Der bewaffnete Konflikt am Donbass in der Ukraine trieb etliche Einwohner aus ihrer Heimat. Unter ihnen Ilgis, ein 27-jähriger Lebensmitteltechnologe.
Im Interview mit dem Wädenswiler Anzeiger erzählte er von den Ereignissen, welche ihn nach Wädenswil brachten.
Ilgis, wie fühlen Sie sich hier in Wädenswil?
Ich fühle mich gut hier. Wädenswil ist zwar eine kleine Stadt, es gibt aber alles, was man braucht. Die Menschen erlebe ich als sehr aufgeschlossen und vorurteilsfrei. Die Aussicht auf den See ist toll. Oft fühle ich mich wegen meiner Situation deprimiert, aber diese Aussicht hilft mir, mich besser zu fühlen.
Gibt es Ähnlichkeiten mit Ihrer Heimat?
Nein, es ist alles total anders. Die Architektur der Häuser, die Mentalität, alles ist anders. Ausser, dass wir alle Christen sind (lacht).
Welche Umstände liessen Sie ihre Heimat verlassen?
Meine Heimatstadt Donezk ist zerstört. Mein Leben war zerstört, das Leben meiner Verwandten, wir verloren alles, unser Haus, unser Besitz, nur unser Leben nicht. Das Schlimmste, das zerstört wurde, ist unsere Hoffnung. Die Hoffnung auf die Zukunft, die Hoffnung auf meine eigene Zukunft. Ich war wirklich glücklich in meinem Leben, ich wollte meine Heimat nie verlassen. Ferien in Europa schätzte ich sehr, ich wollte aber nie weg von Donezk.
Können Sie etwas über Ihre Flucht erzählen?
Das Leben in Donezk war wahnsinnig schwierig, die Stadt war eingeschlossen. Im Dezember 2014 gab es vor Neujahr drei Tage Waffenstillstand. Ich und meine Mutter sahen eine kleine Chance, unser Leben zu retten. Als Bürger von Donezk ist man ein Ausländer im eigenen Land. Die Herkunft aus dem Donbass ist wie ein schwarzer Fleck in den Dokumenten, der alles unmöglich macht. Es ist unmöglich, damit eine Stelle zu finden oder eine Wohnung zu mieten. Man gilt in der restlichen Ukraine als Terrorist. Wir fanden ein Hostel, in dem wir gegen Bezahlung bleiben konnten und wo wir unsere Dokumente nicht zeigen mussten. Auf dem griechischen Konsulat beantragten wir ein Schengen-Visum. Damit konnten wir nach Italien fliegen. Wir landeten in der Nacht auf einem kleinen Flughafen, dort wurden nicht viele Passkontrollen durchgeführt. Ich hatte grosse Angst mit meinen Papieren. Eigentlich hätte ich in Donezk der Armee beitreten und auf eigene Leute schiessen müssen. Schliesslich erreichten wir Mailand, nächste Station war Chiasso, dort kamen wir in ein Flüchtlingszentrum. Vier Tage verbrachten wir dort, dann wurden wir nach Biasca versetzt, wo wir zweieinhalb Wochen in einem Militärbunker untergebracht wurden. Danach lebten wir zweieinhalb Monate im Kanton Zürich in Embrach im Durchgangszentrum. Nach diesem Aufenthalt wurden wir nach Wädenswil geschickt. Hier warten wir nun seit März 2015 auf unseren Asylentscheid.
Ich bin sehr dankbar, hier sein zu dürfen und ich bin sehr dankbar für die Hilfe des Staates. Es ist mir wichtig, mich nützlich zu machen, ich möchte nicht einfach herumsitzen. Ich arbeite bei den HEKS-Programmen von Wädenswil mit. Ich lerne Deutsch, möchte mich integrieren und mein eigenes Leben wieder aufbauen.
Wie gehen Sie mit den Erlebnissen um, welche Sie in Donezk und auf ihrer Flucht gemacht haben?
