«Als London unterging» ist der erste Roman von Katharina Morello. «Die Leserinnen und Leser meiner Kurzgeschichten haben mich dazu inspiriert», meint die Hirzler Autorin und weiss dazu noch eine kurze Anekdote zu erzählen: «Immer wieder hörte ich, dass es schade sei: Kaum habe man sich an eine Figur gewöhnt und begonnen, sie zu mögen, sei die Geschichte schon wieder zu Ende. Darum habe ich beschlossen, einmal etwas Längeres zu schreiben.»
Der aufmerksame Leser hat das kleine Titelrätsel schon gelöst. Die Hauptfigur des Romans von Morello ist nicht etwa eine Weltstadt, sondern ein afrikanischer Asylbewerber namens London. Die Geschichte beginnt mit seinem Tod. Er ertrinkt im See. Für die Behörden ist der Fall recht schnell abgeschlossen. Doch Londons Freunde bemühen sich, die Familie doch noch zu benachrichtigen und schliesslich reist eine Verwandte des Verstorbenen an. Für sie ist klar: Weil London kremiert wurde, sind die Ahnengeister in Aufruhr und für alles verantwortlich, was nun so passiert. Sie müssen unbedingt besänftigt werden!
Obwohl die wenigsten Örtlichkeiten klar benannt sind, sind das Wohnhaus der Protagonisten an der Seestrasse und die multikulturelle Umgebung, der Wilde Mann und die Bahnlinie zwischen Strasse und See, genug Indizien dafür, dass die Geschichte in Wädenswil spielt. Morello hat mit ihrem Mann in jungen Jahren hier an der Seestrasse 183 gewohnt und diese Erfahrungen dienten ihr als Vorlage. Die Geschichte sei aber nicht autobiografisch, die Personen erfunden. Trotzdem ist es möglich, dass der Eine oder die Andere sich wiedererkennt, weil die Autorin ihren Charakteren Züge von Menschen schenkt, denen sie begegnet ist, genauso wie sie eine Portion Lokalkolorit mit einfliessen lässt. Die beschriebenen Szenen sind atmosphärisch dicht, was immer auch einer Absicht entspricht. Dafür hat Katharina Morello intensiv recherchiert, so etwa bei der Seepolizei, der Asylbetreuung, im Sozialdienst, beim Pfarrer und dem Friedhofgärtner. «Ich musste die einzelnen Abläufe genau kennen, damit ich gerade die Flüchtlingsthematik möglichst authentisch schildern konnte.» Dies gelingt der Autorin, meiner Meinung nach, sehr gut. Sie schenkt sich lange Beschreibungen, sondern schafft es immer wieder, Stimmungen und auch die kleinen, versteckten Demütigungen durch kurze Dialoge, kleine Bemerkungen und «eigentlich» unbedeutende Vorkommnisse zu verdeutlichen. Die Figuren wachsen einem ans Herz, auch die weniger liebenswerten kann man irgendwie verstehen.
Zum Schluss gibt es für alle aufgeworfenen Themen und Fragen eine Auflösung. Die Kreise schliessen sich – ohne Einsatz der Moralinspritze, versteht sich.
Katharina Morello, Jahrgang 1966, sieht ihren Erfahrungshintergrund als wichtige Grundlage für ihren ersten Roman. Sowohl ihr Jahr in Simbabwe, wohin sie ihren Mann, der dort als Arzt gearbeitet hat, begleitete, als auch ihre Arbeit als Mutter, Theologin, Journalistin, als interkulturelle Beraterin und ihre Mitarbeit an der autonomen Schule Zürich haben die Autorin geprägt und die Erfahrung in ihr verfestigt, dass das Andere bereichernd ist. «Wir haben hier oft die Haltung: Wer von aussen kommt, soll sich anpassen. Doch eigentlich ist alles im Fluss! Unsere Kultur ist darauf angewiesen immer wieder neue Impulse zu erhalten», so Morello. Die aus Simbabwe angereiste Tante Londons verdeutlicht diese Aufweichung der zum Teil starren Muster.
«Ich möchte ein anderes Bild in unsere Gesellschaft einspeisen. Das Fremde ist eine Bereicherung und es wäre gut, wenn wir ihm mit Neugierde, anstatt mit Angst begegnen lernen.»
Das ist Katharina Morello mit ihrem Romanerstling «Als London unterging» gut gelungen.
Die Lesung fand an der Claro-GV im Claro-Geschäft in Wädenswil statt.
