Vergangenen Freitag kam der Hammerschlag: Die Welt steht still – oder wird sich zumindest um einiges langsamer drehen als bis anhin. Hielten wir die bis zu diesem Tag getroffenen Massnahmen schon einschneidend, trifft es nun die ganze Schweiz, die ganze Gesellschaft.
Einrichtungen für unsere älteren Mitbewohner? Abgeriegelt. Sport? Abgesagt. Es werden keine Schweizer Meister gekrönt, die Pokale bleiben in den Trophäenschränken. Der Handball-Club Wädenswil darf sich über seinen Derbysieg gegen Stäfa freuen, aber das war’s dann. Meisterschaft abgesagt. Und es sind nicht nur nationale Meisterschaften betroffen, der FC Wädenswil hat den gesamten Trainings- und Spielbetrieb aller Teams bis auf weiteres eingestellt. Die Schulen sind geschlossen, Lehrpersonen und Schüler müssen sich bis zu den Frühlingsferien neu organisieren. Bäder, Zoos, Skigebiete: «wegen Zu geschlossen».
Restaurationsbetriebe und Hotellerie dürften schwere Einbussen verzeichnen, Künstler können nicht mehr auftreten, Vereine sagen ihre Veranstaltungen ab. Die gesamte Volkswirtschaft wird darben. Wir müssen uns auf eine Rezession einstellen.
Machten wir uns in den sozialen Medien noch lustig über Hamsterkäufe bei unseren nördlichen und südlichen Nachbarn, mussten wir ab dem Freitag, dem 13. feststellen: Wir sind keinen Deut besser. Schlange stehen, bevor der Grossverteiler am Morgen öffnet, leere Regale spätestens um
10 Uhr. Kommt es bald soweit, dass wir uns nächstens um das letzte Pack Tiefkühlerbsen prügeln?
Vielleicht bringt die aktuelle Situation die Menschheit auch zum Nachdenken: Wenn wir innert 24 Stunden um die ganze Welt reisen können, kann das ein Virus auch. Ist die weiter vorangetriebene und gelobte Globalisierung das Ei des Kolumbus (der ja notabene einer der ersten «Globalisierer» war)? Wäre eine Rückbesinnung auf heimische Werte angebracht? Etwas mehr «patschifig» (rätoromanisch für gemütlich, seelenruhig, friedlich), etwas weniger «hurry up» (englisch für Beeilung).
Immerhin: Die Jugend kannte «viral gehen» nur als geflügeltes Wort aus dem Internet, etwa für ein lustiges oder peinliches Youtube-Filmli. Den wahren Sinn von viral können sie nun im «Real Life» mitverfolgen.
Leider öffnet der Virus und die vom Bundesrat und den weiteren Regierungen weltweit verordneten Massnahmen auch Tür und Tor für Verschwörungstheoretiker. Nostradamus‘ Prophezeiungen sind hier noch die harmlosesten, die können eh nach Lust und Laune interpretiert werden.
Die Bulgarin Baba Wanga, 1996 im Alter von 85 Jahren verstorben, galt als eine der berühmtesten Seherinnen der Welt und wurde als «lebende Heilige» oder als «Nostradamus des Balkans» verehrt. Die blinde Frau soll bereits den Tsunami 2004 in Ostasien, die Anschläge vom 11. September sowie den Aufstieg des IS prophezeit haben – und was hat sie für Europa im Jahr 2020 prophezeit? Ein schlimmes Jahr, denn Europa soll nämlich 2020 kaum noch besiedelt sein. Schlimmer noch: in den nächsten fünf Jahren soll die Anzahl der bereits dezimierten Bevölkerung Europas weiter abnehmen. Doch Baba Wanga hat für 2010 auch den 3. Weltkrieg vorhergesagt.
Natürlich ist hier das Internet ein besonders guter Nährboden für solche Auswüchse – sogar Kim Kardashian, das amerikanische It-Girl, mischt hier mit. Verschwörungstheoretiker haben auch deshalb leichtes Spiel, weil der Ursprung und die Verbreitung des neuen Virus immer noch unklar ist.