Es ist sehr schwer. Alles, woran ich geglaubt habe, ist zerstört. Meine ursprünglichen Zukunftspläne haben sich in Luft aufgelöst, ich muss mir ein völlig neues Leben aufbauen. Es kann viele Jahre dauern, diesen Horror, den ich gesehen habe, zu vergessen. Die Schüsse, das viele Blut, die toten Körper, die lauten Geräusche der Bomben. Eigentlich stehe ich damit jeden Tag unter Stress. Die langen Interviews mit den Behörden sind für mich wie eine Exekution. Der eigene Selbstschutz würde so funktionieren, dass das Hirn einen schlimme Erlebnisse verdrängen liesse. Das wäre der natürliche menschliche Instinkt. Für die Interviews jedoch muss ich mich an jedes Detail erinnern, sonst würde ich als Lügner abgestempelt. Das ist ein riesiges Dilemma.
Was vermissen Sie am meisten von Ihrer Heimat?
Nichts. Meine Heimat zerstörte mein Leben. Wenn dich jemand umbringen wollte, vermisst du ihn danach? Das wichtigste ist für mich, dass meine Mutter bei mir ist. Die Ukraine ist nicht mehr mein Land. Wenn mich jemand fragt, woher ich komme, dann sage ich, von einem Land, das nicht mehr existiert. Ich beginne alles von Grund auf neu.
Ich möchte meine Dinge selber bezahlen, ich möchte kein Flüchtling sein, ich möchte ein normales Leben führen. Ich hänge momentan immer in der Luft und es ist schwierig, so etwas Neues anzufangen.
In Wädenswil haben sich Freiwillige gemeldet, sie möchten Personen in Ihrer Situation helfen. Womit könnten Sie das in Ihrem Fall tun?
Für mich ist das eine seltsame Situation. Ich war immer jemand, der andern gerne geholfen hat. Jetzt bekomme ich plötzlich Hilfe. Ich bin mir sehr bewusst, dass ich hier in Wädenswil viel bekomme. Ich habe zu essen, einen Ort zum Wohnen und etwas zu tun. Ich bräuchte im Moment nicht viel mehr, um ein neues Leben zu beginnen. Wenn man das wirklich möchte, braucht es auch nicht viel. Es gibt aber sicher ganz viele Leute hier, die froh sind, wenn ihnen jemand hilft, Deutsch zu lernen oder ältere Menschen, die im Alltag Hilfe benötigen. Ich selbst möchte die Sprache noch viel besser lernen und mein Leben wieder selbst in die Hand nehmen. Alle Menschen können grundsätzlich einfach glücklich sein, wenn sie an einem sicheren Ort leben können. Das ist mir sehr bewusst und deshalb setze ich mich dafür ein, diese Chance zu nutzen.
Herzlichen Dank für Ihre Offenheit. Alles Gute für Ihre Zukunft!
Das Gespräch wurde von
Susanna Valentin auf Englisch geführt und übersetzt.
Wädenswilerinnen und Wädenswiler wollen helfen
Die Sitzung, welche die Asylkoordination der Stadt Wädenswil am Mittwoch, 20. Januar, um 18.00 Uhr in den Räumlichkeiten des Jugendkulturhauses Sust einberufen hatte, war so nicht geplant. Sie wurde für die grosse Anzahl Freiwillige ins Leben gerufen, die sich zukünftig für die Asylbewerber und Flüchtlinge in Wädenswil einsetzen möchten.
Da die Flüchtlingsströme zunehmend auch die Schweiz betreffen, wurde das Aufnahmekontingent der Stadt Wädenswil erhöht. Momentan leben 148 Asylanten und vorläufig Aufgenommene zu einem grossen Teil in den von der Stadt Wädenswil zur Verfügung gestellten Unterkünften. Gesucht und bereitgestellt werden diese durch die von Helga Kuriger geleitete Asylkoordination Wädenswil, welche der Abteilung Soziales angehört und damit der Gesamtleitung von Markus Morger unterstellt ist. Neben der Organisation der Unterkünfte begrüssen Mirjam Wyler und Bruno Witprächtiger, Mitarbeitende der Asylkoordination Wädenswil, die Ankommenden und zeigen ihnen die wichtigsten Anhaltspunkte in Wädenswil, fungieren als Bindeglied zwischen Lehrpersonen und Eltern von Flüchtlingskindern und sorgen falls notwendig für eine ärztliche Einweisung. Ein ausgefülltes Pensum, welches keine zusätzliche Unterstützung zulässt. Umso mehr war das grosse Hilfsangebot Freiwilliger willkommen.
