Der prächtige Gebäudekomplex auf dem Hornareal hat schon mehrfach den Besitzer gewechselt und manchen Wandel durchlebt. Seit einem Vierteljahrhundert bieten die zur Jugendherberge umgebauten Häuser den Reisenden Schutz und Unterkunft.
Am 30. September reihte sich Festbank an Festbank auf der Terrasse des in hellen Farben gehaltenen Hauses auf dem Richterswiler Horn. Auf dem Grill brutzelten feine Würste, der Racletteofen lief auf Hochtouren und fast pausenlos wurden Getränke über die Theke gereicht – das Team der Jugendherberge hatte alle Hände voll zu tun. Für die musikalische Unterhaltung zeichnete die Schweizer Band Troubadour aus Wädenswil und sorgte mit vielfältigem Repertoire und Stil für gute Laune.
Auf der angrenzenden Wiese war eine Hüpfburg für die Kinder aufgebaut und im ersten Stock der Schweizer Jugendherberge standen zwei Zimmer offen, welche der interessierte Besucher begutachten konnte. Tatsächlich schwelgte ein schon betagtes Ehepaar bei der Besichtigung in Erinnerungen an so manche Nacht in der «Jugi».
Im Jahre 1843 bezog der Weinhändler Johann Jakob Blattmann das grosszügig angelegte und im klassizistischen Stil gebaute Gebäude, welches er selbst in Auftrag gegeben hatte.
Ein Haus mit Vergangenheit
Ein eigens angelegtes Nebengebäude diente als Kellergebäude. Durch den frühen Tod von Blattmann musste nur zehn Jahre später der Besitz durch die Familie veräussert werden. Erstanden hat es Konrad Egli, welcher im Kellergebäude die Seidenstofffabrikation aufbaute. Schon bald reichte der Platz nicht mehr aus, denn der Handel mit Seidenstoffen florierte zu jener Zeit gut. So wurde das Nebengebäude abgerissen und Egli liess ein zweites Haus im gleichen Stil wie das Wohngebäude erbauen.
Doch auch ihm blieb das Glück nicht hold: 1858 starb er hoch verschuldet und das Anwesen wechselte erneut den Besitzer. Insgesamt sechs weitere Male wurde der Gebäudekomplex veräussert, bis 1976 der Kanton Zürich das Richterswiler Horn erwarb. Trotz gut durchdachtem Nutzungskonzept konnte dessen Finanzierung nicht zur Zufriedenheit geregelt werden. Wiederum zehn Jahre später fiel das Fabrikgebäude der Abrissbirne zum Opfer – dies hätte die Jugendherberge werden sollen – und sämtliche Pläne von damals schienen begraben. Ein Vorstoss von politischer Seite her ermöglichte es 1988, dass ein Baukredit genehmigt wurde, die Landzunge dem Naherholungsgebiet zugeführt und die «Jugi» in Betrieb genommen werden konnte.
Ein Schmuckstück
Zum Schutzobjekt erklärt, konnte der Gebäudekomplex nicht einfach nach Belieben umgebaut werden. So mussten etwa die alten Säulen in sämtlichen Stockwerken stehen bleiben und sichtbar sein. Dieser Anforderung stellte sich das Architekturbüro Max Baumann & Georges J. Frey aus Zürich und sie erfüllten ihre Aufgabe meisterlich, ohne dem Drang zu erliegen, sich selbst verwirklichen zu wollen. So wurden etwa sämliche Nassräume in dem Verbindungsbau zwischen den beiden Häusern eingebaut, ein Lift führt in jedes Stockwerk und alle Räume sind rollstuhlgängig. Das ist teils bis heute nicht in allen Schweizer Jugendherbergen möglich, so ist die «Jugi» Richterswil ein Vorreiter in diesem Gebiet.
Dieser Ausbaustandard bringt im Sommer mehrere Heime dazu, ihren Bewohnern Ferien in Richterswil zu ermöglichen
Insgesamt werden achtzig Betten angeboten, welche auf Zweibett- und Vierbettzimmer verteilt sind, plus ein Zimmer mit sechs Betten, zu dem der kleine steinerne Balkon gehört, welcher über dem Eingang thront. Eines der Zweierzimmer dient als so genannte Honeymoon-Suite: in diesem befindet sich noch original Stuckwerk an der Decke. Die Infrastruktur lässt kaum Wünsche offen, die Lage direkt am See und die Nähe zum Bahnhof sind geradezu ideal.
Ein Meister am Werk
Geführt wird das Unternehmen nun schon in der sechsten Saison von Daniel Walser. Zusammen mit seinem sechsköpfigen Team übernimmt er fast sämtliche Aufgaben, welche sich an diesem Arbeitsplatz stellen, sei es die Reinigung der Böden, Reparaturen jeglicher Art oder die Organisation eines Banketts. Dabei ist der 43-jährige eigentlich eidgenössisch diplomierter Küchenchef. Er war acht Jahre lang an der Hotelfachschule im Belvoirpark Zürich tätig, bekochte dort Bundespräsidenten, Könige und internationale Stars. Er begann ein Studium als Lebensmitteltechnologe, merkte aber bald, dass ihm der Kontakt zu den Menschen fehlt. Durch Zufall entdeckte er das Inserat der Schweizer Jugendherbergen und nach mehrfacher Begutachtung und gutem Überlegen, nahm er diese neue Herausforderung an.
