das ist natürlich eine Überlebenshilfe. Für uns kommt das Problem erst im Herbst. Wenn die Distanzwahrung und Abstandsregelungen bleiben, dann gibt es ein Problem, wenn das längerfristig ist.
Das können Sie vermutlich gar nicht einhalten. Haben Sie dafür ein Konzept? Das müssen wir uns noch überlegen, was wir dann unternehmen. Wir können die Hälfte des Zuschauerraumes bestuhlen mit 1.5 bis zwei Meter Abstand. Das wird eine rechte Herausforderung. Also wenn die Abstandsregelung bleibt und man spielen könnte, wird es schwierig. Wir erhalten dann keine Kurzarbeitsentschädigung mehr, können aber auch nicht mehr genug einspielen. Wir müssen die Künstler dennoch engagieren, das Programm ist bis Ende 2021 gemacht. Ob wir das Programm in dem Charakter durchziehen können, ist absolut fraglich. Ob es beispielsweise mit einem Ensemble auf der Bühne funktioniert, ist fraglich. Schauspieler und Schauspielerinnen mit Schutzmasken ist fast nicht vorstellbar. Und und und. Ich habe mehr Respekt vor dem, was kommt, als vor dem, was ist im Moment.
Mitte März kam der Lockdown. Waren Sie schockiert oder haben sie das erwartet? Ich hatte das erwartet. Bei mir hat es sich geändert, als Italien dicht gemacht hat. Als sie begannen, in der Lombardei Städte abzuriegeln. Dann dachte ich, jetzt geht es auch bei uns nicht mehr lange. Ich habe viele Telefonate von verunsicherten Zuschauerinnen und Zuschauern erhalten, die fragten, ob wir spielen und ob wir genug Abstand halten können. Viele hatten Angst. Da habe ich gesagt: «Bleiben Sie lieber daheim, wenn Sie Angst haben, es hat keinen Sinn, wenn Sie dann noch kommen.» Wir hatten also schon vor dem Lockdown viele Ausfälle von Zuschauerinnen und Zuschauern, die in letzter Minute abgesagt haben. Und das gilt es natürlich zu akzeptieren. Wir haben dann bereits drei oder vier Tage vorher geschlossen, bevor wir es hätten müssen. Ich war irgendwann der Meinung, wir können es nicht verantworten, unser Publikum in Gefahr zu bringen.
Das heisst, Sie sehen die Massnahmen des Bundes durchaus als gerechtfertigt an. Absolut. Das ist überhaupt keine Frage.
Die Filmnächte Rosenmattpark wären nun das nächste grössere Ereignis. Denken Sie, das kann stattfinden? Können wir uns freuen auf diesen Filmsommer? Ich weiss genauso viel wie Sie. Der Bundesrat hat noch nichts gesagt zu den Massenveranstaltungen im Sommer. Ich wäre nicht überrascht, wenn es abgesagt würde. Da es eine Veranstaltung mit über 500 Leuten ist. Ich könnte mir vorstellen, dies in einer redimensionierten Form durchzuführen, dass wir vielleicht nur für 200 bis 250 Plätzen aufbauen, mit Mundschutz, Absperrungen und weiss der Teufel was alles … wenn, dann hat man sich aber vielleicht schon so daran gewöhnt, dass es selbst für das Publikum gar nichts seltsames mehr ist. Ich hoffe natürlich sehr, dass wir es durchführen können, in welcher Form auch immer. Ob es dann wirklich klappt, das bleibt dahingestellt.
Sie stecken vermutlich mitten in den Vorbereitungen und haben auch Partner im Boot. Lohnt sich ein solcher Anlass denn finanziell überhaupt noch, wenn Sie nur mit halber Zuschauerzahl rechnen könnten? Natürlich stellt man sich diese Frage. Aber es ist nicht die erste Frage, die sich stellt. Ich finde, ein kultureller Anlass hat so einen wichtigen Aspekt, gerade jetzt für unsere Gesellschaft, dass wir etwas bieten, wo sich die Menschen treffen können, auch wenn es auf Distanz ist. Damit es eine minimale Form von Normalität gibt, man miteinander wieder Kunst und Kultur geniessen kann und dies einem über die Zeit hinweghilft. Wenn wir dazu etwas beitragen können, ist das ganz wichtig.
