Mit «Der unheilvolle Kuss» hat Hanna Steinegger, Autorin aus Schönenberg, ihren dritten historischen Roman geschrieben. Wie seine Vorgänger beschreibt er Leben, Sitten und Bräuche der Gegend um Horgen, diesmal zur Zeit der Aufklärung.
Hanna Steinegger ist in Horgen in die Familie Hüni geboren. Sie wuchs in Wädenswil auf und zog in den Siebzigern mit ihrem Urner Ehemann nach Schönenberg, wo sie noch heute lebt. Als die Autorin von ihrem Vater die Genealogie der Familie Hüni erbte, fing sie an in ihrer Familiengeschichte zu forschen. Daraus sind schon drei Bücher entstanden.
«Ich fand es wahnsinnig spannend, einzelne Schicksale zu verfolgen, vor allem die Frauengeschichten. Oft sterben sie irgendwann bei einer Geburt weg und die Männer verheiraten sich dann wieder. Doch die Frauen sind es, die mir immer wieder besonders ins Auge springen und die ich dann weiter verfolge bis sich daraus eine Geschichte entwickelt. Ich nehme mir ein Zeitfenster von etwa 50 bis 70 Jahren vor und fülle es mit Menschengeschichte dieser Zeit.
Die Figuren begleiten mich … und mit der Zeit spüre ich sie – vielleicht meine Ahnen!? Auf jeden Fall sind meine Figuren für mich wie gute Bekannte und es fällt mir schwer, sie nach Beendigung eines Buches wieder zu verabschieden. Ich brauche dafür jeweils eine gewisse Zeit, bevor ich mich einer neuen Geschichte zuwenden kann.»
Aus dieser Nähe zu ihren Figuren heraus entwickelt Hanna Steinegger eine ganz eigene, sehr atmosphärische Sprache, die den Zeitgeist optimal zu überliefern vermag. Sie verwendet viele alte Ausdrücke, deren Bedeutung man in einem Glossar nachschlagen kann.
Der Entwicklung ihrer vorwiegend fiktiven Geschichte – «Ich bin Romanautorin, fabuliere gerne und erfinde auch einige Personen. Die historischen Fakten und der Zeitgeist müssen stimmen!» – geht eine akribische Recherche unter anderem im Staatsarchiv voraus. Dabei erhält sie Unterstützung von ihrem Mentor, Historiker Peter Ziegler.
«Der unheilvolle Kuss» ist um 1747 angesiedelt. Die verbotene Liebe zwischen dem Chirurgus Andreas Hüni und der armen Taglöhnerin Käthi Haldimann, deren Mann ein Nichtsnutz und Säufer ist, bildet den Rahmen dieser Gesellschaftsstudie. Frauen besassen keinerlei Rechte. Männer hatten das alleinige Sagen.
Körperstrafen, Armut, Krankheit und Tod waren tägliche Bedrohungen, gegen die man mit aller Kraft ankämpfen musste. Die Medizin war noch keine Wissenschaft, deren Studium an einer Universität angeboten wurde. Ein Arzt wie Andreas Hüni war Chirurg und Wundarzt. Für Frauenkrankheiten war die Hebamme zuständig, die sich damit der Gefahr aussetzte, irgendwann als Hexe diffamiert zu werden. Sie hatte meistens ein grösseres Wissen als der Arzt. Trotzdem durften Hebammen lange keine Instrumente benutzen. Andreas Hüni ist diesbezüglich einsichtig und froh, eine so erfahrene Frau an seiner Seite zu haben, die auch schon ein gewisses Wissen über Hygiene hat. Die mangelnde Hygiene war eine weitere Geissel der Zeit und meist Schuld am Tod der Patienten. So würde es noch lange bleiben – der Kirche und ihren Moralvorstellungen sei Dank!