Die zahlreichen Aufgaben, die eine solche Anstellung mit sich bringt, der Kontakt mit den unterschiedlichsten Gästen aus aller Welt, das empfindet Daniel Walser als spannend und abwechslungsreich. Nicht mehr jeden Tag nur in der Küche stehen, sondern überall mit anpacken, das gefällt ihm. Und er bereitet eine Portion Pommes frites ebenso gerne zu wie ein Kalbsfilet. Das ist eben Leidenschaft. Jedoch sind seine hervorragenden Kochkünste auch bei den zahlreichen Banketten gefragt, welche in der «Jugi» veranstaltet werden und die Gäste wissen das Können des Küchenchefs zu schätzen.
Qualität hat grossen Stellenwert
Nachhaltigkeit ist in diesen Räumen kein Fremdwort, so wird schon beim Frühstück auf Bio gesetzt und bei regionalen Händlern feiner Käse, frische Butter und Brote eingekauft. Am Wochenende werden Zopf und hausgemachtes Birchermüesli aufgetragen. Ein riesiges Ungetüm von Kaffeemaschine versorgt den Besucher mit Tee und Kaffeevarianten.
Nachdem in den Sommermonaten die Zimmer mehrfach hätten belegt werden können, kehrt so langsam Ruhe ein in der «Jugi» auf dem Richterswiler Horn. Die Saison dauert von März bis November, aussergewöhnlich lange für eine Jugendherberge.
Auch das Jubiläumsfest neigte sich am frühen Abend dem Ende zu, bald muss mit den Vorbereitungen für das Abendessen begonnen werden. Das letzte Stück Kuchen wurde verzehrt, der Applaus für die tolle Band verklungen. Daniel Walser und seine Frau Nadine sind zufrieden mit dem Anlass und der Regenguss hat sogar noch bis zum Abend gewartet. (rb)
Jugendherberge Richterswil, Hornstrasse 5, Telefon 044 786 21 88, E-Mail: richterswil@youthhostel.ch.
Saisonschluss am 26. November. Das Beizli am See hat bis 24. März 2018 Winterpause.
Der prächtige Gebäudekomplex auf dem Hornareal hat schon mehrfach den Besitzer gewechselt und manchen Wandel durchlebt. Seit einem Vierteljahrhundert bieten die zur Jugendherberge umgebauten Häuser den Reisenden Schutz und Unterkunft.
Am 30. September reihte sich Festbank an Festbank auf der Terrasse des in hellen Farben gehaltenen Hauses auf dem Richterswiler Horn. Auf dem Grill brutzelten feine Würste, der Racletteofen lief auf Hochtouren und fast pausenlos wurden Getränke über die Theke gereicht – das Team der Jugendherberge hatte alle Hände voll zu tun. Für die musikalische Unterhaltung zeichnete die Schweizer Band Troubadour aus Wädenswil und sorgte mit vielfältigem Repertoire und Stil für gute Laune.
Auf der angrenzenden Wiese war eine Hüpfburg für die Kinder aufgebaut und im ersten Stock der Schweizer Jugendherberge standen zwei Zimmer offen, welche der interessierte Besucher begutachten konnte. Tatsächlich schwelgte ein schon betagtes Ehepaar bei der Besichtigung in Erinnerungen an so manche Nacht in der «Jugi».
Im Jahre 1843 bezog der Weinhändler Johann Jakob Blattmann das grosszügig angelegte und im klassizistischen Stil gebaute Gebäude, welches er selbst in Auftrag gegeben hatte.
Ein Haus mit Vergangenheit
Ein eigens angelegtes Nebengebäude diente als Kellergebäude. Durch den frühen Tod von Blattmann musste nur zehn Jahre später der Besitz durch die Familie veräussert werden. Erstanden hat es Konrad Egli, welcher im Kellergebäude die Seidenstofffabrikation aufbaute. Schon bald reichte der Platz nicht mehr aus, denn der Handel mit Seidenstoffen florierte zu jener Zeit gut. So wurde das Nebengebäude abgerissen und Egli liess ein zweites Haus im gleichen Stil wie das Wohngebäude erbauen.
Doch auch ihm blieb das Glück nicht hold: 1858 starb er hoch verschuldet und das Anwesen wechselte erneut den Besitzer. Insgesamt sechs weitere Male wurde der Gebäudekomplex veräussert, bis 1976 der Kanton Zürich das Richterswiler Horn erwarb. Trotz gut durchdachtem Nutzungskonzept konnte dessen Finanzierung nicht zur Zufriedenheit geregelt werden. Wiederum zehn Jahre später fiel das Fabrikgebäude der Abrissbirne zum Opfer – dies hätte die Jugendherberge werden sollen – und sämtliche Pläne von damals schienen begraben. Ein Vorstoss von politischer Seite her ermöglichte es 1988, dass ein Baukredit genehmigt wurde, die Landzunge dem Naherholungsgebiet zugeführt und die «Jugi» in Betrieb genommen werden konnte.