Bei aller Dramatik, können Sie der Situation etwas Positives abgewinnen? Das kann man erst im Nachhinein sagen. Ich habe seit Jahrzehnten eine sehr unregelmässige Arbeitszeit in meinem Alltag. Ich komme immer wieder zu meiner Muse, habe immer wieder Stress. Es wechselt sich so häufig ab. Es ist für mich persönlich überhaupt nichts Neues, daheim zu sein und mich mit mir zu beschäftigten. Da das nun alle machen müssen, muss ich nicht einmal mehr ein schlechtes Gewissen haben. (lacht) Ob die Leute nachher wieder ins gleiche Konsumieren und in die gleiche Gier von früher zurückfallen oder ob sich auch in den Köpfen der Menschen etwas ändert, das werden wir sehen. Ob sich im Theater etwas ändert, auch das werden wir sehen. Vielleicht gibt es neue Formen oder Möglichkeiten, die sich ergeben.
Ich sehe gewisse positive Effekte, auch zwischenmenschlich. Aber ich sehe auch, dass dies schnell wieder kippt, auch politisch, dass die Ungeduld da ist. Es kippt schnell wieder. Daher habe ich nicht nur Hoffnungen auf grosse Chancen.
Ticino-Direktor Ueli Burkhardt hält wenig davon, Vorstellungen ins Internet zu verlagern. Theater lebe von der Livekultur. «Das ist der Humus», meint er. Im Interview spricht er offen über die aktuelle Situation des Theaters und der Künstlerinnen und Künstlern aufgrund der Corona-Pandemie. Mut und Humor lässt er sich jedenfalls nicht nehmen.
Wädenswil, Ticino, 23. April 2020, Interview mit Ueli Burkhardt
Das Video zeigt einen Auszug aus dem Live-Gespräch. Untenstehend ist das ganze Interview im Original nachzulesen.
Wie geht es Ihnen heute, Herr Burkhardt?
Heute geht es mir sehr gut. Ich bin früh am Morgen um sechs Uhr mit meinem Faltboot über den See gerudert. Das ist wunderbar.
Das dürfte eher selten gewesen sein bisher.
Ja, im Normalfall kann ich das nicht, da wird es am Abend eher spät. Der grosse Unterschied jetzt sind die freien Abende. Wir haben keine Vorstellungen, da kann man etwas früher ins Bett und dafür auch früher aufstehen. Das ist ein ganz anderer Rhythmus.
Es gibt vermutlich auch emotionale Momente für Sie, wenn am Abend keine Vorstellungen mehr stattfinden.
Es ist seltsam. Das emotionale am Abend ist nicht einmal so speziell. Das kenne ich aus der Sommerpause, wo wir auch drei Monate lang nicht spielen, ausser die Filmnächte im Rosenmattpark. Seltsam ist eher der viele Kontakt mit den Künstlern, ihre Schicksale zu hören, dass 20 bis 30 Vorstellungen abgesagt werden und sie kein Einkommen mehr haben. Ich bin mit ihnen in Kontakt und wir versuchen für alle Vorstellungen ein Verschiebedatum zu organisieren. Seltsam ist natürlich auch das leere Haus am Tag.
Ist denn tagsüber soviel los bei Ihnen im Haus?
Oh ja, da ist viel los. Es wird eingerichtet, die Künstler sind vor Ort. Unten im Restaurant wird gekocht. Es wird geputzt, aufgeräumt, es ist Leben im Haus. Es wird geprobt, eingesungen. Und das (leere Haus) ist seltsam jetzt, das macht einen etwas melancholisch.
Wie gehen Sie damit um?