Der kleine Spielraum, der ein Frauenleben in ärmlichen Verhältnissen – wie das des Käthi – offenliess, war geprägt durch ängstliches um sich Blicken und zaghaftes Wünschen. Liebe hatte einen sehr kleinen Platz. Sehr selten blieben Raum und Zeit für Gefühle und unbeschwerte Momente. Dies mag ein Grund sein, warum die Autorin ihren Figuren textlich nur wenige Gedanken und Gefühle gewährt. «Es war schon so, dass man sich primär um das tägliche Brot kümmern musste. Das war ein Kampf und liess kaum Platz für anderes. Gefühle und eigenständige Gedanken sollte man in solchen Verhältnissen möglichst nicht haben. Das konnten sich vielleicht die Wohlhabenden leisten, wie zum Beispiel Verena, die Frau von Andreas Hüni. Sie hat in ihrem Haushalt schon eine gewisse Eigenständigkeit, Macht und auch Selbstsicherheit. Aber auch sie hatte schliesslich nicht allzu viel zu melden, obwohl sie eine respektable Mitgift in die Ehe gebrachte hatte. In jener Zeit hatte Frau kein Recht auf Besitz, und auch kein Recht über ihren Körper. Sie musste gebären bis zum Tod.»
Der erwähnte, kleine Spielraum bedingte oft ein grosses Risiko, das die meisten nicht bereit waren einzugehen.
Der Roman kristallisiert gekonnt die zwei veschiedenen Gesellschaftsschichten heraus. Glück und Leid lagen dabei eng beieinander. Die Kirche war allmächtig und hielt die Menschen klein und gottesfürchtig.
Obwohl sich Hanna Steinegger mit ihren lokalhistorischen Büchern einem Genre verschrieben hat, das – so ihre eigene Einschätzung – nur einen bestimmten Leserkreis interessieren wird, konnte sie sich doch als Autorin gut etablieren. Auf diese Einschätzung reagiert sie mit Bescheidenheit und betont ihre Dankbarkeit gegenüber ihrem Verlag und ihrer Verlegerin. «Ich werde super betreut und kann es geniessen, Schriftstellerin zu sein. Ich habe einen treuen Leserkreis, der mir das Gefühl gibt, meine Werke seien interessant und gefragt. Das ist es, was mir das Gefühl gibt, Schriftstellerin zu sein und natürlich meine Lust über weitere spannende Personen der Geschichte zu fabulieren.» Wir sind gespannt! (IEL)
Steinegger, Hanna: Der unheilvolle Kuss
ISBN 978-3-85717-229-8
Verlag Th. Gut, 2016
Mit «Der unheilvolle Kuss» hat Hanna Steinegger, Autorin aus Schönenberg, ihren dritten historischen Roman geschrieben. Wie seine Vorgänger beschreibt er Leben, Sitten und Bräuche der Gegend um Horgen, diesmal zur Zeit der Aufklärung.
Hanna Steinegger ist in Horgen in die Familie Hüni geboren. Sie wuchs in Wädenswil auf und zog in den Siebzigern mit ihrem Urner Ehemann nach Schönenberg, wo sie noch heute lebt. Als die Autorin von ihrem Vater die Genealogie der Familie Hüni erbte, fing sie an in ihrer Familiengeschichte zu forschen. Daraus sind schon drei Bücher entstanden.
«Ich fand es wahnsinnig spannend, einzelne Schicksale zu verfolgen, vor allem die Frauengeschichten. Oft sterben sie irgendwann bei einer Geburt weg und die Männer verheiraten sich dann wieder. Doch die Frauen sind es, die mir immer wieder besonders ins Auge springen und die ich dann weiter verfolge bis sich daraus eine Geschichte entwickelt. Ich nehme mir ein Zeitfenster von etwa 50 bis 70 Jahren vor und fülle es mit Menschengeschichte dieser Zeit.
Die Figuren begleiten mich … und mit der Zeit spüre ich sie – vielleicht meine Ahnen!? Auf jeden Fall sind meine Figuren für mich wie gute Bekannte und es fällt mir schwer, sie nach Beendigung eines Buches wieder zu verabschieden. Ich brauche dafür jeweils eine gewisse Zeit, bevor ich mich einer neuen Geschichte zuwenden kann.»
Aus dieser Nähe zu ihren Figuren heraus entwickelt Hanna Steinegger eine ganz eigene, sehr atmosphärische Sprache, die den Zeitgeist optimal zu überliefern vermag. Sie verwendet viele alte Ausdrücke, deren Bedeutung man in einem Glossar nachschlagen kann.