Astrid Furrer, zuständige Stadträtin Soziales, freute das grosse Engagement der Wädenswiler Bevölkerung ebenfalls enorm. «Es ist schön zu sehen, dass sich die Leute Gedanken machen, wie es anderen geht», meinte sie, «und dies, ohne dass der Hintergrund des Aufenthaltes oder die Herkunft eine Rolle spielen würden.»
Nach und nach trafen nach ihr auch über 20 Wädenswiler und Wädenswilerinnen unterschiedlichen Alters im grosszügigen Sitzungsraum ein. Mirjam Wyler, Leiterin der Sitzung, startete pünktlich mit ersten Ausführungen zum Asylwesen in Wädenswil. Bald kristallisierten sich zwei Hauptbereiche heraus, welche von freiwilligen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen übernommen werden könnten: Die Leitung eines sogenannten Vorkurses für Deutsch und Personen, welche Einzelne oder Familien begleiten möchten. Die Anforderungen für Letzteres waren schnell geklärt: Hier wäre Unterstützung im Alltag gefragt, für die Freiwilligen würde sich insbesondere die Frage nach ihrer verfügbaren Zeit stellen. Allerdings macht Mirjam Wyler gleich zu Beginn darauf aufmerksam, dass diese Aufgabe ganz unterschiedliche Verlaufsmöglichkeiten haben würde. «Natürlich wäre es schön, wenn eine gute Beziehung zwischen Begleitpersonen und Asylanten aufgebaut würde», konkretisiert sie, «allerdings könnte es auch sein, dass Personen mit einem positiven Asylbescheid nach einem Monat wegziehen und sich die Begleitung wieder auflöst.» Andere Beziehungen könnten über Jahre bestehen bleiben, da die hier beherbergten Personen bereits in der zweiten Phase des Asylprozesses sind. In diesem Fall ist laut Markus Morger die Beschäftigung im Alltag wichtig, «damit es nicht zu Frustrationen kommt». In Wädenswil geschieht dies unter anderem mit dem Projekt Wädi rollt der HEKS (Hilfswerk der evangelischen Kirchen Schweiz) und Deutschkursen verschiedener Anbieter, welche aber gewisse Grundlagen voraussetzen. Da auch Flüchtlinge und Asylanten in Wädenswil sind, welchen alphabethische Vorkenntnisse fehlen, hoffte die Asylkoordination auf Interessenten, die eine solche Kursgruppe aufbauen und leiten könnten. Leticia und Felipe Londono, die den kostenlosen Vorkurs natürliCH in der Au auf freiwilliger Basis leiten, versuchten gemeinsam mit Simone Schmid, Kursleiterin der AOZ, Unsicherheiten bezüglich der eigenen Lehrkompetenzen der Freiwilligen aus dem Weg zu räumen. Auch auf Unterstützung der Abteilung Soziales könnte gezählt werden. «Raumbedarf, Infrastruktur, Spesen – es wird nicht erwartet, dass Freiwillige eigenes Geld in die Hand nehmen müssen», führte Markus Morger aus. «Wir warten zuerst ab, was konkret nötig wird, sind aber in jedem Fall offen für Ideen und unterstützen diese nach Möglichkeit.»
Abschliessend wurden drei Listen herumgereicht, in welche sich die Teilnehmenden je nach Interessensbereich eintragen konnten: Mitarbeit an Vorkursen, Begleitung von Asylanten und Flüchtlingen und allgemeines Interesse konnte so konkret angemeldet werden. «Keine Sorge, ein Eintrag auf der Liste ist kein verbindlicher Vertrag!», ermutigte Markus Morger die Freiwilligen und sorgte damit für einen Lacher in der Runde. Wie die zukünftige Freiwilligenhilfe aussehen kann, steht noch offen, die Motivation hingegen ist offensichtlich vorhanden.
Weitere Freiwillige können sich direkt bei der Asylkoordination Wädenswil unter der Telefonnummer 044 789 74 85 melden. Gesucht wird insbesondere ein Koordinator / eine Koordinatorin für die Vorkurs-Deutsch-Gruppe, KursleiterInnen und FamilienbegleiterInnen. Auch telefonisch angemeldete Sachspenden sind willkommen, vor allem Sportutensilien, Winterkleider und Schulsachen für Kinder und junge Leute. NatürliCH sucht Personen für die Kinderbetreuung während der Kurszeiten Montag und Dienstag von 14.00 – 16.00 Uhr. Interessenten können sich direkt bei Leticia Londono unter der Telefonnummer 077 451 71 91 melden.