Ach, mir geht es gut. Ich habe eine schöne Quarantäne. Ich habe ein ganzes Theater als Quarantäne. Im Gegensatz zu ganz vielen anderen, für die es wirklich hart ist, die nur ein paar Quadratmeter haben und daheim bleiben müssen mit Familie und Homeoffice. Homeoffice bin ich gewöhnt, das mache ich seit bald 40 Jahren. Mir tun also viele andere Leute mehr leid als ich mir selbst.
Wie geht es denn den Künstlerinnen und Künstlern, mit denen Sie reden?
Es ist natürlich ein Schock. Sie haben Existenzängste und müssen schauen, dass sie zu Geld kommen bei kantonalen und Bundesstellen. Das ist sehr komplex, sehr kompliziert. Ich habe das auch als Institution probiert, man muss sehr viel ausfüllen, nachrechnen, nachweisen, Zahlen bringen. Gut, dafür hat man jetzt ja Zeit. Aber für viele Künstler, die das nicht gewöhnt sind, ist dies eine grosse Herausforderung.
Haben Sie auch schon überlegt, die Vorstellungen in irgendeiner Form online zu bringen?
Nein. Im Moment nicht. Wenn all das länger geht, ist es sicher schon eine Frage. Aber ich bin ganz klar der Auffassung, dass Theater, Kabarett und Liederabende absolut von der Livekultur leben. Das ist der Humus! Das ist einfach nicht in die digitale Welt zu transportieren. Was derzeit extra fürs Netz produziert wird, was ich jedenfalls sehe, ist sehr dürftig. Das sind Schnellschüsse, Akte der Verzweiflung, damit man nicht in Vergessenheit gerät. Aber ich finde, das ist absolut nicht dienlich für das Theater-Genre.
Für das Ticino stellt sich möglicherweise jetzt auch eine Überlebensfrage.
Es ist nicht so knapp, wenn die Zeitdauer von der Schliessung überschaubar ist, wenn wir also im Herbst wieder anfangen könnten. Dann ist es nicht ein so grosses Problem. Wir sind noch liquid, wir haben einen grossartigen Förderverein mit über 800 Mitgliedern. Wir haben kleinere Subventionen, die wir behalten dürfen. Und wir versuchen, die Fixkosten tief zu halten. Für die Angestellten haben wir Kurzarbeitsentschädigung und das ist natürlich eine Überlebenshilfe. Für uns kommt das Problem erst im Herbst. Wenn die Distanzwahrung und Abstandsregelungen bleiben, dann gibt es ein Problem, wenn das längerfristig ist.
Das können Sie vermutlich gar nicht einhalten. Haben Sie dafür ein Konzept?
Das müssen wir uns noch überlegen, was wir dann unternehmen. Wir können die Hälfte des Zuschauerraumes bestuhlen mit 1.5 bis zwei Meter Abstand. Das wird eine rechte Herausforderung. Also wenn die Abstandsregelung bleibt und man spielen könnte, wird es schwierig. Wir erhalten dann keine Kurzarbeitsentschädigung mehr, können aber auch nicht mehr genug einspielen. Wir müssen die Künstler dennoch engagieren, das Programm ist bis Ende 2021 gemacht. Ob wir das Programm in dem Charakter durchziehen können, ist absolut fraglich. Ob es beispielsweise mit einem Ensemble auf der Bühne funktioniert, ist fraglich. Schauspieler und Schauspielerinnen mit Schutzmasken ist fast nicht vorstellbar. Und und und. Ich habe mehr Respekt vor dem, was kommt, als vor dem, was ist im Moment.
Mitte März kam der Lockdown. Waren Sie schockiert oder haben sie das erwartet?
