Life & Style Wädenswil

Sportlerfamilien in Schönenberg: generationenübergreifend und verbindend

Zum Thema Sport wurde schon viel geforscht und geschrieben. Für manche ist er ein rotes Tuch und für andere eine Heilsversprechung. Die einen finden Sport total anstrengend – «Sport ist Mord» fand zum Beispiel Winston Churchill – und die anderen brauchen ihn für Glück und Wohlbefinden. Ich habe mir nur die Frage gestellt, wieweit Sport als verbindendes Glied fungieren kann, zum Beispiel in Familien.

Schönenberg liegt in einer sehr ländlichen Gegend und bietet darum auch viel Platz und Gelegenheit sich in der Natur zu bewegen – eben auch um Sport zu treiben.
Ich habe in meinem näheren Umfeld, bei Freunden und ja sogar in meiner eigenen Familie nachgefragt.
Familie Dougan spielt gerne Golf und im Winter fährt man Ski. Vater Paul, 49, ist Golf-Pro und Mutter Nadja, 50, hat als Kind schon mit Vater, Mutter und Bruder Golf gespielt. Darum liegt es auf der Hand, dass die Kinder, Francesca, 13, und Finley, 15, die Familientradition fortsetzen. Keiner der Familie nimmt das Golfen so ernst wie Vater Paul, der nichts lieber tut und schon als Kind seine gesamte Freizeit damit verbrachte. Manchmal wünscht er sich ein grösseres Engagement und noch mehr Leidenschaft für seinen Sport bei Frau und Kindern, aber die Freude am Sport und dass sie ihn auch als Familie betreiben, ist ihm wichtiger.
Nadja erinnert sich, dass sie und ihr Bruder als Kind ins Juniorentraining des Golfclub Schönenberg mussten. «Das bringt den Kindern den Sport schon näher», erinnert sie sich. «Auch uns war es wichtig, dass die Kinder körperlich fit sind, einen Ausgleich zur Schule haben und in ihrer Freizeit nicht nur am PC verbringen.» Finley und Francesca wollen auch andere Sportarten ausprobieren. Francesca spielt leidenschaftlich Fussball und Finley betreibt Kampftsport, Jiu-Jitsu und Chisendo.
«En famille» spielen sie Golf und im Winter fahren alle zusammen Ski. Paul, der Engländer, hat erst als Erwachsener Skifahren gelernt. Der Wintersport ist Nadjas Ressort. Aber Paul hat es schnell und gut gelernt, finden auch die Kinder anerkennend. «Ein Sportler kann jede Sportart schnell lernen», ist Carola, die Grossmutter, überzeugt. «Doch ohne Fleiss kein Preis.» Man müsse die Kinder schon dazu anhalten.

Paul würde sich freuen, wenn seine Kinder mehr auf der Driving Range übten. «Es braucht auch Training. Ich persönlich würde am liebsten jedes Wochenende mit meiner Familie Golf spielen.» «Du bist auch sooo gut», wirft Francesca ein und Nadja sagt: «aber er ist nie zufrieden!»
«Ehrgeizig sind wir schon. Also ich möchte auch so gut wie Papi sein», sagt Francesca, «aber ich finde trainieren langweilig, lieber spiele ich Turniere», und Finley fügt an: «Je besser wir es können, desto mehr Spass macht es. Man muss halt schon üben und unser Vater, der so gut spielt, ist uns auch ein Ansporn und ein Vorbild.» Die beiden Teenager spielen einander die Sätze zu. Paul kommt nicht mehr zu Wort und Nadja lacht: «Über Golf gibt es auch immer so viel zu reden.» Und weiter werden Vor- und Nachteile aufgezählt. Paul weist darauf hin, dass es wichtig ist, Zeit zu investieren und den Kindern von Anfang an zu helfen. Der Aufwand lohnt sich: Dougans spielen oft zusammen Golf, am liebsten in den Ferien. Paul will schliesslich nicht den ganzen Tag am Strand liegen. Darum wählen sie immer Feriendestinationen, wo man auch Golf spielen kann. Nadja erzählt: «Dadurch sind wir in Länder gereist, die wir sonst nicht besucht hätten. Trotzdem, ich liege auch gerne am Strand, gehe aber doch ab und zu mit zum Spielen.» Finley: «Also mir wäre es nur am Strand auch zu langweilig.» Nadjas Statement: «Ich könnte schon ohne Golf leben», hat einen Entrüstungssturm zur Folge. «Aber es ist schön Sport mit der ganzen Familie zu betreiben. Wir haben auch nachher immer etwas zu erzählen und zu lachen», beschwichtigt sie. Ihre Mutter, Carola, 79: «Ich habe auch immer noch Spass am Golfen. Doch die älteren Spieler sollten sich ein wenig mehr entspannen und nicht immer alles so tierisch ernst nehmen. Es braucht noch mehr Junge und dass der Sport noch weniger elitär ist. In der Schweiz ist es trotz Bemühungen der Migros halt immer noch kein Sport für alle und nicht so populär wie zum Beispiel Fussball.» Francesca: «Fussball kann man jederzeit und überall spielen und es kostet wenig bis gar nichts.» Finley: «Also wir im Juniorentraining sind sehr entspannt und gelassen!»
Paul findet eine Sprechlücke: «In der Schweiz hat Golf immer noch einen gesellschaftlichen Aspekt. Man kann wichtige Kontakte knüpfen. Wenn man diese schon in Jugendjahren aufbauen kann, ist das im Business vielleicht hilfreich.» Nadja: «Ich glaube, die Kinder sehen eher die Herausforderung, ein gewisses Leistungsniveau zu erreichen. Dieser Aspekt des Netzwerkens ist ihnen, glaub ich, nicht so wichtig.» Francesca: «Ja, ich will schon gut sein. Aber jeder sollte Golf spielen können!»
Die Frage, was sie alle mit dem Sport verbindet oder wie der Sport sie als Familie verbindet, ist schon beinahe überflüssig geworden. Jedem Familienmitglied fällt soviel dazu ein, dass zeitweise alle gleichzeitig sprechen. Der kleinste gemeinsame Nenner ist wohl der, dass alle miteinander gerne Sport betreiben, Spass haben und davon auch viele schöne Erinnerungen. «Einmal hat ein Affe meinen Golfball angefressen», erinnert sich Francesca lachend.
«Golf kann man in jedem Alter spielen», fügt Paul noch an. «Ich habe eine Kundin, die ist 90 und hat immer noch viel Spass daran!»