Der Entwicklung ihrer vorwiegend fiktiven Geschichte – «Ich bin Romanautorin, fabuliere gerne und erfinde auch einige Personen. Die historischen Fakten und der Zeitgeist müssen stimmen!» – geht eine akribische Recherche unter anderem im Staatsarchiv voraus. Dabei erhält sie Unterstützung von ihrem Mentor, Historiker Peter Ziegler.
«Der unheilvolle Kuss» ist um 1747 angesiedelt. Die verbotene Liebe zwischen dem Chirurgus Andreas Hüni und der armen Taglöhnerin Käthi Haldimann, deren Mann ein Nichtsnutz und Säufer ist, bildet den Rahmen dieser Gesellschaftsstudie. Frauen besassen keinerlei Rechte. Männer hatten das alleinige Sagen.
Körperstrafen, Armut, Krankheit und Tod waren tägliche Bedrohungen, gegen die man mit aller Kraft ankämpfen musste. Die Medizin war noch keine Wissenschaft, deren Studium an einer Universität angeboten wurde. Ein Arzt wie Andreas Hüni war Chirurg und Wundarzt. Für Frauenkrankheiten war die Hebamme zuständig, die sich damit der Gefahr aussetzte, irgendwann als Hexe diffamiert zu werden. Sie hatte meistens ein grösseres Wissen als der Arzt. Trotzdem durften Hebammen lange keine Instrumente benutzen. Andreas Hüni ist diesbezüglich einsichtig und froh, eine so erfahrene Frau an seiner Seite zu haben, die auch schon ein gewisses Wissen über Hygiene hat. Die mangelnde Hygiene war eine weitere Geissel der Zeit und meist Schuld am Tod der Patienten. So würde es noch lange bleiben – der Kirche und ihren Moralvorstellungen sei Dank!
Der kleine Spielraum, der ein Frauenleben in ärmlichen Verhältnissen – wie das des Käthi – offenliess, war geprägt durch ängstliches um sich Blicken und zaghaftes Wünschen. Liebe hatte einen sehr kleinen Platz. Sehr selten blieben Raum und Zeit für Gefühle und unbeschwerte Momente. Dies mag ein Grund sein, warum die Autorin ihren Figuren textlich nur wenige Gedanken und Gefühle gewährt. «Es war schon so, dass man sich primär um das tägliche Brot kümmern musste. Das war ein Kampf und liess kaum Platz für anderes. Gefühle und eigenständige Gedanken sollte man in solchen Verhältnissen möglichst nicht haben. Das konnten sich vielleicht die Wohlhabenden leisten, wie zum Beispiel Verena, die Frau von Andreas Hüni. Sie hat in ihrem Haushalt schon eine gewisse Eigenständigkeit, Macht und auch Selbstsicherheit. Aber auch sie hatte schliesslich nicht allzu viel zu melden, obwohl sie eine respektable Mitgift in die Ehe gebrachte hatte. In jener Zeit hatte Frau kein Recht auf Besitz, und auch kein Recht über ihren Körper. Sie musste gebären bis zum Tod.»
Der erwähnte, kleine Spielraum bedingte oft ein grosses Risiko, das die meisten nicht bereit waren einzugehen.
Der Roman kristallisiert gekonnt die zwei veschiedenen Gesellschaftsschichten heraus. Glück und Leid lagen dabei eng beieinander. Die Kirche war allmächtig und hielt die Menschen klein und gottesfürchtig.
Obwohl sich Hanna Steinegger mit ihren lokalhistorischen Büchern einem Genre verschrieben hat, das – so ihre eigene Einschätzung – nur einen bestimmten Leserkreis interessieren wird, konnte sie sich doch als Autorin gut etablieren. Auf diese Einschätzung reagiert sie mit Bescheidenheit und betont ihre Dankbarkeit gegenüber ihrem Verlag und ihrer Verlegerin. «Ich werde super betreut und kann es geniessen, Schriftstellerin zu sein. Ich habe einen treuen Leserkreis, der mir das Gefühl gibt, meine Werke seien interessant und gefragt. Das ist es, was mir das Gefühl gibt, Schriftstellerin zu sein und natürlich meine Lust über weitere spannende Personen der Geschichte zu fabulieren.» Wir sind gespannt! (IEL)
Steinegger, Hanna: Der unheilvolle Kuss
ISBN 978-3-85717-229-8
Verlag Th. Gut, 2016