Viele Menschen sind besorgt und suchen in Online-Netzwerken nach Erklärungen. Und dann gibt’s noch die Besserwisser (« Ich hab’s ja immer gesagt, und jetzt seht zu wie …») oder die notorischen Verharmloser («die Schweinegrippe haben wir auch überlebt»).
Tatsächlich aber werden wir in unserer Bewegungsfreiheit so drastisch eingeschränkt wie noch nie. Wir erleben historisches mit, vergleichbar mit den Einschränkungen, die ein Kriegsausbruch mitbringt. Geschlossene Grenzen – ja, sogar wir Schweizer gehören zu den Ausgeschlossenen! Alles, was wir jetzt erleben, ist für die meisten von uns absolut noch nie dagewesen, und jeder Tag ist nun Neuland.
Auch in dieser Zeitungsausgabe ist nicht alles wie immer: Hier auf dieser Seite wäre ein Premierenbericht geplant gewesen, auf anderen Seiten finden Sie den Vermerk «Abgesagt». Die Seiten dieser Ausgabe wären bereit gewesen für die Übermittlung an die Druckerei, als die bundesrätliche Verschärfung der Massnahmen auf der Redaktion eintrafen. Nicht alles konnte noch angepasst werden, informieren Sie sich bei den Veranstaltern, ob und in welchem Rahmen Veranstaltungen noch stattfinden.
Prognosen über den weiteren Verlauf der Pandemie können täglich ändern; greifen die weltweit angewandten Massnahmen, kann in ein paar Wochen wieder Normalität einkehren.
Behalten Sie kühlen Kopf (dann haben Sie auch kein Fieber) und halten Sie sich an die geflügelten Worte von Dragoslav Stepanović, ausgesprochen 1992 als Trainer von Eintracht Frankfurt, die eben eine Meisterschaft verspielt hat: «Lebbe geht weider».
Bleiben Sie gesund!
Stefan Baumgartner, Verleger Wädenswiler Anzeiger
Vergangenen Freitag kam der Hammerschlag: Die Welt steht still – oder wird sich zumindest um einiges langsamer drehen als bis anhin. Hielten wir die bis zu diesem Tag getroffenen Massnahmen schon einschneidend, trifft es nun die ganze Schweiz, die ganze Gesellschaft.
Einrichtungen für unsere älteren Mitbewohner? Abgeriegelt. Sport? Abgesagt. Es werden keine Schweizer Meister gekrönt, die Pokale bleiben in den Trophäenschränken. Der Handball-Club Wädenswil darf sich über seinen Derbysieg gegen Stäfa freuen, aber das war’s dann. Meisterschaft abgesagt. Und es sind nicht nur nationale Meisterschaften betroffen, der FC Wädenswil hat den gesamten Trainings- und Spielbetrieb aller Teams bis auf weiteres eingestellt. Die Schulen sind geschlossen, Lehrpersonen und Schüler müssen sich bis zu den Frühlingsferien neu organisieren. Bäder, Zoos, Skigebiete: «wegen Zu geschlossen».
Restaurationsbetriebe und Hotellerie dürften schwere Einbussen verzeichnen, Künstler können nicht mehr auftreten, Vereine sagen ihre Veranstaltungen ab. Die gesamte Volkswirtschaft wird darben. Wir müssen uns auf eine Rezession einstellen.
Machten wir uns in den sozialen Medien noch lustig über Hamsterkäufe bei unseren nördlichen und südlichen Nachbarn, mussten wir ab dem Freitag, dem 13. feststellen: Wir sind keinen Deut besser. Schlange stehen, bevor der Grossverteiler am Morgen öffnet, leere Regale spätestens um
10 Uhr. Kommt es bald soweit, dass wir uns nächstens um das letzte Pack Tiefkühlerbsen prügeln?
Vielleicht bringt die aktuelle Situation die Menschheit auch zum Nachdenken: Wenn wir innert 24 Stunden um die ganze Welt reisen können, kann das ein Virus auch. Ist die weiter vorangetriebene und gelobte Globalisierung das Ei des Kolumbus (der ja notabene einer der ersten «Globalisierer» war)? Wäre eine Rückbesinnung auf heimische Werte angebracht? Etwas mehr «patschifig» (rätoromanisch für gemütlich, seelenruhig, friedlich), etwas weniger «hurry up» (englisch für Beeilung).