Ich hatte das erwartet. Bei mir hat es sich geändert, als Italien dicht gemacht hat. Als sie begannen, in der Lombardei Städte abzuriegeln. Dann dachte ich, jetzt geht es auch bei uns nicht mehr lange. Ich habe viele Telefonate von verunsicherten Zuschauerinnen und Zuschauern erhalten, die fragten, ob wir spielen und ob wir genug Abstand halten können. Viele hatten Angst. Da habe ich gesagt: «Bleiben Sie lieber daheim, wenn Sie Angst haben, es hat keinen Sinn, wenn Sie dann noch kommen.» Wir hatten also schon vor dem Lockdown viele Ausfälle von Zuschauerinnen und Zuschauern, die in letzter Minute abgesagt haben. Und das gilt es natürlich zu akzeptieren. Wir haben dann bereits drei oder vier Tage vorher geschlossen, bevor wir es hätten müssen. Ich war irgendwann der Meinung, wir können es nicht verantworten, unser Publikum in Gefahr zu bringen.
Das heisst, Sie sehen die Massnahmen des Bundes durchaus als gerechtfertigt an.
Absolut. Das ist überhaupt keine Frage.
Die Filmnächte Rosenmattpark wären nun das nächste grössere Ereignis. Denken Sie, das kann stattfinden? Können wir uns freuen auf diesen Filmsommer?
Ich weiss genauso viel wie Sie. Der Bundesrat hat noch nichts gesagt zu den Massenveranstaltungen im Sommer. Ich wäre nicht überrascht, wenn es abgesagt würde. Da es eine Veranstaltung mit über 500 Leuten ist. Ich könnte mir vorstellen, dies in einer redimensionierten Form durchzuführen, dass wir vielleicht nur für 200 bis 250 Plätzen aufbauen, mit Mundschutz, Absperrungen und weiss der Teufel was alles … wenn, dann hat man sich aber vielleicht schon so daran gewöhnt, dass es selbst für das Publikum gar nichts seltsames mehr ist. Ich hoffe natürlich sehr, dass wir es durchführen können, in welcher Form auch immer. Ob es dann wirklich klappt, das bleibt dahingestellt.
Sie stecken vermutlich mitten in den Vorbereitungen und haben auch Partner im Boot. Lohnt sich ein solcher Anlass denn finanziell überhaupt noch, wenn Sie nur mit halber Zuschauerzahl rechnen könnten?
Natürlich stellt man sich diese Frage. Aber es ist nicht die erste Frage, die sich stellt. Ich finde, ein kultureller Anlass hat so einen wichtigen Aspekt, gerade jetzt für unsere Gesellschaft, dass wir etwas bieten, wo sich die Menschen treffen können, auch wenn es auf Distanz ist. Damit es eine minimale Form von Normalität gibt, man miteinander wieder Kunst und Kultur geniessen kann und dies einem über die Zeit hinweghilft. Wenn wir dazu etwas beitragen können, ist das ganz wichtig.
Bei aller Dramatik, können Sie der Situation etwas Positives abgewinnen?
Das kann man erst im Nachhinein sagen. Ich habe seit Jahrzehnten eine sehr unregelmässige Arbeitszeit in meinem Alltag. Ich komme immer wieder zu meiner Muse, habe immer wieder Stress. Es wechselt sich so häufig ab. Es ist für mich persönlich überhaupt nichts Neues, daheim zu sein und mich mit mir zu beschäftigten. Da das nun alle machen müssen, muss ich nicht einmal mehr ein schlechtes Gewissen haben. (lacht) Ob die Leute nachher wieder ins gleiche Konsumieren und in die gleiche Gier von früher zurückfallen oder ob sich auch in den Köpfen der Menschen etwas ändert, das werden wir sehen. Ob sich im Theater etwas ändert, auch das werden wir sehen. Vielleicht gibt es neue Formen oder Möglichkeiten, die sich ergeben.
Ich sehe gewisse positive Effekte, auch zwischenmenschlich. Aber ich sehe auch, dass dies schnell wieder kippt, auch politisch, dass die Ungeduld da ist. Es kippt schnell wieder. Daher habe ich nicht nur Hoffnungen auf grosse Chancen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Rundgang durchs Ticino: „Un poco di melancolia“
Interview und Video: Jana Riedmüller
Videoschnitt und Bearbeitung: Arabelle Frey