Wer Sport treibt, belässt es meistens nicht nur bei einer Sportart. Mein Mann, Thomas Reichelt, zum Beispiel, der liebt Skaten (Langlaufen) im Winter und Biken im Sommer. Er liebt es nicht nur, nein er braucht seinen Sport zur Psychohygiene. Ab und zu ziehen wir ihn in der Familie auf, dass der Sport seine Droge ist. Meistens aber bin ich froh, dass er ihn betreibt, weil es ihm dann wirklich besser geht. Es ist ein wertvoller Ausgleich zu seinem sehr anspruchsvollen Job.
Sport kann auch ein meditatives Element mitbringen, gerade wenn er in der Natur betrieben wird. Sport lehrt einem Disziplin, Durchhalten und dass man etwas Schaffen kann. Diese Aspekte hat mein Stiefsohn entdeckt, nachdem er vor einem Jahr endlich seine Sportart entdeckt hat. Nachdem er so einiges ausprobiert und alles ziemlich schnell wieder aufgegeben hat und als er schon den Stempel des Unsportlichen kassierte, da hat es doch noch gefunkt. So oft hat der Vater versucht einen seiner Söhne zu seinem Sport zu motivieren. Wie es immer so ist mit dem Loslassen, hat Linus, 16, kaum hat sein Vater die Hoffnung aufgegeben, seine Leidenschaft fürs Rennrad entdeckt. Ein Tour-de-France-Game auf der Playstation war der Auslöser. Nachdem er zusammen mit seinem Vater in Martigny die Fahrer der Tour de France in Realität vorbeiflitzen sah, hat es ihn endgültig gepackt. «Zur Tour de France bin ich noch mit dem E-Bike gefahren. Zum Lehranfang habe ich mir dann einen coolen Vintage-Renner bei einem Sammler gekauft. Anfangs fuhr ich damit nur an die Postautohaltstelle. Dann habe ich mit Papa kleinere Touren gefahren. Aber dann hatte ich zu viel Druck, weil ich natürlich gut sein wollte. Darum bin ich dann eine Zeit lang alleine gefahren, in meinem Tempo, sodass ich gelernt habe mich einzuschätzen und meine Kräfte gut einzuteilen. Der Vater gibt mir immer gute Tipps und einen guten Windschatten», lacht Linus. Sein grösster Erfolg bis jetzt war die Bezwingung des Oberalppasses letzten Mai. Aber Linus hat noch einiges vor. Toll am Rennradfahren ist, meint er, dass es ein Strassensport ist, aber kein Einzelsport, und Taktik ist wichtig. Zudem kann er sich auspowern, den Kopf lehren, Wut und Frust wegradeln und vor allem mit seinem Vater zusammen etwas unternehmen.
Eben kommen die Beiden von einer kleinen Tour zurück, schmutzverspritzt und nassgeschwitzt, stinkend und happy. Linus hatte die geplante Tour noch verlängert. Er wird gut schlafen heute Nacht!
Ingrid Eva Liedtke

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