Immerhin: Die Jugend kannte «viral gehen» nur als geflügeltes Wort aus dem Internet, etwa für ein lustiges oder peinliches Youtube-Filmli. Den wahren Sinn von viral können sie nun im «Real Life» mitverfolgen.
Leider öffnet der Virus und die vom Bundesrat und den weiteren Regierungen weltweit verordneten Massnahmen auch Tür und Tor für Verschwörungstheoretiker. Nostradamus‘ Prophezeiungen sind hier noch die harmlosesten, die können eh nach Lust und Laune interpretiert werden.
Die Bulgarin Baba Wanga, 1996 im Alter von 85 Jahren verstorben, galt als eine der berühmtesten Seherinnen der Welt und wurde als «lebende Heilige» oder als «Nostradamus des Balkans» verehrt. Die blinde Frau soll bereits den Tsunami 2004 in Ostasien, die Anschläge vom 11. September sowie den Aufstieg des IS prophezeit haben – und was hat sie für Europa im Jahr 2020 prophezeit? Ein schlimmes Jahr, denn Europa soll nämlich 2020 kaum noch besiedelt sein. Schlimmer noch: in den nächsten fünf Jahren soll die Anzahl der bereits dezimierten Bevölkerung Europas weiter abnehmen. Doch Baba Wanga hat für 2010 auch den 3. Weltkrieg vorhergesagt.
Natürlich ist hier das Internet ein besonders guter Nährboden für solche Auswüchse – sogar Kim Kardashian, das amerikanische It-Girl, mischt hier mit. Verschwörungstheoretiker haben auch deshalb leichtes Spiel, weil der Ursprung und die Verbreitung des neuen Virus immer noch unklar ist.
Viele Menschen sind besorgt und suchen in Online-Netzwerken nach Erklärungen. Und dann gibt’s noch die Besserwisser (« Ich hab’s ja immer gesagt, und jetzt seht zu wie …») oder die notorischen Verharmloser («die Schweinegrippe haben wir auch überlebt»).
Tatsächlich aber werden wir in unserer Bewegungsfreiheit so drastisch eingeschränkt wie noch nie. Wir erleben historisches mit, vergleichbar mit den Einschränkungen, die ein Kriegsausbruch mitbringt. Geschlossene Grenzen – ja, sogar wir Schweizer gehören zu den Ausgeschlossenen! Alles, was wir jetzt erleben, ist für die meisten von uns absolut noch nie dagewesen, und jeder Tag ist nun Neuland.
Auch in dieser Zeitungsausgabe ist nicht alles wie immer: Hier auf dieser Seite wäre ein Premierenbericht geplant gewesen, auf anderen Seiten finden Sie den Vermerk «Abgesagt». Die Seiten dieser Ausgabe wären bereit gewesen für die Übermittlung an die Druckerei, als die bundesrätliche Verschärfung der Massnahmen auf der Redaktion eintrafen. Nicht alles konnte noch angepasst werden, informieren Sie sich bei den Veranstaltern, ob und in welchem Rahmen Veranstaltungen noch stattfinden.
Prognosen über den weiteren Verlauf der Pandemie können täglich ändern; greifen die weltweit angewandten Massnahmen, kann in ein paar Wochen wieder Normalität einkehren.
Behalten Sie kühlen Kopf (dann haben Sie auch kein Fieber) und halten Sie sich an die geflügelten Worte von Dragoslav Stepanović, ausgesprochen 1992 als Trainer von Eintracht Frankfurt, die eben eine Meisterschaft verspielt hat: «Lebbe geht weider».
Bleiben Sie gesund!
Stefan Baumgartner, Verleger Wädenswiler Anzeiger