Ingrid Eva Liedtke
«Als London unterging» ist der erste Roman von Katharina Morello. «Die Leserinnen und Leser meiner Kurzgeschichten haben mich dazu inspiriert», meint die Hirzler Autorin und weiss dazu noch eine kurze Anekdote zu erzählen: «Immer wieder hörte ich, dass es schade sei: Kaum habe man sich an eine Figur gewöhnt und begonnen, sie zu mögen, sei die Geschichte schon wieder zu Ende. Darum habe ich beschlossen, einmal etwas Längeres zu schreiben.»
Der aufmerksame Leser hat das kleine Titelrätsel schon gelöst. Die Hauptfigur des Romans von Morello ist nicht etwa eine Weltstadt, sondern ein afrikanischer Asylbewerber namens London. Die Geschichte beginnt mit seinem Tod. Er ertrinkt im See. Für die Behörden ist der Fall recht schnell abgeschlossen. Doch Londons Freunde bemühen sich, die Familie doch noch zu benachrichtigen und schliesslich reist eine Verwandte des Verstorbenen an. Für sie ist klar: Weil London kremiert wurde, sind die Ahnengeister in Aufruhr und für alles verantwortlich, was nun so passiert. Sie müssen unbedingt besänftigt werden!
Obwohl die wenigsten Örtlichkeiten klar benannt sind, sind das Wohnhaus der Protagonisten an der Seestrasse und die multikulturelle Umgebung, der Wilde Mann und die Bahnlinie zwischen Strasse und See, genug Indizien dafür, dass die Geschichte in Wädenswil spielt. Morello hat mit ihrem Mann in jungen Jahren hier an der Seestrasse 183 gewohnt und diese Erfahrungen dienten ihr als Vorlage. Die Geschichte sei aber nicht autobiografisch, die Personen erfunden. Trotzdem ist es möglich, dass der Eine oder die Andere sich wiedererkennt, weil die Autorin ihren Charakteren Züge von Menschen schenkt, denen sie begegnet ist, genauso wie sie eine Portion Lokalkolorit mit einfliessen lässt. Die beschriebenen Szenen sind atmosphärisch dicht, was immer auch einer Absicht entspricht. Dafür hat Katharina Morello intensiv recherchiert, so etwa bei der Seepolizei, der Asylbetreuung, im Sozialdienst, beim Pfarrer und dem Friedhofgärtner. «Ich musste die einzelnen Abläufe genau kennen, damit ich gerade die Flüchtlingsthematik möglichst authentisch schildern konnte.» Dies gelingt der Autorin, meiner Meinung nach, sehr gut. Sie schenkt sich lange Beschreibungen, sondern schafft es immer wieder, Stimmungen und auch die kleinen, versteckten Demütigungen durch kurze Dialoge, kleine Bemerkungen und «eigentlich» unbedeutende Vorkommnisse zu verdeutlichen. Die Figuren wachsen einem ans Herz, auch die weniger liebenswerten kann man irgendwie verstehen.
Zum Schluss gibt es für alle aufgeworfenen Themen und Fragen eine Auflösung. Die Kreise schliessen sich – ohne Einsatz der Moralinspritze, versteht sich.
Katharina Morello, Jahrgang 1966, sieht ihren Erfahrungshintergrund als wichtige Grundlage für ihren ersten Roman. Sowohl ihr Jahr in Simbabwe, wohin sie ihren Mann, der dort als Arzt gearbeitet hat, begleitete, als auch ihre Arbeit als Mutter, Theologin, Journalistin, als interkulturelle Beraterin und ihre Mitarbeit an der autonomen Schule Zürich haben die Autorin geprägt und die Erfahrung in ihr verfestigt, dass das Andere bereichernd ist. «Wir haben hier oft die Haltung: Wer von aussen kommt, soll sich anpassen. Doch eigentlich ist alles im Fluss! Unsere Kultur ist darauf angewiesen immer wieder neue Impulse zu erhalten», so Morello. Die aus Simbabwe angereiste Tante Londons verdeutlicht diese Aufweichung der zum Teil starren Muster.
«Ich möchte ein anderes Bild in unsere Gesellschaft einspeisen. Das Fremde ist eine Bereicherung und es wäre gut, wenn wir ihm mit Neugierde, anstatt mit Angst begegnen lernen.»
Das ist Katharina Morello mit ihrem Romanerstling «Als London unterging» gut gelungen.
Die Lesung fand an der Claro-GV im Claro-Geschäft in Wädenswil statt.
Ingrid Eva Liedtke