Der bewaffnete Konflikt am Donbass in der Ukraine trieb etliche Einwohner aus ihrer Heimat. Unter ihnen Ilgis, ein 27-jähriger Lebensmitteltechnologe.
Im Interview mit dem Wädenswiler Anzeiger erzählte er von den Ereignissen, welche ihn nach Wädenswil brachten.
Ilgis, wie fühlen Sie sich hier in Wädenswil?
Ich fühle mich gut hier. Wädenswil ist zwar eine kleine Stadt, es gibt aber alles, was man braucht. Die Menschen erlebe ich als sehr aufgeschlossen und vorurteilsfrei. Die Aussicht auf den See ist toll. Oft fühle ich mich wegen meiner Situation deprimiert, aber diese Aussicht hilft mir, mich besser zu fühlen.
Gibt es Ähnlichkeiten mit Ihrer Heimat?
Nein, es ist alles total anders. Die Architektur der Häuser, die Mentalität, alles ist anders. Ausser, dass wir alle Christen sind (lacht).
Welche Umstände liessen Sie ihre Heimat verlassen?
Meine Heimatstadt Donezk ist zerstört. Mein Leben war zerstört, das Leben meiner Verwandten, wir verloren alles, unser Haus, unser Besitz, nur unser Leben nicht. Das Schlimmste, das zerstört wurde, ist unsere Hoffnung. Die Hoffnung auf die Zukunft, die Hoffnung auf meine eigene Zukunft. Ich war wirklich glücklich in meinem Leben, ich wollte meine Heimat nie verlassen. Ferien in Europa schätzte ich sehr, ich wollte aber nie weg von Donezk.
Können Sie etwas über Ihre Flucht erzählen?
Das Leben in Donezk war wahnsinnig schwierig, die Stadt war eingeschlossen. Im Dezember 2014 gab es vor Neujahr drei Tage Waffenstillstand. Ich und meine Mutter sahen eine kleine Chance, unser Leben zu retten. Als Bürger von Donezk ist man ein Ausländer im eigenen Land. Die Herkunft aus dem Donbass ist wie ein schwarzer Fleck in den Dokumenten, der alles unmöglich macht. Es ist unmöglich, damit eine Stelle zu finden oder eine Wohnung zu mieten. Man gilt in der restlichen Ukraine als Terrorist. Wir fanden ein Hostel, in dem wir gegen Bezahlung bleiben konnten und wo wir unsere Dokumente nicht zeigen mussten. Auf dem griechischen Konsulat beantragten wir ein Schengen-Visum. Damit konnten wir nach Italien fliegen. Wir landeten in der Nacht auf einem kleinen Flughafen, dort wurden nicht viele Passkontrollen durchgeführt. Ich hatte grosse Angst mit meinen Papieren. Eigentlich hätte ich in Donezk der Armee beitreten und auf eigene Leute schiessen müssen. Schliesslich erreichten wir Mailand, nächste Station war Chiasso, dort kamen wir in ein Flüchtlingszentrum. Vier Tage verbrachten wir dort, dann wurden wir nach Biasca versetzt, wo wir zweieinhalb Wochen in einem Militärbunker untergebracht wurden. Danach lebten wir zweieinhalb Monate im Kanton Zürich in Embrach im Durchgangszentrum. Nach diesem Aufenthalt wurden wir nach Wädenswil geschickt. Hier warten wir nun seit März 2015 auf unseren Asylentscheid.
Ich bin sehr dankbar, hier sein zu dürfen und ich bin sehr dankbar für die Hilfe des Staates. Es ist mir wichtig, mich nützlich zu machen, ich möchte nicht einfach herumsitzen. Ich arbeite bei den HEKS-Programmen von Wädenswil mit. Ich lerne Deutsch, möchte mich integrieren und mein eigenes Leben wieder aufbauen.
Wie gehen Sie mit den Erlebnissen um, welche Sie in Donezk und auf ihrer Flucht gemacht haben?
