Paula Gross (links) und Julia Jakob-Gross treten am Muttertag in Richterswil an. (Bild: Matthias Luggen)
Am Sonntag, 12. Mai, findet in Richterswil ein nationaler Sprint-OL statt, der für die Läuferinnen und Läufer des Nationalkaders eine zusätzliche Bedeutung hat, weil er als Testlauf im Hinblick auf den Weltcup-Block in Finnland gilt.
Die beiden Schwestern Julia Jakob und Paula Gross sind in Richterswil aufgewachsen und kennen das Dorf wie ihre eigenen Hosentaschen. Wie ist es für sie, hier auf Postensuche zu gehen? Der Wädenswiler Anzeiger fragte nach.
In der Leichtathletik misst ein Sprint hundert oder zweihundert Meter, wie muss sich ein OL-Laie einen Sprint-OL vorstellen?
JJ: Bei einem Sprint-OL gilt es, mit Hilfe einer speziellen OL-Karte im Massstab 1:4000 in möglichst kurzer Zeit einen auf der Karte eingezeichneten Parcours, der etwa drei Kilometer misst, abzulaufen. Sprint-Orientierungsläufe finden meistens im urbanen Gelände statt und dauern für die Elite-Läuferinnen und Elite-Läufern circa zwölf bis fünfzehn Minuten.
PG: Beim Sprint-OL geht alles sehr schnell. Es gibt viele Posten, die manchmal nur hundert Meter voneinander entfernt sind.
Der nationale OL in Richterswil ist ja auch ein Testlauf im Hinblick auf den ersten Weltcup-Block dieser Saison in Finnland. Freut Ihr Euch auf den Lauf oder ist das eher eine lästige Pflichtübung?
JJ: Ich freue mich sehr, in Richterswil laufen zu können. Zur Selektion für den Weltcup zählen noch zwei Testläufe im französischen Jura, die vor dem nationalen OL in Richterswil stattfinden. Mein Ziel ist, das Ticket für den Weltcup in Finnland schon nach den Testläufen im Wald gelöst zu haben. Für den Lauf in Richterswil mache ich bei Bekannten Werbung und animiere sie, mitzumachen und selber OL auszuprobieren. Weil ich seit fünf Jahren in Oerlikon lebe, freue ich mich in Richterswil wieder Leute zu treffen, die ich schon eine Weile nicht mehr gesehen habe.
PG: Ich spüre schon etwas Druck, denn der Sprint ist meine stärkste Disziplin und ich will hier zeigen, was ich kann.
Die Selektion für den Weltcup zu schaffen, ist für mich nicht so einfach.
Seid ihr nervös, wenn Ihr an den Lauf denkt?
PG: Ja, die Tatsache, dass der Nationale in Richterswil ein Testlauf ist, macht mich nervös.
JJ: Auch ich bin etwas nervös. Eigentlich bin ich vor jedem Lauf nervös. Aber das ist gut so, das gibt mir den nötigen Extrakick.
Julia und Paula, Ihr kennt Richterswil wie Eure Hosentasche. Ist das nicht etwas langweilig? Wie gross ist Euer Heimvorteil?
PG und JJ: Nein, nein, das ist überhaupt nicht langweilig!
JJ: Wir kennen zwar von den vielen Trainings im Dorfkern jedes Weglein und jedes Haus. Die besten Sprinterinnen lesen aber so schnell Karte, dass unser Heimvorteil eher bescheiden ist. Vielleicht haben wir aber einen kleinen mentalen Vorteil, weil die Gegnerinnen wissen, dass wir hier aufgewachsen sind.
PG: Wir wissen, dass für diesen Lauf das Mühlebachquartier neu kartiert wurde. In diesem Teil des Dorfes hat noch nie ein OL stattgefunden. Zudem werden am Lauftag im Dorfkern künstliche Zäune stehen. Das heisst, einzelne Gassen und Strassen sind gesperrt. Das wird dann auch für uns Einheimische Überraschungen geben und wird uns, wie alle anderen Teilnehmenden, zwingen, die Karte genau zu lesen.