Ein Schmuckstück
Zum Schutzobjekt erklärt, konnte der Gebäudekomplex nicht einfach nach Belieben umgebaut werden. So mussten etwa die alten Säulen in sämtlichen Stockwerken stehen bleiben und sichtbar sein. Dieser Anforderung stellte sich das Architekturbüro Max Baumann & Georges J. Frey aus Zürich und sie erfüllten ihre Aufgabe meisterlich, ohne dem Drang zu erliegen, sich selbst verwirklichen zu wollen. So wurden etwa sämliche Nassräume in dem Verbindungsbau zwischen den beiden Häusern eingebaut, ein Lift führt in jedes Stockwerk und alle Räume sind rollstuhlgängig. Das ist teils bis heute nicht in allen Schweizer Jugendherbergen möglich, so ist die «Jugi» Richterswil ein Vorreiter in diesem Gebiet.
Dieser Ausbaustandard bringt im Sommer mehrere Heime dazu, ihren Bewohnern Ferien in Richterswil zu ermöglichen
Insgesamt werden achtzig Betten angeboten, welche auf Zweibett- und Vierbettzimmer verteilt sind, plus ein Zimmer mit sechs Betten, zu dem der kleine steinerne Balkon gehört, welcher über dem Eingang thront. Eines der Zweierzimmer dient als so genannte Honeymoon-Suite: in diesem befindet sich noch original Stuckwerk an der Decke. Die Infrastruktur lässt kaum Wünsche offen, die Lage direkt am See und die Nähe zum Bahnhof sind geradezu ideal.
Ein Meister am Werk
Geführt wird das Unternehmen nun schon in der sechsten Saison von Daniel Walser. Zusammen mit seinem sechsköpfigen Team übernimmt er fast sämtliche Aufgaben, welche sich an diesem Arbeitsplatz stellen, sei es die Reinigung der Böden, Reparaturen jeglicher Art oder die Organisation eines Banketts. Dabei ist der 43-jährige eigentlich eidgenössisch diplomierter Küchenchef. Er war acht Jahre lang an der Hotelfachschule im Belvoirpark Zürich tätig, bekochte dort Bundespräsidenten, Könige und internationale Stars. Er begann ein Studium als Lebensmitteltechnologe, merkte aber bald, dass ihm der Kontakt zu den Menschen fehlt. Durch Zufall entdeckte er das Inserat der Schweizer Jugendherbergen und nach mehrfacher Begutachtung und gutem Überlegen, nahm er diese neue Herausforderung an.
Die zahlreichen Aufgaben, die eine solche Anstellung mit sich bringt, der Kontakt mit den unterschiedlichsten Gästen aus aller Welt, das empfindet Daniel Walser als spannend und abwechslungsreich. Nicht mehr jeden Tag nur in der Küche stehen, sondern überall mit anpacken, das gefällt ihm. Und er bereitet eine Portion Pommes frites ebenso gerne zu wie ein Kalbsfilet. Das ist eben Leidenschaft. Jedoch sind seine hervorragenden Kochkünste auch bei den zahlreichen Banketten gefragt, welche in der «Jugi» veranstaltet werden und die Gäste wissen das Können des Küchenchefs zu schätzen.
Qualität hat grossen Stellenwert
Nachhaltigkeit ist in diesen Räumen kein Fremdwort, so wird schon beim Frühstück auf Bio gesetzt und bei regionalen Händlern feiner Käse, frische Butter und Brote eingekauft. Am Wochenende werden Zopf und hausgemachtes Birchermüesli aufgetragen. Ein riesiges Ungetüm von Kaffeemaschine versorgt den Besucher mit Tee und Kaffeevarianten.
Nachdem in den Sommermonaten die Zimmer mehrfach hätten belegt werden können, kehrt so langsam Ruhe ein in der «Jugi» auf dem Richterswiler Horn. Die Saison dauert von März bis November, aussergewöhnlich lange für eine Jugendherberge.
Auch das Jubiläumsfest neigte sich am frühen Abend dem Ende zu, bald muss mit den Vorbereitungen für das Abendessen begonnen werden. Das letzte Stück Kuchen wurde verzehrt, der Applaus für die tolle Band verklungen. Daniel Walser und seine Frau Nadine sind zufrieden mit dem Anlass und der Regenguss hat sogar noch bis zum Abend gewartet. (rb)
Jugendherberge Richterswil, Hornstrasse 5, Telefon 044 786 21 88, E-Mail: richterswil@youthhostel.ch.
Saisonschluss am 26. November. Das Beizli am See hat bis 24. März 2018 Winterpause.