Es ist sehr schwer. Alles, woran ich geglaubt habe, ist zerstört. Meine ursprünglichen Zukunftspläne haben sich in Luft aufgelöst, ich muss mir ein völlig neues Leben aufbauen. Es kann viele Jahre dauern, diesen Horror, den ich gesehen habe, zu vergessen. Die Schüsse, das viele Blut, die toten Körper, die lauten Geräusche der Bomben. Eigentlich stehe ich damit jeden Tag unter Stress. Die langen Interviews mit den Behörden sind für mich wie eine Exekution. Der eigene Selbstschutz würde so funktionieren, dass das Hirn einen schlimme Erlebnisse verdrängen liesse. Das wäre der natürliche menschliche Instinkt. Für die Interviews jedoch muss ich mich an jedes Detail erinnern, sonst würde ich als Lügner abgestempelt. Das ist ein riesiges Dilemma.
Was vermissen Sie am meisten von Ihrer Heimat?
Nichts. Meine Heimat zerstörte mein Leben. Wenn dich jemand umbringen wollte, vermisst du ihn danach? Das wichtigste ist für mich, dass meine Mutter bei mir ist. Die Ukraine ist nicht mehr mein Land. Wenn mich jemand fragt, woher ich komme, dann sage ich, von einem Land, das nicht mehr existiert. Ich beginne alles von Grund auf neu.
Ich möchte meine Dinge selber bezahlen, ich möchte kein Flüchtling sein, ich möchte ein normales Leben führen. Ich hänge momentan immer in der Luft und es ist schwierig, so etwas Neues anzufangen.
In Wädenswil haben sich Freiwillige gemeldet, sie möchten Personen in Ihrer Situation helfen. Womit könnten Sie das in Ihrem Fall tun?
Für mich ist das eine seltsame Situation. Ich war immer jemand, der andern gerne geholfen hat. Jetzt bekomme ich plötzlich Hilfe. Ich bin mir sehr bewusst, dass ich hier in Wädenswil viel bekomme. Ich habe zu essen, einen Ort zum Wohnen und etwas zu tun. Ich bräuchte im Moment nicht viel mehr, um ein neues Leben zu beginnen. Wenn man das wirklich möchte, braucht es auch nicht viel. Es gibt aber sicher ganz viele Leute hier, die froh sind, wenn ihnen jemand hilft, Deutsch zu lernen oder ältere Menschen, die im Alltag Hilfe benötigen. Ich selbst möchte die Sprache noch viel besser lernen und mein Leben wieder selbst in die Hand nehmen. Alle Menschen können grundsätzlich einfach glücklich sein, wenn sie an einem sicheren Ort leben können. Das ist mir sehr bewusst und deshalb setze ich mich dafür ein, diese Chance zu nutzen.
Herzlichen Dank für Ihre Offenheit. Alles Gute für Ihre Zukunft!
Das Gespräch wurde von
Susanna Valentin auf Englisch geführt und übersetzt.
Wädenswilerinnen und Wädenswiler wollen helfen
Die Sitzung, welche die Asylkoordination der Stadt Wädenswil am Mittwoch, 20. Januar, um 18.00 Uhr in den Räumlichkeiten des Jugendkulturhauses Sust einberufen hatte, war so nicht geplant. Sie wurde für die grosse Anzahl Freiwillige ins Leben gerufen, die sich zukünftig für die Asylbewerber und Flüchtlinge in Wädenswil einsetzen möchten.
Da die Flüchtlingsströme zunehmend auch die Schweiz betreffen, wurde das Aufnahmekontingent der Stadt Wädenswil erhöht. Momentan leben 148 Asylanten und vorläufig Aufgenommene zu einem grossen Teil in den von der Stadt Wädenswil zur Verfügung gestellten Unterkünften. Gesucht und bereitgestellt werden diese durch die von Helga Kuriger geleitete Asylkoordination Wädenswil, welche der Abteilung Soziales angehört und damit der Gesamtleitung von Markus Morger unterstellt ist. Neben der Organisation der Unterkünfte begrüssen Mirjam Wyler und Bruno Witprächtiger, Mitarbeitende der Asylkoordination Wädenswil, die Ankommenden und zeigen ihnen die wichtigsten Anhaltspunkte in Wädenswil, fungieren als Bindeglied zwischen Lehrpersonen und Eltern von Flüchtlingskindern und sorgen falls notwendig für eine ärztliche Einweisung. Ein ausgefülltes Pensum, welches keine zusätzliche Unterstützung zulässt. Umso mehr war das grosse Hilfsangebot Freiwilliger willkommen.