Wie läuft man als einheimische OL-Läuferin zum Beispiel vom Dubach zur Post?
JJ: Das ist tatsächlich schwierig. Als normale Fussgängerin würde ich die kleinen, verkehrsfreien Wege nehmen. Im OL zählt aber nur der kürzeste und schnellste Weg. Das heisst, wir müssen die Karte anschauen, wie wenn wir das Gelände nicht kennen würden und uns für die beste Route entscheiden. Bei der Umsetzung haben wir dann einen kleinen Vorteil, weil wir auf dem Weg zum Ziel jeden Eingang und jede Treppe kennen und deshalb nicht mehr auf die Karte schauen müssen.
PG: Ich sehe das auch so. Wir müssen die Karte «neutral» lesen und können nachher den Routenentscheid auswendig umsetzen.
Wie sieht Eure Vorbereitung auf diesen besonderen Wettkampf aus?
PG: Ich werde OL-Kolleginnen, die das Dorf anschauen wollen, Richterswil zeigen und insbesondere das Mühlebach-Quartier begutachten. Allerdings dürfen wir keine Karten mitnehmen und keine Routen testen.
J lacht: Ich schneide mir eine grosse Scheibe Brot ab, streiche darauf Honig und in der Mitte einen Streifen rote Konfitüre, so dass alles aussieht wie das Richterswiler Wappen und esse das Honig-Konfi-Brot genüsslich.
Jetzt ernsthaft: Auch mich interessiert natürlich das Quartier auf der anderen Seite der Zugerstrasse. Ich will wissen, wo es versteckte Eingänge und Durchgänge hat und überlege mir, wie das wohl auf der Karte dann aussieht.
Normalerweise sind Gelände, wo Testläufe für die Nationalmannschaft stattfinden, für die potenziellen Teilnehmenden gesperrt. Wie ist das in Richterswil und wie wird die Fairness
für alle Teilnehmenden gewährleistet?
PG: Eigentlich wollten die Trainer zuerst wie üblich bei Testläufen das Laufgelände in Richterswil ganz sperren. Dann haben sie aber gemerkt, dass das nicht geht, weil ich ja hier lebe. Aus Fairnessgründen haben sie dann entschieden, dass sich sämtliche Teilnehmenden in Richterswil mit den oben erwähnten Einschränkungen frei bewegen dürfen. Die künstlichen Zäune sollen zudem unseren Heimvorteil vermindern.
JJ: Wenn der nationale OL kein Testlauf wäre, hätte ich auf einen Start in Richterswil aus Fairnessgründen verzichtet.
Alle Testlaufteilnehmenden müssen sich vor dem Wettkampf in der Turnhalle Feld in eine Quarantäne begeben. Was machen Athletinnen in der Quarantäne?
PG: Die Trainer wollen, dass wir vor dem Lauf keinerlei Kontakt zu Läuferinnen und Läufer haben, die den Parcours bereits absolviert haben. Wir müssen in der Turnhalle Feld alle elektronischen Geräte auf offline stellen und in den Sporttaschen versorgen, damit wir keinen Internetempfang haben. Ich werde mich während der Quarantänezeit sorgfältig aufwärmen und einlaufen.
JJ: Weil wir Eliteläuferinnen früh starten dürfen, werden wir uns anders als an einem Weltcup nicht lange in der Quarantäne aufhalten. An einem Weltcup-Lauf sitzen wir manchmal stundenlang in der Quarantäne. Dann wird gelesen, geschlafen, Blödsinn geschwatzt und das Leben ohne Internet genossen.
Wer von Euch beiden wird am 12.5. schneller sein?
JJ sofort: Ich! – Paula, Du musst jetzt auch «ich» sagen! Du musst an Dich glauben!
PG: Ja, das stimmt. Immerhin habe ich Dich bei den letzten drei Strassenläufen geschlagen. Aber Strassenläufe und OL sind eben nicht dasselbe, und in diesem Jahr sind wir noch in keinem Sprint-OL gegeneinander angetreten. (mg)
Paula Gross (links) und Julia Jakob-Gross treten am Muttertag in Richterswil an. (Bild: Matthias Luggen)
Am Sonntag, 12. Mai, findet in Richterswil ein nationaler Sprint-OL statt, der für die Läuferinnen und Läufer des Nationalkaders eine zusätzliche Bedeutung hat, weil er als Testlauf im Hinblick auf den Weltcup-Block in Finnland gilt.
Die beiden Schwestern Julia Jakob und Paula Gross sind in Richterswil aufgewachsen und kennen das Dorf wie ihre eigenen Hosentaschen. Wie ist es für sie, hier auf Postensuche zu gehen? Der Wädenswiler Anzeiger fragte nach.
In der Leichtathletik misst ein Sprint hundert oder zweihundert Meter, wie muss sich ein OL-Laie einen Sprint-OL vorstellen?
JJ: Bei einem Sprint-OL gilt es, mit Hilfe einer speziellen OL-Karte im Massstab 1:4000 in möglichst kurzer Zeit einen auf der Karte eingezeichneten Parcours, der etwa drei Kilometer misst, abzulaufen. Sprint-Orientierungsläufe finden meistens im urbanen Gelände statt und dauern für die Elite-Läuferinnen und Elite-Läufern circa zwölf bis fünfzehn Minuten.
PG: Beim Sprint-OL geht alles sehr schnell. Es gibt viele Posten, die manchmal nur hundert Meter voneinander entfernt sind.
Der nationale OL in Richterswil ist ja auch ein Testlauf im Hinblick auf den ersten Weltcup-Block dieser Saison in Finnland. Freut Ihr Euch auf den Lauf oder ist das eher eine lästige Pflichtübung?
JJ: Ich freue mich sehr, in Richterswil laufen zu können. Zur Selektion für den Weltcup zählen noch zwei Testläufe im französischen Jura, die vor dem nationalen OL in Richterswil stattfinden. Mein Ziel ist, das Ticket für den Weltcup in Finnland schon nach den Testläufen im Wald gelöst zu haben. Für den Lauf in Richterswil mache ich bei Bekannten Werbung und animiere sie, mitzumachen und selber OL auszuprobieren. Weil ich seit fünf Jahren in Oerlikon lebe, freue ich mich in Richterswil wieder Leute zu treffen, die ich schon eine Weile nicht mehr gesehen habe.
PG: Ich spüre schon etwas Druck, denn der Sprint ist meine stärkste Disziplin und ich will hier zeigen, was ich kann.
Die Selektion für den Weltcup zu schaffen, ist für mich nicht so einfach.
Seid ihr nervös, wenn Ihr an den Lauf denkt?
PG: Ja, die Tatsache, dass der Nationale in Richterswil ein Testlauf ist, macht mich nervös.
JJ: Auch ich bin etwas nervös. Eigentlich bin ich vor jedem Lauf nervös. Aber das ist gut so, das gibt mir den nötigen Extrakick.
Julia und Paula, Ihr kennt Richterswil wie Eure Hosentasche. Ist das nicht etwas langweilig? Wie gross ist Euer Heimvorteil?
PG und JJ: Nein, nein, das ist überhaupt nicht langweilig!
JJ: Wir kennen zwar von den vielen Trainings im Dorfkern jedes Weglein und jedes Haus. Die besten Sprinterinnen lesen aber so schnell Karte, dass unser Heimvorteil eher bescheiden ist. Vielleicht haben wir aber einen kleinen mentalen Vorteil, weil die Gegnerinnen wissen, dass wir hier aufgewachsen sind.
PG: Wir wissen, dass für diesen Lauf das Mühlebachquartier neu kartiert wurde. In diesem Teil des Dorfes hat noch nie ein OL stattgefunden. Zudem werden am Lauftag im Dorfkern künstliche Zäune stehen. Das heisst, einzelne Gassen und Strassen sind gesperrt. Das wird dann auch für uns Einheimische Überraschungen geben und wird uns, wie alle anderen Teilnehmenden, zwingen, die Karte genau zu lesen.