Astrid Furrer, zuständige Stadträtin Soziales, freute das grosse Engagement der Wädenswiler Bevölkerung ebenfalls enorm. «Es ist schön zu sehen, dass sich die Leute Gedanken machen, wie es anderen geht», meinte sie, «und dies, ohne dass der Hintergrund des Aufenthaltes oder die Herkunft eine Rolle spielen würden.»
Nach und nach trafen nach ihr auch über 20 Wädenswiler und Wädenswilerinnen unterschiedlichen Alters im grosszügigen Sitzungsraum ein. Mirjam Wyler, Leiterin der Sitzung, startete pünktlich mit ersten Ausführungen zum Asylwesen in Wädenswil. Bald kristallisierten sich zwei Hauptbereiche heraus, welche von freiwilligen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen übernommen werden könnten: Die Leitung eines sogenannten Vorkurses für Deutsch und Personen, welche Einzelne oder Familien begleiten möchten. Die Anforderungen für Letzteres waren schnell geklärt: Hier wäre Unterstützung im Alltag gefragt, für die Freiwilligen würde sich insbesondere die Frage nach ihrer verfügbaren Zeit stellen. Allerdings macht Mirjam Wyler gleich zu Beginn darauf aufmerksam, dass diese Aufgabe ganz unterschiedliche Verlaufsmöglichkeiten haben würde. «Natürlich wäre es schön, wenn eine gute Beziehung zwischen Begleitpersonen und Asylanten aufgebaut würde», konkretisiert sie, «allerdings könnte es auch sein, dass Personen mit einem positiven Asylbescheid nach einem Monat wegziehen und sich die Begleitung wieder auflöst.» Andere Beziehungen könnten über Jahre bestehen bleiben, da die hier beherbergten Personen bereits in der zweiten Phase des Asylprozesses sind. In diesem Fall ist laut Markus Morger die Beschäftigung im Alltag wichtig, «damit es nicht zu Frustrationen kommt». In Wädenswil geschieht dies unter anderem mit dem Projekt Wädi rollt der HEKS (Hilfswerk der evangelischen Kirchen Schweiz) und Deutschkursen verschiedener Anbieter, welche aber gewisse Grundlagen voraussetzen. Da auch Flüchtlinge und Asylanten in Wädenswil sind, welchen alphabethische Vorkenntnisse fehlen, hoffte die Asylkoordination auf Interessenten, die eine solche Kursgruppe aufbauen und leiten könnten. Leticia und Felipe Londono, die den kostenlosen Vorkurs natürliCH in der Au auf freiwilliger Basis leiten, versuchten gemeinsam mit Simone Schmid, Kursleiterin der AOZ, Unsicherheiten bezüglich der eigenen Lehrkompetenzen der Freiwilligen aus dem Weg zu räumen. Auch auf Unterstützung der Abteilung Soziales könnte gezählt werden. «Raumbedarf, Infrastruktur, Spesen – es wird nicht erwartet, dass Freiwillige eigenes Geld in die Hand nehmen müssen», führte Markus Morger aus. «Wir warten zuerst ab, was konkret nötig wird, sind aber in jedem Fall offen für Ideen und unterstützen diese nach Möglichkeit.»
Abschliessend wurden drei Listen herumgereicht, in welche sich die Teilnehmenden je nach Interessensbereich eintragen konnten: Mitarbeit an Vorkursen, Begleitung von Asylanten und Flüchtlingen und allgemeines Interesse konnte so konkret angemeldet werden. «Keine Sorge, ein Eintrag auf der Liste ist kein verbindlicher Vertrag!», ermutigte Markus Morger die Freiwilligen und sorgte damit für einen Lacher in der Runde. Wie die zukünftige Freiwilligenhilfe aussehen kann, steht noch offen, die Motivation hingegen ist offensichtlich vorhanden.
Weitere Freiwillige können sich direkt bei der Asylkoordination Wädenswil unter der Telefonnummer 044 789 74 85 melden. Gesucht wird insbesondere ein Koordinator / eine Koordinatorin für die Vorkurs-Deutsch-Gruppe, KursleiterInnen und FamilienbegleiterInnen. Auch telefonisch angemeldete Sachspenden sind willkommen, vor allem Sportutensilien, Winterkleider und Schulsachen für Kinder und junge Leute. NatürliCH sucht Personen für die Kinderbetreuung während der Kurszeiten Montag und Dienstag von 14.00 – 16.00 Uhr. Interessenten können sich direkt bei Leticia Londono unter der Telefonnummer 077 451 71 91 melden.