Wie läuft man als einheimische OL-Läuferin zum Beispiel vom Dubach zur Post?
JJ: Das ist tatsächlich schwierig. Als normale Fussgängerin würde ich die kleinen, verkehrsfreien Wege nehmen. Im OL zählt aber nur der kürzeste und schnellste Weg. Das heisst, wir müssen die Karte anschauen, wie wenn wir das Gelände nicht kennen würden und uns für die beste Route entscheiden. Bei der Umsetzung haben wir dann einen kleinen Vorteil, weil wir auf dem Weg zum Ziel jeden Eingang und jede Treppe kennen und deshalb nicht mehr auf die Karte schauen müssen.
PG: Ich sehe das auch so. Wir müssen die Karte «neutral» lesen und können nachher den Routenentscheid auswendig umsetzen.
Wie sieht Eure Vorbereitung auf diesen besonderen Wettkampf aus?
PG: Ich werde OL-Kolleginnen, die das Dorf anschauen wollen, Richterswil zeigen und insbesondere das Mühlebach-Quartier begutachten. Allerdings dürfen wir keine Karten mitnehmen und keine Routen testen.
J lacht: Ich schneide mir eine grosse Scheibe Brot ab, streiche darauf Honig und in der Mitte einen Streifen rote Konfitüre, so dass alles aussieht wie das Richterswiler Wappen und esse das Honig-Konfi-Brot genüsslich.
Jetzt ernsthaft: Auch mich interessiert natürlich das Quartier auf der anderen Seite der Zugerstrasse. Ich will wissen, wo es versteckte Eingänge und Durchgänge hat und überlege mir, wie das wohl auf der Karte dann aussieht.
Normalerweise sind Gelände, wo Testläufe für die Nationalmannschaft stattfinden, für die potenziellen Teilnehmenden gesperrt. Wie ist das in Richterswil und wie wird die Fairness
für alle Teilnehmenden gewährleistet?
PG: Eigentlich wollten die Trainer zuerst wie üblich bei Testläufen das Laufgelände in Richterswil ganz sperren. Dann haben sie aber gemerkt, dass das nicht geht, weil ich ja hier lebe. Aus Fairnessgründen haben sie dann entschieden, dass sich sämtliche Teilnehmenden in Richterswil mit den oben erwähnten Einschränkungen frei bewegen dürfen. Die künstlichen Zäune sollen zudem unseren Heimvorteil vermindern.
JJ: Wenn der nationale OL kein Testlauf wäre, hätte ich auf einen Start in Richterswil aus Fairnessgründen verzichtet.
Alle Testlaufteilnehmenden müssen sich vor dem Wettkampf in der Turnhalle Feld in eine Quarantäne begeben. Was machen Athletinnen in der Quarantäne?
PG: Die Trainer wollen, dass wir vor dem Lauf keinerlei Kontakt zu Läuferinnen und Läufer haben, die den Parcours bereits absolviert haben. Wir müssen in der Turnhalle Feld alle elektronischen Geräte auf offline stellen und in den Sporttaschen versorgen, damit wir keinen Internetempfang haben. Ich werde mich während der Quarantänezeit sorgfältig aufwärmen und einlaufen.
JJ: Weil wir Eliteläuferinnen früh starten dürfen, werden wir uns anders als an einem Weltcup nicht lange in der Quarantäne aufhalten. An einem Weltcup-Lauf sitzen wir manchmal stundenlang in der Quarantäne. Dann wird gelesen, geschlafen, Blödsinn geschwatzt und das Leben ohne Internet genossen.
Wer von Euch beiden wird am 12.5. schneller sein?
JJ sofort: Ich! – Paula, Du musst jetzt auch «ich» sagen! Du musst an Dich glauben!
PG: Ja, das stimmt. Immerhin habe ich Dich bei den letzten drei Strassenläufen geschlagen. Aber Strassenläufe und OL sind eben nicht dasselbe, und in diesem Jahr sind wir noch in keinem Sprint-OL gegeneinander angetreten. (mg)